„Seht,
da ist der Mensch“
Bei
einem biblischen Morgenimpuls hat heute (27. Mai 2016) der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx,
das Leitwort des 100. Deutschen Katholikentags, „Seht, da ist der
Mensch“, als Ermutigung und Mahnung für die Menschheit ausgelegt.
Die biblische Aussage aus der Passion Jesu verweise nicht
oberflächlich auf einen Menschen, sondern fordere auf, den Menschen
tiefer zu verstehen. In der Leidensgeschichte Jesu laufe die ganze
Menschheitsgeschichte wie in einem Brennglas zusammen: „Jesus, der
Mensch, ist Leben, Licht, in ihm ist die Herrlichkeit. In jedem
Menschen erkennen wir das Antlitz Gottes. Damit verstehen wir den
Satz aus dem Johannesevangelium: ‚Seht, da ist der Mensch‘. Gott
begegnet uns im Menschen“, so Kardinal Marx.
Im
Wort des Pilatus werde die ganze Wirklichkeit des Menschen
aufgerufen. Das sei die Stunde der Wahrheit. Kardinal Marx erinnerte
dabei an die Plakatserie zur Vorbereitung des Katholikentags in
Leipzig, die großflächig Menschen verschiedener Herkunft und
Generationen zeige: „Mit den Plakaten ist uns deutlich gemacht
worden, dass wir auf den Menschen schauen müssen. Das fordert auch
die Bibel. Jeder Mensch soll in unserem Leben aufleuchten, besonders
der, der geschunden und geschlagen ist. Die ganze Wahrheit macht alle
und jeden Menschen aus“, sagte Kardinal Marx. Diese ganze Wahrheit
bedeute letztlich, dass der Gottesglaube keinen Moment des Menschen
ausschließe: „Das gilt vom Sündenfall bis Aleppo, von den größten
Errungenschaften des Menschen bis Ausschwitz! Die Wirklichkeit des
Menschen muss einen Ort haben. Wenn wir irgendetwas ausklammern, kann
der Glaube an Gott nicht bestehen. Wir können nur an einen Gott
glauben, der ermöglicht, dass alles aus- und angesprochen wird.“
Darauf verweise das Katholikentagsmotto: „Seht, da ist der Mensch“.
Die
Stunde der Wahrheit gelte auch für das Gottesbild des Menschen: „Es
kann nicht sein, dass wir Gott als Mittel für unsere Zwecke
gebrauchen, für eigene Ideologien nutzen und missbrauchen. Wir
können auch auf unsere eigene Geschichte schauen und müssen nicht
immer nur auf andere Religionen blicken. Gott zeigt seine uns
zugewandte Liebe, weil er in der Person Jesu von Nazareth das Gesicht
des Menschen, unseres Bruders angenommen hat“, so Kardinal Marx. In
Gott werde die ganze Wirklichkeit des Menschen sichtbar. So erhalte
der Mensch immer eine Perspektive der Hoffnung, trotz aller Gewalt
und Verfolgung. Der christliche Glaube sei dabei nie etwas
Exklusives: „Wir sind die Boten der Botschaft, dass Gott sich mit
jedem Menschen verbunden hat. Jeder ist Kind Gottes, darauf müssen
wir unser Handeln und Denken ausrichten. Jeder Mensch gehört in
diese Perspektive hinein. Wir können nie von Gott reden, ohne
zugleich vom Menschen zu sprechen“, betonte Kardinal Marx.
Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 27.05.16
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