. . . die Fahnen, Fähnchen und Transparente – wo immer sie auch angebracht wurden – können wieder eingeholt werden, die Träume von einem deutschen Fußball-Europameister sind ausgeträumt.
Das ist keine Häme oder Schadenfreude, sondern die nüchterne Reaktion eines Zeitgenossen, der bedauert, dass das gezeigte Bekenntnis zu Deutschland tatsächlich nur ein Konsumpatriotismus ist, wie es vor einigen Tagen die taz formulierte. Der mit Erfolgen der Fußball-Nationalmannschaft in einem Wettbewerb wie dieser Europameisterschaft erwacht und wächst, um jäh wieder zu verschwinden, wenn schließlich das gesteckte oder angestrebte Ziel nicht erreicht wird. Als ich gestern Abend, 30 Minuten nach Spielbeginn – das 0:1 war kurz vorher gefallen – zu Bett ging, waren draußen, am Parkplatz vor meinem Fenster, noch zahlreiche Autos mit angebrachten deutschen Fähnchen zu sehen – jetzt, um 6 Uhr in der Früh, sehe ich noch eines, das damit ausgestattet ist. Und diese Reaktion auf Verläufe im Fußball scheint mir bezeichnend. Und übertragbar auf viele andere Bereiche: man engagiert und begeistert sich gelegentlich und sogar für Vorgänge in Gesellschaft und auch Politik, aber ohne tiefere oder nachhaltige Anteilnahme. Solange es den eigenen Vorstellungen und Wünschen entspricht zeigt man Interesse und Anteilnahme. Um zu resignieren oder gar zu kritisieren, wenn der (weitere)Verlauf eine andere Richtung nimmt als man erhoffte. Oder zu einer Enttäuschung wird.
Zurück zum Fußball: Ulli Löw wird sicher in gewohnt wohl-akzentuierten Sätzen die Niederlage gegen Italien ummanteln, so wie er vor dem Spiel seine Zuversicht auf einen erfolgreichen Verlauf des Spiels durch seine Mannschaft in Pressekonferenzen und -gesprächen verhieß. Es wurde nichts daraus und die Presse ergeht sich heute in langen Betrachtungen über die Ursachen. Wenn die Ursachenforschung abgeklungen ist, wird es bei der lapidaren Feststellung bleiben, dass es der deutschen Mannschaft bei bedeutenden Wettbewerben nicht gelingt, Italien zu besiegen.
Mich hat diese ganze Fußball-Europameisterschaft wenig beschäftigt. Zwar hat mich die erwartungsvolle – und nach Siegen der deutschen Mannschaft sogar euphorische – Berichterstattung der Medien angeregt, aber gesehen habe kein einziges Spiel über Halbzeiten hinaus, mein Bett war mir lieber. Meinen gewohnten Tagesablauf konnte das Spektakel nicht wirklich beeinflussen. Und auch deshalb kann ich weder Häme noch Schadenfreude empfinden, es berührt mich zumindest emotional überhaupt nicht.
Bild: Ein einziges Auto mit Fähnchen (drittes rechts) blieb von der Fähnchendemonstration vor meinem Fenster übrig
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