Spanisches Flair im Theater Nordhausen trotzt dem deutschen Regen
von Ann-Kristin Reinke und Annelene Kruse
Einen
ganz speziellen Einblick in seine Arbeit gewährte das Theater
Nordhausen einer Gruppe Romanistik-Masterstudenten der Universität
Göttingen,
die im laufenden Semester die Gattung der Zarzuela erforschen. Die
Studierenden besuchten eine Probe zu „Luisa Fernanda“ von Federico
Moreno Torroba. „Luisa Fernanda“ ist eine berühmte, ja vielleicht die
beliebteste Vertreterin der Zarzuela. Darunter versteht
man eine eine spanische Form des Musiktheaters, die ähnlich der
Operette gesprochenen Text und vom Orchester begleiteten Gesang und Tanz
auf der Bühne vereint.
Nordhausen
präsentiert hier eine absolute Neuheit. Erst vor kurzem wurde das Werk
aus dem Spanischen übersetzt. „Trotz ihrer enormen Verbreitung
und Bedeutung im spanischsprachigen Raum ist die Zarzuela im restlichen
Europa
noch kaum angekommen“, erklärt als Spezialist für spanisches
Theater Professor Tobias Brandenberger. Da die Gattung durch das
Zusammenspiel all ihrer Komponenten begeistert, reicht
die bloße Lektüre des spanischen Originaltextes für die
Literaturwissenschaftler nicht aus. So steht dieses Semester auch Musik
und dann vor allem der Besuch der Inszenierung auf dem Programm.
Der
Probenbesuch war ein ganz besonderes Highlight: Sänger und Schauspieler
aus nächster Nähe bei der Erarbeitung eines Stückes begleiten zu
dürfen, ist nicht selbstverständlich. In Nordhausen empfingen der
spanische Regisseur Alfonso Romero Mora und mit ihm ein junges
international besetztes Ensemble die Studierenden.
Die
konzentrierte und herzliche Arbeitsatmosphäre auf der Probebühne
versetzte alle aus dem regnerischen Thüringen ins Madrid des Jahres
1868.
„Luisa Fernanda“ bietet verschiedene Konfliktsituationen, die in dem
Liebesdreieck zwischen Luisa Fernanda (Sabine Noack), Vidal Hernando
(Manos Kia) und Javier Moreno (Angelos Samartzis) gipfeln. Angesichts
der starken schauspielerischen Leistung und des
großartigen Gesangs fiel es den studentischen Zuschauern schwer, Partei
für einen der beiden Männer zu ergreifen. Sehr schnell wurde klar, wie
stark die Sänger bereits in dieser frühen Probenphase – Premiere ist am
18. November – voll in die Gedanken- und
Gefühlswelt ihrer Figuren eintauchen.
„Natürlich
muss ich als Tenor sie bekommen!“, schmunzelte Angelos Samartzis im
anschließenden Gespräch. Doch die Blicke, mit denen auch Vidal
Luisa Fernanda streift, sprechen Bände: Er sucht ihre Nähe, umgarnt sie
und gesteht ihr seine Liebe. Für wen wird sich Luisa Fernanda
entscheiden?
Ob
Happy End oder nicht, liegt sicherlich im Auge des Betrachters. Eins
steht aber fest: „Luisa Fernanda“ wird in der deutschen Erstaufführung
im Theater Nordhausen etwas ganz Besonderes. Denn obwohl die Besucher
der Probe noch keine Kostüme und Tänzer sahen und sich die musikalische
Begleitung auf ein Klavier beschränkte, überzeugt der kurze, aber
intensive Einblick in das Stück vollauf. Umso mehr
freuen die Studierenden sich jetzt auf die Aufführung im November. Sie
wünschen allen Beteiligten „Mucha mierda!“, wie man es im Spanischen vor
einer Premiere tut – und empfehlen dem Publikum, sich in die
leidenschaftliche Welt der spanischen Zarzuela entführen
zu lassen.
Foto:
Regisseur Alfonso Romero Mora aus Madrid gewährte den Göttinger
Studenten einen Einblick in die Arbeit an der Zarzuela „Luisa Fernanda“
am Theater Nordhausen
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