Fake News und Journalismus für den Frieden
Bischof Dr. Gebhard Fürst zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel
Am
9. September 2018 begeht die katholische Kirche den 52. Welttag der
sozialen Kommunikationsmittel. Dazu hat Papst Franziskus eine Botschaft
veröffentlicht, die
unter dem Titel steht: „‚Die Wahrheit wird euch befreien‘ (Joh 8,32).
Fake News und Journalismus für den Frieden“. Zum Welttag der sozialen
Kommunikationsmittel erklärt der Vorsitzende der Publizistischen
Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof
Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart):
Papst
Franziskus ruft uns zum diesjährigen Welttag der sozialen
Kommunikationsmittel, auch Mediensonntag genannt, auf, dem Phänomen von
Fake News mutig zu begegnen.
Seine Botschaft und sein Anliegen greife ich gerne auf: Alle
Medienverantwortlichen – im säkularen wie im kirchlichen Raum – müssen
mit vereinten Kräften daran arbeiten, Fake News keinen Platz zu lassen.
Das gelingt uns mit einem qualitätsbetonten Journalismus,
der sich – trotz Alltagshektik und Druck in den Redaktionen – die Zeit
der klugen und aufmerksamen, tiefgreifenden und engagierten Recherche
nimmt und zunächst der Wahrheit auf den Grund geht. Doch nicht nur die
Journalisten der klassischen Medien, sondern
wir alle sind aufgerufen, nicht vorschnell Meinungen zu produzieren und
provozieren. Mit Sorge nehme ich zur Kenntnis, wie über die sozialen
Medien – hier nenne ich explizit Facebook und Twitter – einzelne
Personen oder Gruppierungen immer wieder mit haltlosen
Behauptungen und gezielten Falschinformationen Stimmung machen und
Meinungen beeinflussen. Die Ereignisse von Chemnitz haben dies leider
wieder mit aller Deutlichkeit gezeigt.
In
seiner Botschaft warnt Papst Franziskus davor, in einer von Hochmut und
Egoismus geleiteten Welt dem Fehler zu verfallen, die
Kommunikationsgabe auf entstellte Weise
zu nutzen. Diese Entstellung komme in einer Verdrehung der Wahrheit auf
individueller wie auch kollektiver Ebene zum Ausdruck. Es ist gut, wenn
Papst Franziskus die gemeinsame Verpflichtung einfordert, „der
Verbreitung von Falschmeldungen zuvorzukommen, den
Wert des Journalistenberufes neu zu entdecken …“, wie er schreibt.
Vielleicht ist es gerade deshalb ein gutes Zeichen, dass unsere
katholische Journalistenschule, das Institut zur Förderung
publizistischen Nachwuchses (ifp), in diesen Wochen ihr 50-jähriges
Bestehen feiert. Mit dem Institut setzen wir uns als Kirche für den
Wert des Journalistenberufs ebenso ein wie für einen qualitäts- und
anspruchsvollen Journalismus. Ich freue mich, dass Papst Franziskus die
Absolventen der vergangenen 50 Jahre im November
in einer Audienz in Rom empfangen wird.
„Niemand
von uns“, so schreibt der Papst weiter, „kann sich der Verantwortung
entziehen … Unwahrheiten entgegenzutreten.“ Ich begrüße diese Haltung
von Papst Franziskus
außerordentlich, wenn er die Eigenverantwortung der Medienschaffenden,
aber auch der Mediennutzer betont: Wir haben alle eine Verantwortung,
die wir nicht vernachlässigen dürfen. Wer diese Verantwortung ernst
nimmt, wird Fake News keinen Raum lassen. Auch
in einer immer mehr nach der aktuellsten „News“ lechzenden Welt – Papst
Franziskus benutzt den Begriff „Gier“ – brauchen wir im Journalismus
und in der Mediennutzung Besonnenheit: im Umgang mit den Medien, im
Umgang mit den Informationen, im Umgang mit den
Ereignissen. Mir scheint, und das möchte ich zum diesjährigen
Mediensonntag unterstreichen, dass wir einen kühlen Kopf benötigen, um
Falsches vom Richtigen zu unterscheiden, um in der aufgeregten Situation
eines Ereignisses Ruhe zu bewahren und Informationen
richtig zu veröffentlichen. Deshalb appelliere ich an uns als Kirche
und Gesellschaft: Helfen wir mit einer gewissen Form von Gelassenheit,
nicht der medialen Gier zu verfallen, sondern Sachinformationen und
Fachrecherchen in Ruhe und Professionalität zu suchen.
