In einer Publikation las ich heute „Was
von der Sexismus-Debatte übrig bleibt“. Gut eine Woche war es kaum
möglich, in Print- oder Online-Zeitungen zu blättern oder zu surfen
(von Facebook oder Twitter ganz zu schweigen), ohne zwangsläufig auf
einen Artikel oder eine Äußerung zu stoßen, die sich mit
Sexismus befasste. Und wenn gerade gestern in einigen Zeitungen zu
lesen war, dass die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland in
Gefahr sei, dann bleibt an diesem Beispiel festzustellen, dass sie in
keinster Weise gefährdet ist, jeder konnte (und kann) diese
Problematik auswalzen und sich nach Lust und Laune dazu zu äußern.
Wenn also heute darüber geschrieben
wird, was von dieser Sexismus-Debatte übrig bleibt, darf man hoffen,
dass nun doch langsam wieder Normalität eintritt. Und resumieren,
dass sie – außer Unterhaltung - so gut wie nichts brachte. Noch
nicht einmal eine Antwort auf die Frage, was eigentlich damit bewirkt
werden sollte, gibt es. Und um auf den auslösenden Vorgang Bezug zu
nehmen bleibt offen, ob es mit gutem Stil und Takt zu vereinbaren
ist, wenn eine Journalistin um Mitternacht an einer Hotelbar mit
einem Politiker (in vermutlich lockerer Stimmung) ein Sachgespräch
führen will? Nicht das Ansinnen wird als unangemessen erachtet,
sondern die Reaktion darauf.
Nun wurde ja dieser konkrete Vorgang
als willkommene Gelegenheit erachtet, die Problematik zu
verallgemeinern. Manuela Schwesig, stellvertretende SPD-Vorsitzende,
machte zum Beispiel in „Welt am Sonntag“ einen „alltäglichen
Sexismus“ in der deutschen Gesellschaft aus. (In welcher
Gesellschaft eigentlich nicht?). An der Tatsache mit all seinen
Facetten, wie Schwesig feststellt, wird diese Debatte – schon des
Verlaufes und seines Niveaus halber – ganz sicher nichts ändern.
Beeindruckt in dieser ganzen
Debattenphase hat mich eigentlich mehr ein Bericht vom
Weltwirtschaftsgipfel in Davos, während dem sich u.a. die
Facebook-Chefin Sheryl Sandberg zum Thema Gleichberechtigung äußerte,
wonach Frauen weniger gemocht werden, wenn sie Erfolg haben. Und übte
heftige Kritik an Gender-Stereotypen. Sandberg kritisierte Manager,
die unbewusst Stereotypen widerspiegeln, wenn sie die Leistung einer
Frau beurteilen: „Sie macht sehr gute Arbeit, aber ihre Kollegen
mögen sie nicht besonders.“ Oder: „Sie ist ein bisschen
aggressiv“. Und verstehen nicht, dass das die Strafe ist, die
Frauen wegen der bestehenden Gender-Stereotypen auf sich nehmen
müssen“, versuchte die Facebook-Chefin verständlich zu machen. Im
Grunde wird also eine Frau umso einsamer, je höher sie auf der
Karriereleiter steigt. Die Geschäftsführerin beklagte weiterhin,
dass noch immer davon ausgegangen werde, dass Frauen den Hauptteil
der häuslichen Pflichten übernehmen, selbst wenn beide Partner
arbeiten. „Frauen haben in den meisten Industrieländern auf der
ganzen Welt immer noch zwei Jobs, Männer haben einen.“
Übrigens zeigte sich auf der gleichen
Veranstaltung Christine Lagarde, geschäftsführende Direktorin des
Internationalen Währungsfonds (IWF) überzeugt, es habe sie zu einer
besseren Chefin gemacht, dass sie sich gegen Vorurteile durchsetzen
musste. „Ich bin mit zwei Brüdern aufgewachsen. Ich bin in einer
Männerwelt groß geworden und man musste seine Ellbogen benutzen, um
sich den Weg hinein zu bahnen.“ Aus ihrer Sicht sind Frauen die
besseren Team-Player: „Das liegt an unserer Geschichte; an unserem
Erbe und allem, gegen das wir uns behaupten mussten.“
Die Problematik ist also
allgegenwärtig. Und kann auch sehr viel sachlicher angegangen und
diskutiert werden, als das in der vergangenen Woche in Deutschland
geschah. Die Kommissarin strebt im übrigen noch immer ein Gesetz an,
das Unternehmen zwingen soll, für Vorstandsposten Frauen vor Männern
mit der gleichen Qualifikation den Vorrang zu geben. „Es geht nicht
um eine rigide Quote. Niemand würde den Job bekommen, weil er eine
Frau ist, aber auch niemand würde den Job verweigert bekommen, weil
er eine Frau ist. (Aus einem Bericht aus Davos, übersetzt von Carola
Torti)
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