Der an der Musik des
Loh-Orchesters interessierte Mensch kennt Tilmann Graner
hauptsächlich als Fagottist dieses Orchesters. Und wer die
Mitteilungen des Theaters Nordhausen liest, wird häufig deren
Illustrationen mit den Namen Tilmann Graner als Fotografen entdecken.
Demzufolge ließ auch die am Samstag eröffnete Fotoausstellung
dieses Musikers und Fotografen vermuten, dass es sich zumindest
teilweise um Bilder aus diesem Themenbereich handeln werde. Weit
gefehlt, die Vernissage vermittelte von Tilmann Graner und der
Ausstellung ein ganz anderes Bild.
Ich kann es mir imGrunde
leicht machen und hinsichtlich der ausgestellten Bilder auf die
Vorschau des Vorsitzenden des Fördervereins Kunsthaus Myenburg, Dr.
Wolfgang Pientka vom 15. November verweisen oder doch Auszüge daraus
zitieren.
Gleiches könnte für die musikalische Umrahmung dieser
Vernissage durch Silke Gonska gelten, die ja kurz vorher im Kunsthaus
ein Konzert gab, das dann von Dr. Pientka am 16. 11.gewürdigt wurde.
Und schließlich trug ja auch das Theater Nordhausen selbst mit einer
Ankündigung dieser Ausstellung und deren Ausgestaltung zur Eröffnung
bei. Immerhin sei darauf wenigstens verwiesen, die Vernissage selbst
eröffnete dann auch noch andere Sichtweisen und Umstände.
Die kamen von deren Leiterin des
Kunsthauses, Kunsthistorikerin Susanne Hinsching, die Tilmann Graner
dem zahlreich gekommenen Publikum im
Rahmen ihrer Laudatio
vorstellte, und danach mit dem Hinweis in die Ausstellung einführte:
„Die Werke von Tilmann Graner, die wir Ihnen heute in der
Ausstellung „Out of White-On the Beach“ vorstellen, sprengen
...die vorgegebenen Grenzen der künstlerischen Technik.“ Und das
erläuterte sie ausführlich, beginnend mit der geschichtlichen
Entwicklung der Photographie ab dem Jahr 1856 und der damaligen
Feststellung des
französischen Fotografen und Luftschiffers Nadar (Fèlix
Tournachon): „Die Photographie ist eine wunderbare Entdeckung, eine
Wissenschaft, welche die größten Geister angezogen, eine Kunst,
welche die klügsten Denker angeregt – und doch von jedem Dummkopf
betrieben werden kann.“ Und es wurde durch ihre weiteren
Ausführungen ganz schnell deutlich, dass Graner zu denen gehört,
der seine Fototätigkeit zu einer Kunst formte, die in den Bildern
der Ausstellung überzeugend Ausdruck finden (Ich komme auf die
Laudatio der Kunsthistorikerin Susanne Hinsching nach Auswertung des
Mitschnitts noch zurück.)
Danach stellte sich Tilmann
Graner selbst vor. Und wenn ich es bis jetzt vermied, von ihm als
Künstler zu schreiben, dann deshalb, weil Graner ein Bild von sich
selbst zeichnete, das ihn gleichermaßen als Wanderer, Weltreisenden
oder Weltenbummler, Bergsteiger und eben Fotografen ausweist. Und
davon erzählte er in außerordentlich gefälliger Weise. Hier und
diesmal allerdings am wenigsten von sich als Musiker, der er doch im
Hauptberuf ist.
Dafür also Ergebnisse seiner
Fototätigkeit. Dazu hieß es u.a. schon in der Vorschau von Dr.
