Donnerstag, 31. Januar 2013

Zurück zur Normalität


In einer Publikation las ich heute „Was von der Sexismus-Debatte übrig bleibt“. Gut eine Woche war es kaum möglich, in Print- oder Online-Zeitungen zu blättern oder zu surfen (von Facebook oder Twitter ganz zu schweigen), ohne zwangsläufig auf einen Artikel oder eine Äußerung zu stoßen, die sich mit Sexismus befasste. Und wenn gerade gestern in einigen Zeitungen zu lesen war, dass die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland in Gefahr sei, dann bleibt an diesem Beispiel festzustellen, dass sie in keinster Weise gefährdet ist, jeder konnte (und kann) diese Problematik auswalzen und sich nach Lust und Laune dazu zu äußern.

Wenn also heute darüber geschrieben wird, was von dieser Sexismus-Debatte übrig bleibt, darf man hoffen, dass nun doch langsam wieder Normalität eintritt. Und resumieren, dass sie – außer Unterhaltung - so gut wie nichts brachte. Noch nicht einmal eine Antwort auf die Frage, was eigentlich damit bewirkt werden sollte, gibt es. Und um auf den auslösenden Vorgang Bezug zu nehmen bleibt offen, ob es mit gutem Stil und Takt zu vereinbaren ist, wenn eine Journalistin um Mitternacht an einer Hotelbar mit einem Politiker (in vermutlich lockerer Stimmung) ein Sachgespräch führen will? Nicht das Ansinnen wird als unangemessen erachtet, sondern die Reaktion darauf.

Nun wurde ja dieser konkrete Vorgang als willkommene Gelegenheit erachtet, die Problematik zu verallgemeinern. Manuela Schwesig, stellvertretende SPD-Vorsitzende, machte zum Beispiel in „Welt am Sonntag“ einen „alltäglichen Sexismus“ in der deutschen Gesellschaft aus. (In welcher Gesellschaft eigentlich nicht?). An der Tatsache mit all seinen Facetten, wie Schwesig feststellt, wird diese Debatte – schon des Verlaufes und seines Niveaus halber – ganz sicher nichts ändern.

Beeindruckt in dieser ganzen Debattenphase hat mich eigentlich mehr ein Bericht vom Weltwirtschaftsgipfel in Davos, während dem sich u.a. die Facebook-Chefin Sheryl Sandberg zum Thema Gleichberechtigung äußerte, wonach Frauen weniger gemocht werden, wenn sie Erfolg haben. Und übte heftige Kritik an Gender-Stereotypen. Sandberg kritisierte Manager, die unbewusst Stereotypen widerspiegeln, wenn sie die Leistung einer Frau beurteilen: „Sie macht sehr gute Arbeit, aber ihre Kollegen mögen sie nicht besonders.“ Oder: „Sie ist ein bisschen aggressiv“. Und verstehen nicht, dass das die Strafe ist, die Frauen wegen der bestehenden Gender-Stereotypen auf sich nehmen müssen“, versuchte die Facebook-Chefin verständlich zu machen. Im Grunde wird also eine Frau umso einsamer, je höher sie auf der Karriereleiter steigt. Die Geschäftsführerin beklagte weiterhin, dass noch immer davon ausgegangen werde, dass Frauen den Hauptteil der häuslichen Pflichten übernehmen, selbst wenn beide Partner arbeiten. „Frauen haben in den meisten Industrieländern auf der ganzen Welt immer noch zwei Jobs, Männer haben einen.“

Übrigens zeigte sich auf der gleichen Veranstaltung Christine Lagarde, geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) überzeugt, es habe sie zu einer besseren Chefin gemacht, dass sie sich gegen Vorurteile durchsetzen musste. „Ich bin mit zwei Brüdern aufgewachsen. Ich bin in einer Männerwelt groß geworden und man musste seine Ellbogen benutzen, um sich den Weg hinein zu bahnen.“ Aus ihrer Sicht sind Frauen die besseren Team-Player: „Das liegt an unserer Geschichte; an unserem Erbe und allem, gegen das wir uns behaupten mussten.“

Die Problematik ist also allgegenwärtig. Und kann auch sehr viel sachlicher angegangen und diskutiert werden, als das in der vergangenen Woche in Deutschland geschah. Die Kommissarin strebt im übrigen noch immer ein Gesetz an, das Unternehmen zwingen soll, für Vorstandsposten Frauen vor Männern mit der gleichen Qualifikation den Vorrang zu geben. „Es geht nicht um eine rigide Quote. Niemand würde den Job bekommen, weil er eine Frau ist, aber auch niemand würde den Job verweigert bekommen, weil er eine Frau ist. (Aus einem Bericht aus Davos, übersetzt von Carola Torti)

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