
Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis wird in diesem Jahr
zum 27. Mal vergeben. Der Vorsitzende der Publizistischen Kommission
der Deutschen Bischofskonferenz,
Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg- Stuttgart), zeichnet den
Preisträger am 11. Mai 2016 bei einem Festakt in Bamberg aus.
Zum Buch
Kein Pressefoto sorgte im Jahr 2015 für so viel Entsetzen und
Betroffenheit wie das eines an den türkischen Strand gespülten,
syrischen Jungen. Mit Aylan
fand eine Individualisierung dessen statt, was bis dahin nur als
„Massenflucht“ nach Europa und einem damit verbundenen, anonymisierten
„Massensterben“ wahrgenommen wurde, sich nun aber in einem Bild
„fortgespülter Menschlichkeit“ verfestigte.
Der deutsche Comic-Künstler Reinhard Kleist verzichtet auf den
drastischen Realismus einer ähnlichen Szenerie und changiert am Ende
seiner Graphic Novel
zwischen der bedrängenden Enge auf einem viel zu kleinen
Flüchtlingsboot und der Ausgesetztheit dieses Bootes in den Weiten des
Mittelmeeres. Die bis dahin aus der Sicht der Protagonistin erzählte
Geschichte wechselt in die Darstellung eines Nachrichtenformates
und zeigt den somalischen Leichtathletikweltmeister Abdi Bile, der vom
Tod der jungen Samia berichtet. Wie Bile war die Protagonistin Samia
Yusuf Omar Läuferin und auch sie hat an den Olympischen Spielen
teilgenommen. Als Außenseiterin zwischen hochtrainierten
Vertreterinnen westlicher Leistungsgesellschaften ist sie in Peking mit
größtmöglichem Zeitabstand zu allen anderen ins Ziel gegangen. In ihrem
Antreten lag der Kern der Hoffnung auf ein erfülltes Leben.
Doch in einem Land, das seit mehr als zwei Jahrzehnten von einem
radikal geführten Bürgerkrieg heimgesucht ist, stoßen die Träume der
jungen Frau rasch
an ihre Grenzen: In mit schwarzem Tuschestift gezeichneten Comicbildern
(Panels) fallen Schatten auf die Gesichter der Figuren und beengen
deren Handlungsräume. Indem in der Architektur der einzelnen Seiten das
Aneinanderstellen dieser gerahmten Panels immer
wieder durchbrochen wird, scheinen sich die Figuren Freiräume zu
schaffen, stoßen jedoch stets an die Grenzen des Raumes und damit an die
Grenzen ihrer Möglichkeiten.
Die Bedrohung durch die militante islamistische
Al-Shabaab-Bewegung erhält in dieser Bildgestaltung körperlichen
Charakter und verdeutlicht, wie zwingend
Samias Aufbruch ist. Die Bildanordnung zeigt von da an die einer Flucht
implizite Bewegung durch den (geografischen) Raum: Das Vorankommen wird
parallelisiert mit den zahllosen Hürden des beschwerlichen Weges. Angst
und Gewaltakte werden in der plastischen
Mimik der Gesichter verdichtet, Samias Einsamkeit und Verzweiflung in
den vielfach entleerten Szenerien sichtbar.
Die genutzte Schwarz-Weiß-Technik sorgt dabei für das Gefühl, dass
es letztlich kein Entkommen gibt – für Samia ebenso wenig wie für den
Betrachter. Wegschauen,
wie im Alltag der Nachrichtenflut, ist hier jedoch nicht möglich. Denn
der Blick fällt nicht nur auf ein weltpolitisch oftmals vergessenes
Kriegsszenario, sondern auch auf die weltwirtschaftliche
Verantwortlichkeit westlicher Wohlstandsgesellschaften für die
Ausbeutung der Ressourcen afrikanischer Länder.
Reinhard Kleist gestaltet auf eindringliche Weise eine Biografie
im Comic-Format und fordert damit Mitgefühl und christliche
Handlungsnotwendigkeit heraus.
Er wählt das authentische Schicksal eines somalischen Mädchens, das auf
der Flucht umgekommen ist. Letztlich bleibt Samia nur die Hoffnung auf
einen Zieleinlauf in einen paradiesischen Urzustand. Gerade in diesem
Schlussbild verfestigt sich die Mahnung an
unser christlich verantwortetes Handeln.
Zum Autor
Reinhard Kleist, geboren 1970 in Hürth bei Köln, studierte Grafik
und Design in Münster und lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin.
Kleist veröffentlichte zahlreiche Comics und Graphic Novels.
Darüber hinaus war er als Artdirector für Trickfilme tätig. Er wurde für
seine Werke bereits mit mehreren
Preisen ausgezeichnet, darunter erhielt er den Max und Moritz-Preis für
„Lovecraft“ (Ehapa) und für „Cash – I see a darkness“ (Carlsen). Mit
der Biographie „Der Boxer“ des jüdischen Boxers Hertzko Haft gewann
Reinhard Kleist 2013 den Deutschen Jugendliteraturpreis in
der Kategorie „Sachbuch“. Sein vorliegendes Werk „Der Traum von Olympia“
erschien in veränderter Fassung 2014 als Fortsetzungsgeschichte in der
Frankfurter Allgemeinen
Zeitung.
Hinweise:
·
Zum Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis
der Deutschen Bischofskonferenz ist die Arbeitshilfe Nr. 281 „Preisbuch
2016 und empfohlene Bücher“ mit ausführlichen
Rezensionen aller Titel sowie ein Preisträgerplakat 2016 im Format DIN
A1 erschienen. Beides kann unter
www.dbk.de in der Rubrik
Veröffentlichungen
bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden. Hier geht es direkt zur Broschüre
Preisbuch
und zum Plakat.
·
Informationen zur Jury und zur Geschichte des
Preises sowie alle Siegertitel inklusive Jurybegründungen seit 1979
finden Sie unter
www.dbk.de auf der Seite
„Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis“ (Rubrik Initiativen).
·
Fotos der Titel der Empfehlungsliste 2016 sowie aller Preisbücher seit 1979 sind kostenpflichtig abrufbereit bei KNA-Bild,
www.kna-bild.de, Tel.
0228 26000-0.
Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 16. März 2016
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