Etwas irritiert wurde ich am Montag auf dem Weg von der Straßenbahn zum Dom durch eine
Demonstration von „Thügida“, deren Mitglieder und Anhänger sich
vor dem Rathaus versammelt hatten, um gegen die „Überfremdung
unserer Heimat“ zu demonstrieren. Dass sich demgegenüber auf dem
Lutherplatz Gegner dieser Proteste versammelt hatten, nahm ich
demgegenüber weniger wahr, der lag nicht auf meinem Weg. Und
demzufolge auch nicht, dass Intendant Lars Tietje dort durch eine
Rede die Gegner unterstützte, also für eine Willkommenskultur für
Flüchtlinge votierte. Thematisch allerdings tangierte dieses
Geschehen insoweit das Kreuzfest, als Lars Tietje in seinem späteren
Grußwort an die versammelten Kreuzfest-Gemeinde jenes Geschehen kurz
thematisierte.
Mein Bruder Eduard, der sich
auf dieses Kreuzfest gefreut hatte, das er dann nicht mehr erleben
konnte, hatte im vergangenen Jahr zum gleichen Anlass bemerkt
(Zitat):

„
Für die nun sehr
weiträumige Domgemeinde ist das eine gute Gelegenheit zu einem
"menschlichen Treffen und Kennenlernen" von Heringen bis
Sollstedt, von Großlohra und Bleicherode bis Ellrich.“ (Ende des
Zitats) Zu einer solchen Begegnung hatten sich auch diesmal viele
Gäste zum Kreuzfestempfang im Dom eingefunden, die dort zunächst
zum Auftakt ein imposantes Musikstück auf der Orgel hörten (Johann
Sebastian Bach: Fantasie g-Moll BWV 542), gespielt, wie ebenfalls im
Vorjahr, von Michael Kremzow, Kantor der Evang. Kirchengemeinde St.
Blasii, sicher Zeichen der Verbundenheit in der Ökumene.
Es folgte die Begrüßung der
Gäste und Vorstellung des Festredners, Dr. Eberhard Tiefensee,
Professor für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät
der Universität Erfurt, durch PGR(Pfarrgemeinderat)-Vorsitzenden
Norbert Klodt, der einiges zu tun hatte, um alle namentlich
relevanten Gäste aus dem Domgemeinde-Gebiet
zu begrüßen.
Dem folgte dann der
Festvortrag Prof. Tiefensees zum Thema „Macht Religion Sinn?“,
dessen denkbar hohes Niveau nur wenig gemildert wurde durch das
metaphysische Zugeständnis, das er eingangs seines Vortrags in
Aussicht gestellt hatte. Soweit ich seine Ausführungen als Laie
verstand, ging es dabei also nicht um bestimmte Religionen, sondern
grundsätzlich um die Frage, ob Religionen helfen können, den Sinn
des Lebens zu erkennen. Tiefensee zitierte u.a. Johann Wolfgang von
Goethe, der schon in seinen „Vermischten Schriften“ die
Abspaltung der Naturwissenschaften von geisteswissenschaftlicher
Seite in der Entstehung gesehen hatte. An einen Gott zu glauben heißt, die Frage nach dem Sinn des Lebens verstehen. An einen Gott
zu glauben heißt sehen, dass es mit den Tatsachen der Welt noch
nicht abgetan ist, und das Leben einen Sinn hat. Und das wiederum
bedeutet doch wohl, das eigene Sein zu begreifen. Und damit seine
Stellung und Aufgabe als Gemeinwesen in der Gesellschaft zu erkennen
und Rechnung zu tragen..
Die Ausführungen des
Professors beeindruckten sichtlich die Zuhörer und wurden am Schluss
mit Beifall bedacht. Pfarrer Richard Hentrich dankte dem Referenten
für seine Ausführungen und Norbert Klodt schloss sich in Form eines
Geschenkkorbes dem Dankenden an. Danach folgten Grußworte des
stellvertretenden Leiters des Humboldt-Gymnasiums, (benachbartes Haus
2) Volker Vogt, der Leiterin der Evang. Grundschule,
Lysann
Voigt-Huhnstock und des Intendanten Lars Tietje.
Erneut erklang dann die Orgel
(Sigrid Karg-Elert aus der „Partita retrospektiva“ op.151) von
Michael Kremzow meisterlich interpretiert. Schließlich trat noch
PGR-Mitglied Carla Buhl ans Rednerpult, allerdings, um die
versammelte Gemeinde zu einen Stehimbiss ins Kapitelhaus einzuladen.
Dem auch lebhaft entsprochen wurde, bot er doch auch noch ausreichend
Gelegenheit zu Begegnungen und Gesprächen. An denen ich nicht mehr
teilnahm, hatte ich doch Gelegenheit willkommener Mitfahrgelegenheit,
nachdem ein Gewitter mit anhaltendem Regen niederging. Der vermutlich
auch die eingangs erwähnten Demonstrationen beeinträchtigt hatte,
denn da war niemand mehr zu sehen. Ich erlebte jedenfalls ein
beeindruckendes, auch zu Nachdenken anregendes Kreuzfest, das mich
weiter beschäftigt.
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