Mittwoch, 23. Januar 2013

Ein Künstler mit besonderer Intention


Gestern fand in der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen mit Bernd Schobeß die Vernissage eines bemerkenswerten Künstlers statt, mit dem meine Aufmerksamkeit unwillkürlich auf die Szenerie bildender Künstler der gesamten Harzregion gelenkt wurde.

Die Vita Bernd Schobeß, der 1945 in Bad Suderode geboren wurde, weist ihn als Gründer der Arbeitsgruppe „7Kunst“ und Mitglied der Berufsgruppe Bildender Künstler im Harz (bbk/h) aus, wodurch einmal mehr deutlich wird, dass in der Harzregion mit ihren Schwerpunkten Quedlinburg und Goslar zahlreiche Bildende Künstler beheimatet und aktiv sind. Dass auch der Südharz mit Nordhausen einen solchen Schwerpunkt darstellt, wird dabei insbesondere durch die Ausstellungen in der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen (KSK) verdeutlicht, die mit der gestern eröffneten Ausstellung des Künstlers Bernd Schobeß quasi den Blick auf die genannten genannten Künstlerkreise öffnet.

Nach dieser mir aufschlussreich scheinenden allgemeinen Einleitung nun zur gestrigen Vernissage selbst, die erneut durch Schüler der Musikschule Nordhausen eingeleitet und umrahmt wurde. Und auch sie gehören in ihrem musikalischen Bereich zum künstlerischen Anspruch Nordhausens, dem die Kreissparkasse nicht nur – aber auch – in ihrer Galerie jungen Musikerinnen die Möglichkeit bietet, sich einem kulturinteressierten Publikum vorzustellen. Diesmal waren es mit Josephine Hoffmann (13), Celina Franze (12) und Emma Schorcht (12) drei Gitarristinnen, die sich unter der Regie ihrer Musiklehrerin Daniela Heise, erstmals mit ihren Vorträgen den Gästen der Vernissage vorstellten. Und gefallen konnten. Und damit die Eröffnung dieser Ausstellung musikalisch umrahmten. Und dafür anerkennenden Beifall erhielten.

Sparkassenchef Wolfgang Asche freute sich danach über die zahlreich gekommenen Gäste, die er herzlich begrüßte, um ihnen dann den Künstler Bernd Schobeß vorstellte. Und dabei erinnerte, dass dieser ja schon einmal vor Jahren seine Bilder in der Galerie einem interessierten Personenkreis vorstellte. Und diesmal sind es zum großen Teil Werke, die seitdem entstanden und nach Stil und Inhalt einen Künstler mit besonderen Intentionen offenbaren. Asche überließ es danach dem Künstler, sich selbst vorzustellen.

Und Bernd Schobeß tat dies mit einer Art Entschuldigung: um nicht „dummes Zeug“ zu reden, würde er vom Blatt ablesen. Und was sich dabei offenbarte, war schon recht aufschlussreich. Weil er für viele seiner Bilder Vorlagen von Malern mit großen oder doch bekannten Namen früherer Jahrhunderte nutzte – wie Salvador Dali, Edouard Manet, Vincent van Gogh aber auch Carl Spitzweg u.a. - ohne etwa abzukupfern. Vielmehr verfälscht er in seinen Werken deren Motive, arbeitet sie in seine Bilder ein und gestaltet sie nach eigenen Vorstellungen. Und vermittelt damit Vorstellungen an eine Zeit, in der beispielsweise die Darstellung eines nackten Frauenkörpers einen Skandal auslöste, dabei aber eine wesentlich andere, sublimere - vielleicht aber auch nur „verklemmte“ - Bedeutung hatte als dies heutzutage der Fall ist. Seine Bilder sind also vielfach eine Verbindung früherer künstlerischer Vorstellungen mit heutigen Gegebenheiten und einem sehr viel freierem Verständnis vom Umgang mit- und untereinander. Schobeß führte dazu u.a. aus: „Was könnte denn heute den Bildbetrachter provozieren...Bestenfalls das Picknick-Motiv vor einem modernen Parkplatz im Grünen. So malte ich Manets Bild im Kontext dieses Gedankenspiels, wohl wissend, dass heutzutage kaum noch etwas zum Skandal führt. Warum sollte es – in einer Zeit, in der Nacktfotos vom möglichen britischen Thronfolger durch das Internet geistern – Aufsehen erregen? Die Verfremdung des bekannten Bildes wird also bestenfalls Kunstfreunde amüsieren.“

In dieser Auffassung also gestaltet Schobeß seine Bilder mit oft collageartigen Veränderungen bekannter Werke, die ausgestellten Bilder sind Beispiele dafür. Wofür er als Arbeitstitel eben „Kunst- und Zeitsprünge“ wählte. Und damit den Betrachter oder auch Kenner klassischer Werke tatsächlich zu verunsichern vermag, weil er das Vertraute mit Elementen aus dem Werk eines anderen Künstlers verknüpft und zu einen neuen Bild verschmelzen lässt. Und launig bemerkte er, sich selbst in Bilder einzufügen, in Bildwelten hinein zu mogeln, wie einzelne Bilder erkennen lassen. Es entstehen aber auch Bildwelten, die von anderen künstlerischen Bereichen angeregt werden, wie etwa von Daniel Kehlmanns genialen Roman „Die Vermessung der Welt“. Bei Schobeß wurde daraus „Skeptische Blicke bei der Vermessung der Wüste“.

Um sich nicht selbst einzuschätzen, zitierte Schobeß abschließend aus einer einschlägigen Publikation: „Bernd Schobeß bleibt der größte „Fälscher“ in den Reihen der organisierten Harzer Künstler. Er nimmt sich berühmte Motive der Giganten der Kunstgeschichte vor: zerfließende Uhren von Salvador Dali, Sonnenblumen von Vincent van Gogh, das Mädchen mit der Taube von Picasso. Er trifft dabei nicht nur den Tonfall, den Charakter, die Atmosphäre der Originale. Er stellt ihre Motive außerdem in einen neuen Bildraum. Wie er das hinbekommt, verrät er zum Beispiel im Titel: Sinnieren über das Phänomen Zeit mit Dali“. Schobeß kupfert nicht einfach ab. Ihm sind die großen Meister ein Leitfaden, um sich ihrer Gedankenwelt anzuschließen. Das ist technisch gekonnt, sehr unterhaltsam und schön.“

Der Vorstandchef der Kreissparkasse dankte dem Künstler für seine Vorstellung und rundete das Bild des Künstlers mit der Vervollständigung dessen Vita: Danach war Schobeß (Jahrgang 1945) bis 1990 Fachschuldozent für Kunst, danach hatte er das Lehramt am GutsMuths-Gymnasium Quedlinburg inne und war Fachleiter für Kunst in Sachsen-Anhalt. Der Künstler ist seit 2010 freischaffend mit Atelier und Produzentengalerie. Bleibt ergänzend hinzuzufügen, dass seine Galerie in Bad Suderode freitags und sonntags von 14 bis 16 Uhr geöffnet ist. Seine Bilder sowohl in seiner Galerie, als auch in der gestern eröffneten Ausstellung sind käuflich zu erwerben.

Die Ausstellung ist in ihrer Art jedenfalls ebenso außer- wie ungewöhnlich und ganz sicher des Besuchens wert. Sie kann bis zum 28.02.2013 besucht werden.

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