Im Kreis Nordhausen arbeitet jeder dritte Vollzeit-Beschäftigte zum Niedriglohn
40
Stunden die Woche arbeiten – und trotzdem reicht’s am Monatsende nicht:
Im Landkreis Nordhausen arbeiten rund 6.700 Vollzeit-Beschäftigte zum
Niedriglohn. Damit liegt jeder dritte Arbeitnehmer (36 Prozent) trotz
voller Stundenzahl unter der amtlichen Niedriglohnschwelle von aktuell
2.203 Euro brutto im Monat. Das teilt die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten mit.
Die
NGG Thüringen beruft sich hierbei auf Zahlen der Bundesagentur für
Arbeit. Geschäftsführer Jens Löbel spricht von einem „Alarmsignal“.
Tausende Menschen hätten trotz langer Arbeitstage enorme Probleme,
finanziell über die Runden zu kommen. „In Metzgereien, Bäckereien,
Restaurants und Hotels ist der Anteil von Niedriglohn-Beschäftigten
dabei besonders hoch. Hier müssen die Firmen endlich deutlich höhere
Löhne zahlen“, fordert Löbel. Nach Angaben der Arbeitsagentur liegen
bundesweit 53 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Lebensmittel- und
Gastgewerbe unter der Niedriglohngrenze.
Eine
Hauptursache für diesen Zustand ist nach Einschätzung der Gewerkschaft
NGG die schwindende Tarifbindung. „Auch im Kreis Nordhausen zahlen immer
weniger Hoteliers und Gastronomen nach Tarif“, kritisiert Löbel. Die
Folgen träfen die ganze Gesellschaft: Eine aktuelle Studie des DGB
beziffert die finanziellen Ausfälle durch fehlende Tarifbindung im
Freistaat – von Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungen und Steuern
bis hin zur niedrigeren Kaufkraft – auf fast 4,8 Milliarden Euro.
Um
diesen Trend zu stoppen, müssten sich Firmen, die Mitglied im
Arbeitgeberverband sind, an die mit der Gewerkschaft ausgehandelten
Tarifverträge halten und armutsfeste Löhne zahlen. Nach Beobachtung der
NGG nimmt die Zahl der Verbandsmitglieder, die aus der Tarifgemeinschaft
ausscheren, seit Jahren zu. Außerdem fordert die Gewerkschaft die
künftige Landesregierung auf, die Stärkung der Tarifbindung oben auf die
Agenda zu setzen. Sie solle sich dafür einsetzen, dass Fördermittel nur
noch an tarifgebundene Betriebe vergeben werden. Betriebe, die
Niedriglöhne zahlten, dürften nicht noch quersubventioniert werden.
„Außerdem
muss es noch mehr Tarifverträge geben, zu denen ganze Branchen durch
die Politik verpflichtet werden – gerade da, wo der Niedriglohnsektor
wuchert“, so Löbel. Eine sogenannte Allgemeinverbindlichkeit könne vom
Bundes- oder Landesarbeitsministerium erklärt werden. Am Ende komme es
aber auch auf die Beschäftigten selbst an, betont die NGG. „Wer in der
Gewerkschaft ist, hat nicht nur beim Lohn, sondern auch bei Urlaub und
Arbeitszeit die besseren Karten.“
Das
durchschnittliche Vollzeit-Einkommen liegt im Kreis Nordhausen laut
Arbeitsagentur bei 2.557 Euro (brutto) im Monat – im Bundesschnitt sind
es 3.304 Euro.
Jens Löbel
Geschäftsführer der
NGG-Region Thüringen
Geschäftsführer der
NGG-Region Thüringen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen