Donnerstag, 14. Januar 2016

„Ihr seid nicht vergessen“

Abschluss des 16. Internationalen Bischofstreffens im Heiligen Land
 
Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Naher und Mittlerer Osten“ der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg-Stuttgart), hat dazu aufgerufen, die christliche Verantwortung für den Nächsten wahrzunehmen und das schwerwiegende Schicksal der Flüchtlinge und Notleidenden nicht zu vergessen. Zum Abschluss des „16. Internationalen Bischofstreffens zur Solidarität mit den Christen im Heiligen Land“ betonte Weihbischof Renz, dass Christen dazu berufen seien, sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen. „Für die meisten irakischen Flüchtlinge, mit denen wir intensiv gesprochen haben, ist eine Rückkehr in ihr Heimatland keine Option. Ein ‚christenfreier‘ Irak aber wäre ein Sieg der Extremisten. Soweit darf es nicht kommen.“ Weihbischof Renz erklärte weiter: „Die einzige Möglichkeit, das Leid der Millionen Flüchtlinge zu lindern, ist Frieden zu schaffen.“
 
Erster Schwerpunkt des diesjährigen Treffens, an dem seit vergangenem Samstag (9. Januar 2016) 13 Vertreter nationaler Bischofskonferenzen aus zwölf Ländern sowie die führenden Repräsentanten der Kirche im Heiligen Land teilnahmen, war die Begegnung mit den Christen in Bethlehem, Taybeh und dem Cremisan-Tal in den palästinensischen Gebieten. Weihbischof Renz konnte sich vor Ort ein Bild der Lage im Cremisan-Tal machen, wo die von Israel verfügte Grenzziehung zu den palästinensischen Gebieten mit besonderer Härte für die Zivilbevölkerung verbunden ist. „Das Ausmaß der Zerstörung ist nicht abzusehen. Wir müssen den Menschen helfen, nach vorne zu schauen und ihre Verbitterung zu überwinden. Die Situation darf nicht zu neuer Gewalt führen. Elementar ist, dass Zukunftsperspektiven entwickelt werden“, so Weihbischof Renz.
 
In ihrer Abschlusserklärung betonen die Bischöfe der „Holy Land Coordination“: „Wir müssen denen, die nicht gehört werden, eine Stimme geben. An die christliche Gemeinschaft und die jungen Menschen von Gaza: Ihr seid nicht vergessen. Der Krieg 2014 führte zur Zerstörung von tausenden Häusern und der Infrastruktur von Gaza, ebenso wie zu Toten auf beiden Seiten, Israelis und Palästinensern ... Die Blockade macht ihr Leben weiterhin hoffnungslos und sie leben wirklich wie in einem Gefängnis.“ Und weiter erklären die Bischöfe: „An jene Israelis und Palästinenser, die Frieden suchen: Ihr seid nicht vergessen. Das Recht Israels auf ein Leben in Sicherheit ist offenkundig, aber die andauernde Besatzung zerfrisst die Seelen beider, des Besatzers und des Besetzten.“ Aufgrund der Vorbereitungen für den Bau der umstrittenen israelischen Sperrmauer waren die Vertreter der Bischofskonferenzen an einem Besuch des Cremisan-Tals bei Beit Jala gehindert worden mit der Begründung, das Gebiet sei militärische Sperrzone.
 
Zweiter Schwerpunkt des 16. Internationalen Bischofstreffens, das unter dem Leitwort „Solidarität mit den verfolgten Christen im Mittleren Osten“ stand, war der Besuch der Ortskirche von Jordanien und von Nichtregierungsorganisationen in Amman, Fuheis und Madaba und Treffen mit mehreren irakischen Flüchtlingsfamilien. Weihbischof Renz würdigte die Hilfe von Caritas Jordanien und dem „Our Lady of Peace Center“ in Amman, die gemeinsam christliche Flüchtlinge unterstützen. Dabei werden elementare Materialien wie Decken zur Verfügung gestellt sowie ärztliche Hilfe angeboten, aber auch Zukunftsperspektiven aufgebaut, zum Beispiel durch Schulunterricht, Betreuung von Menschen mit Behinderung und Schulung von Kindern zur Konfliktlösung. „Es ist großartig, was christliche Hilfsorganisationen, aber auch die Kirchen vor Ort leisten. Das kann aber nicht alles sein. Die internationale Gemeinschaft darf in ihrer Hilfsbereitschaft Flüchtlinge nicht nach Nationen oder Religionen unterteilen, sie alle brauchen unsere Hilfe, unsere Solidarität und unser Gebet“, erklärte Weihbischof Renz.
 
„Zahlreiche persönliche Gespräche mit Priestern und Flüchtlingen vor Ort haben uns die Frustration der Flüchtlinge deutlich gemacht. Sie können weder zurück in ihre Heimat, noch können sie – unter anderem aus finanziellen Gründen – weiterreisen“, so Weihbischof Renz, „Die Flüchtlinge stehen vor einem vollkommenen Neubeginn. Und dieser erfordert eine echte Perspektive und viel Mut, darin müssen wir sie unterstützen.“
 
In ihrer Erklärung zum Abschluss des Treffens schreiben die Bischöfe: „An die Priester, religiösen Gemeinschaften und Laien in der jordanischen Kirche: Ihr seid nicht vergessen. Die Kirche in Jordanien ist lebendig und wächst, aber Christen haben Angst vor dem wachsenden Extremismus in der Region. Es bleibt zu hoffen, dass uns der Grundlagenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Palästina ein Modell des Dialogs und der Kooperation zwischen Staaten bietet, das den Frieden der Religionen und die Gewissensfreiheit für alle Menschen respektiert und schützt.“
 
An der Konferenz haben neben Weihbischof Thomas Maria Renz auch Erzbischof Stephen Brislin (Kapstadt, Südafrika), Bischof Pierre Bürcher (Reykjavik, Island), Bischof Oscar Cantu (La Cruces, USA), Bischof Rodolfo Cetoloni OFM (Grosseto, Italien), Bischof Michel Dubost (Evry, Frankreich), Bischof Lionel Gendron (Saint-Jean, Kanada), Bischof Dr. Felix Gmür (Basel, Schweiz), Weihbischof William Kenney (Birmingham, Großbritannien), Bischof Declan Lang (Clifton, Großbritannien), Bischof John McAreavey (Dromore, Irland), Bischof William Nolan (Galloway, Schottland) und Erzbischof Joan Vives (Urgell, Spanien) teilgenommen.
 
Hinweis:

Die Abschlusserklärung des 16. Internationalen Bischofstreffens ist als pdf-Datei im Anhang sowie unter www.dbk.de zu finden.
Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. Januar 2016

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