Der
Ossietzky-Hof in Nordhausen ist ein Projekt
der
Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen. Der Wohnhof in Nord,
bestehend aus drei DDR-Plattenbauten, ist eines von insgesamt rund 30
IBA Vorhaben, die im Freistaat umgesetzt werden sollen. Modellhaft
soll hier gezeigt werden, wie ein typischer DDR-Wohnblock und sein
Umfeld so umgestaltet werden kann, dass er als solcher noch erkennbar
bleibt, aber ein modernes und nachhaltiges Zuhause für alle
Altersgruppen werden kann. „Unser Ziel ist es, eine bessere
Aufenthaltsqualität, höhere Nachhaltigkeit und eine höhere
Funktionalität zu erreichen“, beschreibt Inge Klaan, die
Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft, den
Umbauprozess.
Aktuell
laufen die Vertragsverhandlungen mit dem Architekturbüro Hütten und
Paläste aus Berlin, das den Wettbewerb gewonnen hatte. Baubeginn ist
der SWG-Chefin zufolge für frühestens 2020 geplant. Die Arbeiten
werden an dem zum bereits Großteil leerstehenden einstigen
Schwesternwohnheim beginnen.
Was
ist die Internationale Bauausstellung (IBA)?
Die
IBA Thüringen steht in der Tradition großer deutscher
Bauausstellungen. Die erste IBA fand 1901 in Darmstadt statt.
Innerhalb einer mehr als hundertjährigen Geschichte haben sich die
Aufgaben der IBA stark gewandelt. Stand zu Beginn des 20.
Jahrhunderts noch der Gedanke einer internationalen Leistungsschau im
Vordergrund, verschob sich später der Fokus auf große
städtebauliche und regionale Entwicklungsprozesse im
Wohnungsbestand. Heute sind Internationale Bauausstellungen ein
bewährtes Instrument der Baukultur und innovativer Stadt- und
Regionalentwicklung.
Unter
welchem Thema arbeitet die IBA in Thüringen?
In
Thüringen steht die IBA unter dem Motto „StadtLand“. Bis 2023
sollen 30 Vorhaben, die speziell auf den ländlich geprägten
Freistaat zugeschnitten sind, realisiert werden. Es geht darum, neue
Standards zu erproben, neue Funktionen in Stadt und Land zu
identifizieren sowie deren Zusammenhänge zu stärken. Im Fokus
stehen nachhaltige und experimentelle Projekte, die als Blaupause im
eher ländlich geprägten Thüringen mit seinen eher kleinen Städten
dienen.
Was
ist das Besondere an dem Nordhäuser IBA-Projekt Ossietzky-Quartier
der SWG?
Mit
dem Ossietzky-Quartier soll ein Musterhof geschaffen werden, dessen
Prinzipien auch an anderer Stelle in Nordhausen umgesetzt werden
können. In Nordhausen-Nord leben überdurchschnittlich viele ältere
Menschen. In den kommenden Jahren wird sich das Wohnviertel deshalb
in seiner sozialen und demografischen Bewohnerschaft ändern – mit
einem Stadtumbauprozess wollen Stadt und SWG gemeinsam auf diesen
Umstand reagieren. „Mit dem IBA-Projekt haben wir eine gute Antwort
darauf gefunden, wie wir zeitgemäß und ressourcenschonend sanieren
können“, sagt Klaan. Klares Ziel des Wettbewerbes war es auch,
eine Antwort auf die Frage zu finden: Was muss baulich getan werden,
um langfristig eine gute Nebenkostenstruktur für die Mieter zu
erreichen.
Warum
profitiert Nordhausen von dem IBA-Projekt?
Klaan
verweist auf die Expertise und auf die interdisziplinäre
Zusammenarbeit von Experten. Ende Mai findet beispielsweise ein
internationales IBA-Labor in Apolda statt, wo das Vorhaben
„Ossietzky-Hof“ detailliert vorgestellt wird. „Anhand des
Projektes Ossietzky-Hof wurden integrierte Lösungen gesucht, die
Wohnen, Soziales, Freiraum, Mobilität, Energie, Wasser und
Versorgung auf dem Hof zusammendenken“, beschreibt
IBA-Projektleiterin Kerstin Faber die Vorteile.
Dem
Architektenwettbewerb war bereits eine von der Stadt beauftragte
städtebauliche Rahmenplanung der Büros Teleinternetcafe und HWK
Landschaftsarchitektur vorausgegangen. In diesem Zusammenhang wurde
auch die Idee des barrierefreien „Loops“ geboren. Dabei handelt
es sich um einen verbindenden Rundweg, der die unterschiedlichen
Angebote des Stadtteilzentrums gestalterisch und funktional
aufwertet.
Wie
soll der Ossietzky-Hof nach der Sanierung aussehen?
Das
Team um „Hütten und Paläste“ hat vielschichtige bauliche
Eingriffe an den Gebäuden vorgeschlagen: von minimalen
Grundrissänderungen zwecks Schwellenfreiheit und Wohnwertsteigerung
bis hin zu großräumigen Additionen von Gemeinschaftsterrassen.
Mit
die stärksten Veränderungen soll es am östlichen Wohnblock geben.
Das Gebäude des verbreiteten Typs WBS 70 soll zur „flexiblen
Mehrwertplatte“ werden; mit Maisonettwohnungen im Erd- und 1.
Obergeschoss und einem breiten Laubengang. Dessen Fläche sollen sich
die Bewohner in den oberen Geschossen aufteilen oder gemeinsam
nutzen.
Beim
mittleren und längsten Gebäude beließen es die Planer bei kleinen
Änderungen, wie Öffnungen zum Hof im Erdgeschoss.
Das
einstige Schwesternwohnheim soll umfassend umgestaltet werden: Die
1-Zimmer- werden zu 2- bis 3-Zimmerwohnungen zusammengelegt und der
bestehende Laubengang als Loggia ausgebaut.
Für
die energetische Sanierung der Häuser sollen der Stromverbrauch und
der Wärmeverlust des Heizsystems optimiert sowie Dach und Keller
isoliert werden. Dämmmaterialien auf Erdölbasis werden vermieden,
ebenso eine Komplettisolierung der Wohnblöcke. „Die Gestaltung von
Ressourcenschutz zugunsten von mehr Lebensqualität verspricht ein
wegweisendes Pilotprojekt mit hoher Übertragbarkeit zu werden.“,
ist Kerstin Faber überzeugt.
Der
Hof soll die grüne Lunge des Quartiers werden. Die Freiflächen
sollen grüner, versiegelte Areale zum Teil wieder rückgebaut
werden. Regenwasser soll im Hof gespeichert werden. Den Hof sollen
die Bewohner in Zukunft individueller nutzen können, es wird aber
auch Gemeinschaftsflächen geben.
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