Montag, 23. November 2015

Kein „sozialistisches“ Wahlergebnis mehr für Horst Seehofer

Der jüngste Landesparteitag der bayerischen CSU in der vergangenen Woche fand in den Medien schon oder auch deshalb besonderes Interesse, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel daran teilnahm. Und man gespannt war, wie sich die unterschiedlichen Auffassungen von Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Frage der Aufnahmehöhe von Flüchtlingen in der Bundesrepublik praktisch darstellen und auswirken würde. Bekanntlich gibt es für die Bundeskanzlerin keine Obergrenze für Asylsuchende, während Seehofer eine solche Begrenzung für nötig hält.


In den Ansprachen beider Politiker kam diese Unterschiedlichkeit recht deutlich zum Ausdruck, wobei die Tendenz in den Ausführungen Seehofers gegenüber der Bundeskanzlerin in Richtung Schulmädchen-Zurechtweisung (Süddeutsche) gegangen sein soll. Was in den Medien überwiegend kritisiert wurde. Misst man demgegenüber die Ansprachen beider Politiker am Beifallspegel, war jedenfalls keine Kritik des Auditoriums an den Ausführungen ihres Chefs festzustellen.


Es gab dann allerdings noch einen anderen Fakt auf diesem Landesparteitag, der sicher nicht nur die Medien in Neugier und Spannung versetzte: das Verhältnis des Ministerpräsidenten gegenüber seinem Finanzminister Markus Söder. Bekanntlich hatte Seehofer Söder zurechtgewiesen ob dessen Versuch, einen Zusammenhang zwischen der Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen und den Terrorangriffen herzustellen.Beide begegneten sich latent höflich. Der Burgfrieden allerdings am Freitag war wohl nur gespielt. „Treibt Seehofer Merkel in der Flüchtlingsfrage vor sich her, so ist es Söder, der den Ministerpräsidenten treibt. Söder ist der neue Problembär der bayerischen Landespolitik.“, beschrieb z.B. die Allg.Zeitung Mainz am 20.11. die Situation.


Unter diesen Umständen hat dann am Samstag die CSU ihren Vorsitzenden Horst Seehofer mit 87,2 Prozent der Stimmen wiedergewählt – sein bisher schlechtestes Ergebnis, wie die Medien betonen. Nachdem Seehofer zwei Jahre zuvor noch 95,3 Prozent erzielte.


Wie damals schon, muss ich angesichts der Medienberichte wieder an Zeiten denken, in denen es noch einen Staat namens DDR gab. In dem Wahlen durchweg Ergebnisse weit über 90 Prozent erzielten. Und ebenso durchweg von den Medien in Westdeutschland mit Spott bedacht und als manipuliert kritisiert wurden. In der Bundesrepublik erreichten Wahlen damals durchweg sehr viel niedrigere Ergebnisse.



Nach der Wende begann in Deutschland langsam eine (Medien-)Stimmung, die sich an den früheren Ergebnissen in der DDR zu orientieren schien. Und die Politik reagierte entsprechend. Und wenn nun Seehofer bei seiner jüngsten Wahl noch nicht einmal auf 90 Prozent kam, „nennt man das eine Watschn“, wie die WELT am 21. 11. schrieb. Fast zur gleichen Zeit wurde in Halle der Bundesvorstand der Grünen gewählt: nicht mit „sozialistischen“, sondern mit ganz „normalen“ Ergebnissen. Wurde oder wird da von den Medien etwa Stimmung gemacht?

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