Dienstag, 3. September 2019

Ellrich im Rausch des Segelfliegens

Spannender Vortrag von Gunnar Pflug in der „Netzwerkkirche – ELLRICH UND ICH“
Mehr als 150 Besucher aus der Region verfolgten am vergangenen Donnerstag gespannt die Ausführungen, beginnend mit Einblicken zur Geschichte der Luftfahrt in der Region, über die Anfänge der Segelfliegerei in Nordhausen bis hin zum Ausbildungszentrum für das Segelfliegen während des „Dritten Reiches“ am Haidberg in Ellrich. Anfangs gingen die Flugbegeisterten in verschiedenen Vereinen rein sportlich ihrem Hobby nach, von der Luftsportvereinigung „Sturmvogel - Flugverband der Werktätigen“ bis hin zum „Deutschen Luftfahrt-Verband“, alle gegründet
in den 20er Jahren. Mit der Machtübernahme durch die Nazis erfolgte auch in diesem Bereich eine „Gleichschaltung“ mit der ‚Zwangsübernahme‘ in das Nationalsozialistische Fliegerkorps, das ähnlich wie die GST in der DDR eine vormilitärische Ausrichtung hatte und das zukünftige Personal für die Luftwaffe des Dritten Reiches schulte. Viele Details, unterlegt mit hochinteressanten Fotos, wurden erläutert – von den verschiedenen Methoden des Starts bis hin zu den Anstrengungen, zwei große Hallen (10 m x 30 m) auf der Fläche
zwischen dem Ellricher Schwimmbad und dem Haidberg in überwiegend ehrenamtlicher Arbeit zu errichten. Die flugbegeisterten Schüler kamen oft über große Entfernungen mit dem Fahrrad am Samstag und Sonntag nach Ellrich. In der Stadt wurden diverse Gebäude für Werkstätten und für Unterbringung genutzt – Gebäude, die teilweise noch heute stehen und einem anderen Zweck dienen. Interessant auch die Statistiken: während in der Zeit 1933 bis 1945 über 17.000 Segelflugzeuge nicht nur dem Sport dienten, sind es heute in Deutschland nur etwas mehr als 7.000, rein
sportlich genutzt. Das Ende des Schulungszentrums Ellrich kam 1945. Amerikanische Panzer überfuhren die Flugzeuge im reinen Wortsinne und zerstörten diese so; die Hallen wurden abgebaut und durch die Nähe der ‚Zonengrenze‘ nahm die Natur wieder Besitz vom Haidberg. Den Höhepunkt des Abends bildete Karl-Heinz Bosse, heute 94 Jahre alt, der über seine Ausbildung in Ellrich, über seinen Einsatz als Jagdflieger und seinen Abschuss durch eine amerikanische „Thunderbolt“ berichtete – und dies ohne Notizzettel so plastisch, dass die Stille in der Kirche nur durch die Flugkünste der illegal eingedrungenen Schwalben unterbrochen wurde. Es schloss sich eine fast nicht enden wollende Diskussion an; ehemalige Segelflieger, die nach dem Krieg ihre ersten Schritte bei Herrn Bosse gelernt hatten; Angehörige von Ehemaligen, die Fotos und Unterlagen mitbrachten, aber auch Bürger, die Fragen zu dieser und jener Technik, zu weiteren Details des Flugfeldes und seiner Geschichte stellten. Der Vortragende musste versprechen und es tat es gern, Ende Oktober den Vortrag, erweitert mit den hinzugekommenen Erkenntnissen, in der Hospitalkirche zu wiederholen. Insgesamt ein voller Erfolg in dem Bestreben, möglichst viele Bürger in dieser „Netzkirche“ unter dem Motto „ELLRICH UND ICH“ zu vereinen.


Dres. Hannelore und Wolfgang R. Pientka für die „Netzwerkkirche - ELLRICH UND ICH“

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