"Wir fühlen uns überlastet und ausgepowert, werden
fahrig und machen Fehler. Die Aufmerksamkeit für das, was wirklich
wichtig ist, geht verloren", sagt der Regensburger Neurowissenschaftler
Professor Dr. Volker Busch. Denn Digitalisierung und wachsende
Informationslast überfordern unser Gehirn. Wie lassen sich in dieser
Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint, Zeit, Kraft,
Konzentration und Aufmerksamkeit finden für das, was wirklich zählt? Und
wie lassen sich die sportlichen Erfolgsrezepte von Olympiasiegern,
Weltmeistern und Profisportlern auf Beruf, Bildung und Weiterbildung
übertragen, um dieses Ziel zu erreichen? Über diese Fragen diskutierten
Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Sport beim 3. "Talk bei
Eckert" jetzt vor 200 Gästen in der Bibliothek der Eckert Schulen in
Regenstauf. Der Journalist Tilmann Schöberl moderierte den Abend.
Fokuszeiten ohne Störungen
"freischaufeln"
Professor Busch, der auch Blogger,
Podcast-Autor und Autor des Spiegel-Bestsellers 2021 "Kopf frei!" ist,
empfiehlt, gezielt Fokuszeiten zu definieren. "Wer sich täglich ein
Zeitfenster von einmal 60 Minuten oder zweimal 30 Minuten ohne jede
Störung schafft, kann seine Leistung um bis zu 25 Prozent steigern",
sagte er. Der Forscher und Mediziner weiß: "Die Biografien vieler
erfolgreicher Frauen und Männer zeigen uns, dass sie alle solche
Fokuszeiten hatten." Idealerweise liege diese Fokuszeit vormittags
zwischen 9 und 12 Uhr.
So lässt sich Konzentration trainieren
Grundsätzlich,
so Professor Busch, macht auch bei der Konzentration die Übung den
Meister: "Konzentration lässt sich entwickeln, jede Wiederholung ist
wichtig", sagte er beim diesjährigen "Talk bei Eckert". Dabei sind es
nicht nur externe Faktoren wie das Smartphone, die uns den Fokus rauben.
Gedanken und Gefühle, die der
Mensch nur schwer kontrollieren kann, funken uns als Aufmerksamkeits-
und Konzentrationskiller dazwischen. "Deshalb ist es so wichtig,
beispielsweise vor Prüfungssituationen Konflikte möglichst aus der Welt
zu schaffen", so Busch. "Wir müssen das Denken ausknipsen", betonte er.
Stephan
Koller, Vorstand der Eckert Schulen für Aus- und Weiterbildung und
berufliche Rehabilitation, nannte das Selbstmanagement als wichtige
Voraussetzung für den Erfolg nicht nur bei der Weiterbildung. "Aktiv
einer Ablenkung entgegenzuwirken ist ein Schlüssel, um sich besser
konzentrieren zu können. Gerade im Unterreicht sei es jedoch auch immer
Aufgabe der Lehrkräfte, Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen - die
wiederum die Konzentration erleichtert. Professor Busch stimmte dem
ausdrücklich zu: "Gerade in der heute zerstreuten Welt brauchen wir
Lehrer und Lehrerinnen, die eine Welt schaffen können, die noch
attraktiver ist als die Ablenkung." Die Forschung
zeige zudem: Schüler können sich heute noch immer gut konzentrieren,
wenn externe Störungen reduziert werden.
Wie sich Sportler fokussieren
Die
Fähigkeit, die Welt um sich herum ausblenden zu können, ist es auch,
die viele der erfolgreichen Sportler auf dem Podium als Schlüssel für
eine hohe Konzentration nannten. So berichtete die mehrfache deutsche
Meisterin und U20-Europameisterin Miriam Dattke, die zuletzt den 4.
Platz in der Marathon-Einzelwertung bei der EM 2022 in München belegte
und mit dem Team die Goldmedaille gewann: "Ich weiß bis heute nicht, wo
ich in München überhaupt langgelaufen bin." Der frühere Skirennläufer
Gerd Schönfelder, bis heute erfolgreichster deutscher
Behindertensportler mit allein 22 Medaillen bei Paralympischen
Winterspielen und damit der weltweit erfolgreichste Athlet in der
Geschichte der Winter-Paralympics, formulierte es so: "Wenn die
Startschranke aufgeht, dann gibt es kein
Denken mehr."
Die Kraft positiver Erinnerungen und gezielter Entspannung
Franzi
Peter, Handballerin des ESV 1927 Regensburg und Mitglied der Deutschen
U17-Handball-Nationalmannschaft, hilft das Aktivieren positiver
Erinnerungen vor einer Stresssituation, die absolute Aufmerksamkeit
fordert: "Vor einem Spiel bin ich immer nervös, gerade deshalb versuche
ich, entspannt in den Tag zu starten und unternehme beispielsweise etwas
mit der Familie", berichtete sie.
Der
Fußballzweitligist SSV Jahn Regensburg hat ebenfalls eigene Rezepte
gefunden, um Ablenkungen und Störungen zu reduzieren: "Die Kabine als
das Allerheiligste ist handyfreie Zone", berichtete Philipp Hausner, der
kaufmännischer Geschäftsführer Sport des Vereins. Stattdessen würden
die Spieler gemeinsam frühstücken oder vor einem wichtigen Match eine
Partie Schach spielen.
"Einfach
anfangen!"
Ähnlich handhabt die Herausforderung der
Smartphone-Ablenkung auch die Mannschaft des Eishockey-Clubs Eisbären
Regensburg, wie Hauptgesellschafter Christian Volkmer deutlich machte.
"Diese klaren Regeln geben Stabilität und schaffen Fokus", sagte er. Ein
Patentrezept für alle gebe es nicht, machte Professor Busch deutlich.
Jeder muss seinen Weg finden, wie er mit Störungen von innen und außen
am besten umgeht. Paralympics-Seriensieger Gerd Schönfelder fasste es so
zusammen: "Finde heraus, was für dich am besten funktioniert und
schaffe dir selbst ein Ritual", formulierte er. Und aus seiner Sicht am
allerwichtigsten: "Einfach anfangen!"
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