Auch überzeugte Öko-Kunden sind bereit für Bio-Online-Shops
Fallstudie der Universität Hohenheim in Berlin zeigt neues
Bio-Kaufverhalten / Regionale Produkte dürfen auch aus benachbarten
Bundesländern stammen
Vor
allem Bio-Stammkunden mit Kindern können sich zunehmend vorstellen, den Bio-Einkauf
im Online-Shop zusammenzuklicken. Das zeigt eine repräsentative Studie der
Universität Hohenheim in Stuttgart am Beispiel Berlins. Im realen Leben kaufen
überzeugte Biokäufer vor allem im Bio-Supermarkt, Gelegenheitskäufer vor allem
im normalen Supermarkt und Discounter. Weiteres Ergebnis: Als „regional“ gelten
nicht nur Produkte aus der unmittelbaren Umgebung. Auch Waren aus benachbarten
Bundesländern werden noch als regional akzeptiert.
4 von 5 Menschen in der
Hauptstadt kaufen heute Bio. Der Rest der Republik dürfte bald nachziehen meint
Studienautor und Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Jens Vogelgesang von
der Universität Hohenheim in Stuttgart: „Berlin ist Trendsetter, vor allem im
Lifestyle-Bereich. Entwicklungen, die sich dort abspielen, können wir in den
folgenden Jahren meist bundesweit beobachten.“
Dabei hat der klassische kleine
Bioladen starke Konkurrenz bekommen: „Die Kunden kaufen heute überall, im
Supermarkt und Discounter, in Bio-Supermärkten, Bioläden und Wochenmärkten“, so
Prof. Dr. Vogelgesang.
Betrachtet man die
Ernährungsgewohnheiten der Bio-Käufer genauer, zeigen sich sehr wohl
Unterschiede bei den Einkaufsstätten: „In Discountern und Supermärkten finden
wir v.a. Gelegenheits-Biokäufer. Läden mit reinem Biosortiment haben vor allem
Kunden, die sich nur oder überwiegend von Bioprodukten ernähren.“
Biokäufer stammen zunehmend aus allen Altersgruppen und Schichten
Die Studie zeigt auch: Bio ist
nicht mehr exklusiv. „Vor allem bei den überzeugten Biokunden finden wir noch
die klassischen Charakteristika: Sie sind überwiegend einkommensstark, gut
gebildet mit leicht höherem Frauenanteil.“ Aber: „Die Grenzen verwischen sich:
spätestens bei den Gelegenheitskäufern finden wir heute alle Altersgruppen,
Bildungs- und Einkommensschichten.“
Andere Faktoren spielten laut
Prof. Dr. Vogelgesang hingegen eine weniger große Rolle bei der Entscheidung
zum Biokonsum: „Einschränkungen wie eine vegetarische Ernährung oder
Lebensmittelunverträglichkeiten hatten einen weniger großen Einfluss auf das
Kaufverhalten als erwartet: 28 Prozent der Biokäufer ernähren sich vorwiegend
oder komplett vegetarisch; nur 8 Prozent berichteten, dass sie sich laktose-,
gluten- oder fruktosefrei ernähren.“
Vor allem Familien mit Kindern fänden Bio-Online-Shoppen attraktiv
Ein vergleichsweise junger
Trend sei die Bereitschaft zum Bio-Online-Shoppen. „Sowohl häufige als auch
gelegentliche Biokonsumenten bestellen bereits online Lebensmittel oder können
sich dies zumindest vorstellen.“
Besonders Familien mit Kindern
fänden dieses Angebot attraktiv: 37 Prozent von ihnen können sich vorstellen,
Lebensmittel online zu bestellen. 20 Prozent tun es bereits – im Vergleich zu
25 bzw. 11 Prozent der befragten Biokäufer ohne Kinder.
Wichtig ist allen befragten
Biokunden dabei, dass sie sich ihre Produkte einzeln zusammenstellen können. 84
Prozent der Biokäufer finden dies attraktiv, nur jeweils 8 Prozent möchten
hingegen fertige Produktboxen oder ausgewählte Zutaten für ein Gericht nach
Rezept geschickt bekommen.
„Regionalität“ erweist sich als dehnbarer Begriff
Aufschlussreich ist auch ein
weiteres Studiendetail: Die Definition von Regionalität. „Der Begriff ist nicht
geschützt, weswegen die Ansichten darüber, welche Transportwege für
Lebensmittel noch als regional gelten, auseinandergehen können“, erklärt Prof.
Dr. Vogelgesang.
Übertragen auf bundesdeutsche
Verhältnisse gelten v.a. Produkte aus dem eigenen oder benachbarten Bundesland
bei einer Mehrheit der Befragten als regional. Weitere Entfernungen werden
maximal von einem Drittel der Befragten akzeptiert.
Die befragten Berliner waren
sich jedoch weitgehend einig: Ein Apfel aus dem Berliner Umland in Brandenburg
gelte auf jeden Fall als regional. Drei Viertel bis zwei Drittel akzeptieren
auch die Herkunft aus angrenzenden Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt oder Sachsen. Ein Apfel aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein,
Hamburg oder Hessen hätte es bei zwei Drittel der Befragten dagegen schwer,
diese Bezeichnung noch zu verdienen.
HINTERGRUND:
In der repräsentativen Studie
wurden 511 zufällig ausgewählte Personen ab 14 Jahren aus Berliner Haushalten
befragt. Die Universität Hohenheim erarbeitete einen umfassenden Fragebogen
rund um Konsum und Einkauf von Biolebensmitteln, der dem
Marktforschungsinstitut Forsa als Grundlage für eine zehntägige telefonische
Befragung diente. 82 Prozent der Befragten gaben dabei an, Biolebensmittel zu
kaufen. Finanziert wurde die Studie in Kooperation von der Universität
Hohenheim und der Bio-Supermarktkette „Bio Company“.
Mitteilung der Universität Hohenheim am 11. März 2016
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