Dienstag, 29. September 2015

Eine grandiose Ballettgala lässt viel erwarten und war doch getrübt

Mit großer Erwartung und Spannung, aber auch mit einiger Besorgnis besuchte ich am Samstag die Ballettgala im Theater Nordhausen. Besorgt deshalb, weil mir noch ein Bericht im Lokalteil der „Thüringer Allgemeine“ in Erinnerung war, der am 21.August unter dem Titel: „Muss Nordhausen sein
Ballett abgeben?“ erschienen war, in dem es u.a. hieß, dass Tage zuvor ein Arbeitspapier der rot-rot-grünen Landesregierung an die Öffentlichkeit gelangt sei, durch die die Befürchtung genährt werde, dass das Theater Nordhausen sein Ballett verlieren könnte. „Demnach könnte mit dem Dirigenten-Intendanten Klajner das Orchester in Nordhausen/Sondershausen zwar unangetastet bleiben, mit dem Weggang der beiden führenden Ballett-Köpfe aber das Ballett zugunsten Eisenachs abgeschafft oder dezimiert werden. Oder ist es Zufall, dass ausgerechnet Ballettdirektorin Jutta Ebnother und ihre rechte Hand Paul Zeplichal mit nach Schwerin
gehen?“, schrieb Thomas Müller, Leiter der „Nordhäuser Allgemeine“ (NA).
Lars Tietje zeigte sich verwundert, dass es bereits so weit fortgeschrittene Pläne geben soll. Eine Zusammenarbeit mit dem Theater Eisenach hält er nach dem Bericht zwar für sinnvoll, das Ballett allerdings sei für das Theater Nordhausen unverzichtbar., schon weil man ohne Ballett keine Oper machen könne. Das Ballett müsse am selben Ort wie die Oper sein.


Mit diesem Kenntnisstand also besuchte ich die Ballettgala, deren
Verlauf mich vorbehaltlos begeisterte. Und geradezu enthusiastischen Beifall der Zuschauer erhielt. Geboten wurden vornehmlich Ballettproben der kommenden Spielzeit, gleich zum Auftakt Clara Schumann, Pièces fugitives op.15 Nr. 1, F-Dur (am Klavier Nivia Hillerin-Filges.), die gleich ein Glanzstück der Gala darstellte. Das dann folgende Programm wurde bereichert und abgerundet durch Vorstellung und Interviews neuer Mitglieder des Ensembles, die aus Japan, Russland, Ungarn und Belgien kommen. Gleichzeitig neigt sich aber auch die Mitgliedschaft anderer Mitglieder dem Ende zu, wie etwa die von András Virág, der
immerhin zehn Jahre die Ballettkompanie erfolgreich verstärkte und demnächst nach Baden bei Wien wechselt. Lars Tietje als Moderator der Gala und Ballettdirektorin Jutta Ebnother wechselten sich insoweit bei Vorstellungen und Interviews ab.



Mir bleibt hier einzuräumen, dass meine temporären Hörprobleme mit sich brachten, dass ich den Gesprächsteilen der Gala nur schwer folgen konnte. Und mich deshalb hier bei dem Teil der Gespräche, in denen es um die Zukunft der Ballettkompanie am Theater Nordhausen ging, an dem zwischenzeitlich erschienenen Beitrag der NA orientiere. Dort heißt es (Auszug): „ "Ich bin mit meinem Nachfolger Daniel Klajner einig, dass wir das Ballett in Nordhausen erhalten wollen", sagte Intendant Lars Tietje“ (Ende des Auszugs). Die Reaktion war langanhaltender Beifall der Zuhörer.