Pientka am 15.11. sinngemäß: „Gezeigt
werden ca. 100 Fotos, aber allein
der Blick auf eine Auswahl reichen
aus, um einer gewissen Faszination zu erliegen. Es erfolgt beim
Betrachten auch eine Art „Out“. Nach wenigen Augenblicken fühlt
man sich losgelöst von dem Trubel, der Unruhe unseres Alltags und
taucht ein in diese Stille, die fast greifbar von diesen Motiven
ausstrahlt. Und der Fragen werden mehr - wie auch eine Ahnung des
Verstehens. Wenn Tilmann Graner anmerkt, dass die Besonderheiten der
Lokalität - ein Gletscher in Grönland oder
den Rocky Mountains, die Tundra
in Norwegen oder der Wald im Harz - dabei in den Hintergrund rücken,
dann erschließen sich diese Motive und scheinen den Betrachter in
eben dieses Weiß zu rücken, dass doch laut Titel eigentlich ‚out‘
sein sollte. Und die Beach? Wieder keine Postkartenidyllen, keine
romantische Landschaften. Es finden sich Motive mit
Hinterlassenschaften der Menschen, die vielleicht noch kurz zuvor an
diesem Ort weilten – eine
einsame Bank, vergessenes Spielzeug, eine
betonierte Promenade…Und diese oft einsam stehenden Details lassen
so die bloße Natur zu Orten menschlichen Daseins werden. Auch hier
die Spannweite der Aufnahmeorte - vom Stausee Kelbra über Polen bis
nach Grönland. Und wieder eine Frage: Gibt es Berührungen mit „Out
of the White“? Antwort: „Vielleicht, gelegentlich – doch
vielleicht kann es auch einmal ein Augenzwinkern geben“; wobei es
offen bleibt, ob dieses Augenzwinkern sich auf diesen Zusammenhang
bezieht oder mehr in dem leicht schmunzelnden Ausdruck von Tilmann
Graner zu finden war. Für den
Unterzeichner, der gern und oft
fotografiert, eine Lehrstunde zu Motiv, Licht, Ausdruck und
Ausstrahlung dieser Fotografien. Und so ist es schön zu wissen, dass
die Besucher des Kunsthauses diese neue Sonderausstellung vom 21.
November bis 24. Januar schauen können – und dass es einen
Gesprächsabend mit Tilmann Graner am 10. Dezember geben wird.
Wenn
ich hier zur eigentlichen Ausstellung zunächst Zuflucht zur Vorschau
des Dr. Pientka nehme, dann deshalb, weil ich bisher nur die im
Erdgeschoß des Kunsthauses ausgestellten Bilder in
Augenschein
nehmen konnte. Einfach deshalb, weil ich den Besuch des
Obergeschosses aus Gründen körperlicher Einschränkung zunächst
verschieben muss. Es soll nachgeholt werden.
Schließen
kann ich nicht, ohne auch die musikalische Umrahmung der Vernissage
durch Silke Gonska zu erwähnen: es gab – wie schon bei dem Konzert
eine Woche zuvor – Musik ‚vom Feinsten‘, wenn auch nur jeweils
in kurzen Vorträgen. Das Publikum dankte mit viel Beifall.
Bleibt
schließlich noch zu erwähnen, dass am
Donnerstag, 26. November, um 19 Uhr im Kunsthaus-Keller die
Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“
mit Bildern von Mezzosopranistin Anja Daniela Wagner eröffnet wird.
Sie beschäftigt sich vor allem mit Porträtfotografie. Dazu wird in
der Ankündigung des Theaters die Fotografin zitiert: „Ich
versuche, den Menschen hinter dem Foto zu zeigen. Dabei kommt es mir
auf die Ausdrucksstärke des Gesichts an“, beschreibt Anja Daniela
Wagner ihre Fotografien, die sie bereits in Halle ausgestellt hat.
Bei der Auswahl half ihr damals Susanne Hinsching, Leiterin des
Kunsthauses Meyenburg, und so entstand der Plan, diese Bilder auch in
Nordhausen zu zeigen. Und Susanne Hinsching freut sich: „Ich bin
einfach nur hin und weg“. Die Ausstellungen beider Künstler werden
bis zum 24. Januar 2016 zu sehen sein.
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