Wer in seiner Klasse zu den Jüngsten gehört, schneidet in der Schule häufig schlechter ab – später aber nicht mehr
Viele Eltern machen sich heute Sorgen, dass ihr Kind zu jung für die Einschulung sei. Tatsächlich schneiden jüngere Schulkinder in Tests in Mathematik und Deutsch durchschnittlich schlechter ab als ihre älteren Klassenkameraden. Dieser Unterschied ist jedoch größtenteils auf die Schulzeit begrenzt. Im Erwachsenenalter bleiben kaum Nachteile bestehen – lediglich beim Wortschatz zeigen sich langfristige Effekte. Dies hat ein Forscherteam der Freien Universität Berlin und des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden.Die wichtigsten Ergebnisse:
- Das Alter bei der Einschulung hat im späteren Leben keinen Einfluss auf die Kompetenzen in Mathematik oder das Textverständnis. Eine Ausnahme: Wer in der Klasse zu den Jüngsten gehörte, hat im Erwachsenenalter durchschnittlich einen kleineren Wortschatz.
- Die jüngeren Kinder in der Klasse gehen im Durchschnitt seltener auf ein Gymnasium. Dies könnte auch eine Erklärung für den geringeren Wortschatz sein. Während die Basiskompetenzen in Mathematik und Leseverständnis in allen Schulformen der Sekundarstufe gleichermaßen vermittelt werden, wird der Wortschatz im Gymnasium vermutlich stärker trainiert.
- Trotz der unterschiedlichen Schullaufbahn wirkt sich das Einschulungsalter nicht auf spätere Bildungsabschlüsse aus. Das heißt, dass jünger eingeschulte Kinder zwar seltener Abitur machen, jedoch genauso häufig studieren oder eine duale Berufsausbildung absolvieren wie ihre älteren Mitschüler. ´
- Da der höchste berufliche Abschluss in Deutschland für den beruflichen Erfolg und das Einkommen eine wichtigere Rolle spielt als der Schulabschluss, dürften die Auswirkungen des Einschulungsalters auf den Arbeitsmarkterfolg eher gering sein. Das bestätigen auch Studien aus Skandinavien, wonach sich die über den Lebenszyklus erzielten Löhne nicht zwischen Erwachsenen unterscheiden, die zu den Jüngsten oder den Ältesten in der Klasse gehörten.
„Die schulischen Nachteile eines jungen Einschulungsalters spielen keine Rolle mehr, wenn die Kinder älter werden. Sie sind im Erwachsenenalter unbedeutend für die erworbenen Basiskompetenzen, die wiederum maßgeblich für den Arbeitsmarkterfolg sind“, sagt Koautorin Katja Görlitz, Juniorprofessorin an der FU Berlin und Mitglied des RWI Research Network. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Eltern bei normalem Entwicklungsstand ihres Kindes unbesorgt für eine reguläre Einschulung entscheiden können, auch wenn ihr Kind damit zu den Jüngsten in der Klasse gehört.“
Für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler deutsche Befragungsdaten des Nationalen Bildungspanels von Erwachsenen im Alter zwischen 23 und 71 Jahren. Die Befragten mussten Testaufgaben in Mathematik, Leseverständnis und dem Wortschatz lösen, die je nach Fragestellung zwischen 4.000 und 6.000 Teilnehmenden gestellt wurden.
Sabine Weiler Kommunikation
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Mitteilung des idw – Informationsdienst Wissenschaft am 07.02.2019
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