Mittwoch, 27. Juni 2012

Phänomen Doktortitel?


Da wird seit Monaten immer wieder der Titel eines „Dr. unter den verschiedensten Gesichtspunkten behandelt, zur Diskussion oder auch in Frage gestellt und ich überlege, wie ernst man dieses Thema überhaupt noch nehmen muss.

Unmittelbaren Anlass dazu gab mir die Antwort des Chefredakteurs einer hier erscheinenden Printzeitung auf die Anfrage eines Lesers mit Doktorgrad: der hatte dieser Zeitung eine Abhandlung zukommen lassen, die auch unter der Autorenschaft dieses Lesers veröffentlicht wurde. Nur seinen Doktorgrad hatte man weggelassen, wofür er nun eine Erklärung erbat.

Die gab der Chefredakteur am 19.05. auf der Leserbrief-Seite in einer Art, die ich für ausgesprochen vordergründig halte: Er beruft sich zunächst in seiner Begründung auf das Stilbuch der Nachrichtenagentur dapd und weist auch gleichzeitig auf das Handbuch der Deutschen Presseagentur (dpa) hin, nach denen Titel wie Prof. oder Dr. nicht erwähnt werden, sofern es sich nicht um wissenschaftliche Themen handelt. Immerhin steht dpa noch zu, dass Titel Bestandteil des Namens sind, auf die Nennung aber verzichtet wird, sofern der Titel nicht für das Verständnis wichtig ist. Und schon das ist meines Erachtens Auslegungssache.

Immerhin: soweit, so gut. Was dann aber folgt, ist so schwammig und unklar, dass diese ganze Berufung auf Stil- und Handbücher ins Leere geht. Der argumentierende Chefredakteur meint nämlich, dass Regeln im Journalismus von den großen Nachrichten-Agenturen aufgestellt werden...und Redaktionen „wie auch unsere“, halten sich an diese Regeln - „in der Regel“.

Und damit wird alles in Frage gestellt. Zwar versucht sich der gute Mann noch in Rhetorik um dann zum Fazit für seine Zeitung zu kommen: „Wir verzichten auf den Titel – es sei denn, er ist für das Verständnis des Textes notwendig.“ Zum Beweis wird ein Bild angeboten, das Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt. Mit dem Hinweis, dass diese prominenteste Vertreterin des Dr.-Titel-Phänomens ist.

Nochmals: soweit, so gut. Wie steht es dann aber zum Beispiel beim künftigen Oberbürgermeister von Nordhausen, Dr. Klaus Zeh? Noch immer hat die gemeinte Zeitung seinem Namen den Dr.-Titel vorangestellt. Obwohl in seinem Fall auch ohne diesen Titel völlig klar ist, um wen es sich handelt. Bei ihm ist der Dr. einfach Bestandteil des Namens. Auf den eben nicht verzichtet wird (siehe oben dpa-Handbuch) Und damit gerät meines Erachtens diese ganze Argumentation eines Chefredakteurs zu einer Art Spiegelfechterei. Er kann sich auf die Schulter klopfen

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