Natürlich kann, nein, muss man die geäußerte Aussage und Absicht Lars Tietjes begrüßen. Nun wird aber doch in jenem NA Bericht vom 21.August u.a. Katja Mitteldorf zitiert, die kulturpolitische Sprecherin der Regierungspartei, der Linken. Mitteldorf bezeichnet das eingangs erwähnte Arbeitspapier als internes Diskussionspapier. „Frühestens im Oktober erwartet sie eine „ernsthafte Grundlage, über die wir diskutieren können“. Die Nordhäuser Ballettsparte, das sieht sie wie die Vorsitzende des Theater-Fördervereins, Barbara Rinke, sei nicht im Verhandlungspool“, so heißt es in jenem NA-Bericht. Ähnlich hatte
sich ja auch Birgit Keller, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Anfang des Monats beim Empfang des Theater-Fördervereins geäußert. Richtig aber ist doch wohl auch, dass die Intendantenzeit für Lars Tietje gerade in der entscheidenden Phase der Verhandlungen endet. Und Daniel Klajner am Theater Nordhausen noch keine Wurzeln geschlagen hat.


Mir fällt angesichts dieser Situation die Rede Bodo Ramelows ein, die er im September 2014 im Landtagswahlkampf in Nordhausen hielt, nach dem er Ministerpräsident wurde. Soweit es Nordhausen mit seinemTheater betrifft, führte er dabei wörtlich (nach Mitschnitt) aus: „Ja, und wenn ich neben dem Nordhäuser Theater stehe wiederhole ich das, was ich vor Stunden neben dem Altenburger Theater heute Vormittag schon gesagt habe: wir sind stolz darauf, ein Land zu sein mit soviel Kultur. Und Frau Lieberknecht hat erklärt, sie sei stolz darauf, dass in ihrer Amtsperiode kein einziges Theater, kein einziges Orchester geschlossen wurde. Und ich sage, formal stimmt das. Tatsächlich aber sind de ganzen Kultureinrichtungen zum Sterben verurteilt, weil sie ausgehungert werden. Das Beispiel des Landestheaters Eisenach, mit dem Nordhausen früher kooperiert hat. Und es war eine gute Kooperation zwischen Nordhausen, Eisenach und Rudolstadt. Das Landestheater in Eisenach hat jetzt einen Abbau vom Orchester gehabt, die sind auf ein komplettes Streichorchester reduziert worden. Die können keine Symphonie mehr aufführen. Die können vielleicht das Forellenquintett noch aufführen. Das heißt, da steht zwar noch Theater dran, aber innen drin ist ein sterbender Schwan am Laufen. Die Kultur, die lässt man absterben, weil die Gemeinden nicht das Geld haben, die kulturellen Aufgaben gemeinsam zu finanzieren. Deshalb brauchen wir endlich für die Theater und die Orchester und unsere Kultur einen kulturellen Lastenausgleich. Damit alle Landkreise und alle Gebietskörperschaften sich an den Kulturaufgaben finanziell beteiligen. Und deshalb braucht die Region auch in Nordhausen Unterstützung und Signale, dass es eben nicht ein Hobby von Nordhausen ist, ob man ein Theater hat oder nicht. Und ob das Loh-Orchester da ist oder nicht. Nein, das sind kulturelle Pflichtaufgaben, wir müssen sie nur anders finanzieren. Und deshalb ein klares Bekenntnis zu unseren Kultureinrichtungen, aber auch ein klares Bekenntnis, das Beispiel Altenburg habe ich gerade genannt. Zum Theater Altenburg gehört das Theater Gera. Im Theater Gera sind die Hälfte aller Theatergäste aus dem Landkreis Greiz. Der Landkreis Greiz zahlt keinen Cent dazu, dass das Fünf-Spartenhaus in Gera und Altenburg finanziert wird. Der Landkreis Altenburg und die Stadt Altenburg und die StadtGera zahlen gemeinsam, der Landkreis Greiz zahlt nichts dazu. Er nutzt die Theater als kulturellen Standort für alle seine Menschen, aber sie zahlen nicht. Und das meine ich mit der falschen Finanzierung. Und an dem Beispiel eben ein klares Bekenntnis für die Kultureinrichtung und für die kulturelle Finanzierung...“



Soweit Bodo Ramelow. Ich bin neugierig über den weiteren Verlauf. Und freue mich nach dieser begeisternden Ballettgala auf die Einzelaufführungen dieser Spielzeit. Dabei hoffe natürlich auch ich, dass die Ballettkompanie dem Theater Nordhausen erhalten bleibt

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