Nur so lässt sich Wahrheit finden, nur so lässt sich Wahrheit fördern,
nur so lässt sich Wahrheit vermitteln. Hier rufe ich den Evangelisten
Johannes in Erinnerung, den Papst Franziskus im Titel seiner Botschaft
zu Wort kommen lässt: „Die Wahrheit wird euch
befreien“ (Joh 8,32). Und Franziskus fügt hinzu, dass diese
Wahrheit stets neu aufgespürt werden muss. Das ist ein gutes Bild, wie
ich meine: Die Wahrheit aufspüren, sich auf diese Spurensuche begeben,
aus der Gemütlichkeit aufbrechen und Arbeit, Kraft
und Geschick in das Aufspüren der Wahrheit investieren. Besorgt nehme
ich zur Kenntnis, dass in vielen Medienhäusern aufgrund von Einsparungen
die personellen Ressourcen für tiefgehende Recherchen, für das
Aufspüren der Wahrheit immer mehr schwinden. Hier
appelliere ich an die Verlage, nachhaltig in Qualitäts-Journalismus zu
investieren. Wie brauchen diesen heute mehr denn je. Darüber hinaus sind
wir alle gefragt, wenn Journalisten beim Aufspüren der Wahrheit verbal
oder tätlich angegriffen werden. Dies ist
in den vergangenen Monaten leider immer wieder geschehen – zuletzt bei
den Demonstrationen in Chemnitz. Die im Artikel 5 des Grundgesetzes
verankerte Pressefreiheit ist ein integraler Bestandteil unserer
Demokratie und bedarf unseres besonderen Schutzes.
Zum
Mediensonntag fordert Papst Franziskus einen Kampf gegen die
Falschheit. Das beste Mittel dazu seien nicht unbedingt Strategien
sondern Personen, die die Bereitschaft
haben, zuzuhören und einen ehrlichen Dialog zu wagen. Der Ausweg aus
der Verbreitung von Desinformation sei die Verantwortung. Hier sieht
Franziskus die Journalisten in der Pflicht, „die die Hüter der
Nachrichten sind“, die nicht nur einen Beruf hätten, sondern
eine Mission. Papst Franziskus meint einen Journalismus, „der sich
nicht verstellt; der der Unwahrheit, der Effekthascherei und dem
prahlerischen Reden den Kampf ansagt; ein Journalismus, der von Menschen
und für Menschen gemacht ist; der sich als ein Dienst
versteht, der allen Menschen zugutekommt, vor allem jenen – und das ist
in unserer heutigen Welt der Großteil –, die keine Stimme haben; ein
Journalismus, dem es nicht nur darum geht, Nachrichten so schnell und
lukrativ wie möglich ‚an den Mann zu bringen‘,
sondern der die tatsächlichen Ursachen der Konflikte zu erforschen
sucht“. Nicht nur Journalisten als Nachrichtenproduzenten müssen diese
Form der Kommunikation anwenden. Jeder muss in der Lage sein zu
verstehen, wie Kommunikation in den Medien und Wahrheitsfindung
funktionieren.
Das
ist es, was wir brauchen: um Wahrheit zu finden einen Journalismus, der
diese Wahrheit sucht. Wir brauchen neugierige Journalisten und
Medienschaffende; wir brauchen
einen Journalismus, der sich – zu 100 Prozent – der Wahrheit und
Menschenwürde verpflichtet weiß; wir brauchen einen Journalismus, der
Fake als Fake entlarvt und Facts als Fakten erkennt. Deshalb glaube ich:
Der Beruf Journalismus, oder besser wie Papst Franziskus
betont, die Mission Journalismus, ist wichtiger denn je. Ich bin
dankbar, dass wir mit den zahlreichen Medieneinrichtungen der
katholischen Kirche, insbesondere mit unserer Journalistenschule ifp in
München, aber auch der Clearingstelle Medienkompetenz in
Mainz, die Medienbildung und Aufklärung unter die Leute bringt, tagein,
tagaus einen Beitrag dazu leisten. Wahrheit im Journalismus ist unsere
Verantwortung als Medienschaffende und Mediennutzer. Mission possible!
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