Deutsche Bank und Commerzbank hatten am vergangenen Sonntag den Beginn formeller Fusionsverhandlungen bestätigt. Die Risiken einer Fusion sind beträchtlich, sagt Professor Dr. Thomas Hartman-Wendels, Bankenexperte der Universität zu Köln
Seit dem Wochenende ist es offiziell: Die beiden größten deutschen Finanzinstitute wollen über einen Zusammenschluss verhandeln. Sollten Deutsche Bank und Commerzbank zusammengehen, entstünde daraus eine neue Riesenbank mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden und anfänglich rund 140.000 Mitarbeitern. Beide Banken tragen noch die Narben der Finanzkrise: Die Deutsche Bank kosteten Skandale viel Geld, drei Mal in Folge musste das Bankhaus Jahresverluste melden, der Aktienkurs sank. Die Commerzbank musste in Folge der Finanzkrise mit Milliarden vom deutschen Staat gerettet werden. So ist der Bund weiterhin mit rund 15 Prozent an der Bank beteiligt.Statement von Professor Dr. Thomas Hartman-Wendels:
„Eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wird damit begründet, dass Deutschland als bedeutende Wirtschaftsmacht Sitz einer international führenden Bank sein müsste. Mit einem ähnlichen Argument wurde bereits in den 90er Jahren vom damaligen Bundeskanzler Schröder ein Zusammengehen der Deutschen Bank mit einer ausländischen Großbank favorisiert. Diesmal soll nun das Ziel durch das Zusammengehen zweier deutscher Banken erreicht werden.
Unternehmen benötigen eine kompetente Begleitung durch Banken, aber muss es unbedingt eine große Bank sein?
Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden kleinere und mittlere Unternehmen, deren Bedarf an Finanzdienstleistungen durch Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken bedient wird. Die Bedeutung des Mittelstandes hat inzwischen auch die Commerzbank erkannt und fokussiert sich mit einigem Erfolg auf dieses Segment. Große Unternehmen benötigen Finanzdienstleistungen, die vom Volumen und der Komplexität her nur von großen Banken erbracht werden können.
Warum soll eine Deutsche Bank in der jetzigen Größe dafür zu klein sein?
Als weiteres Argument für eine Fusion werden Kosteneinsparungen ins Feld geführt. Dopplungen von Zweigstellen können vermieden werden und auch im Verwaltungsbereich können zahlreiche Arbeitskräfte eingespart werden, die Rede ist von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen, die wegfallen könnten. Richtig ist, dass der Kostenblock beider Banken viel zu hoch ist, bis aber Einsparungen wirksam werden, wird viel Zeit vergehen und zunächst müssten erst einmal gewaltige Aufwendungen für die Integration der beiden Häuser gestemmt werden. Das bindet Ressourcen, die dringend benötigt werden, um beide Häuser vor dem Hintergrund der Herausforderungen durch die Digitalisierung zukunftsfähig zu machen. Hinzu kommt: Einsparungen sind zwar notwendig, sie sind aber keine Geschäftsidee und eine solche ist mit der angestrebten Fusion gar nicht erkennbar.
Was geschieht, wenn die Fusion schiefgeht?
Nach der Finanzkrise war stets zu hören, dass keine Bank so groß sein darf, dass sie bei einer Schieflage mit Steuermitteln gerettet werden muss. Bei einer fusionierten Deutschen Commerzbank wäre es noch schlimmer: Eine Regierung, die sich als Taufpate einer Fusion geriert, gibt quasi eine Garantie ab, im Ernstfall für eine Rettung bereitzustehen. Dies kann man auch als Einladung an die Banker verstehen, bedenkenlos Risiken einzugehen.“
Professor Dr. Thomas Hartmann-Wendels ist Direktor am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre und am Forschungsinstitut für Leasing sowie Geschaftsführender Direktor der Abteilung Bankwirtschaft am Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht der Universität zu Köln.
Gabriele Meseg-Rutzen Presse und Kommunikation
Universität zu Köln
Mitteilung des idw – Informationsdienst Wissenschaft am 20.03.2019
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