Mit
großer Erwartung und Spannung, aber auch mit einiger Besorgnis
besuchte ich am Samstag die Ballettgala im Theater Nordhausen.
Besorgt deshalb, weil mir noch ein Bericht im Lokalteil der
„Thüringer Allgemeine“ in Erinnerung war, der am 21.August unter
dem Titel: „Muss
Nordhausen sein
Ballett abgeben?“ erschienen war, in dem es u.a.
hieß, dass Tage zuvor ein Arbeitspapier der rot-rot-grünen
Landesregierung an die Öffentlichkeit gelangt sei, durch die die
Befürchtung genährt werde, dass das Theater Nordhausen sein Ballett
verlieren könnte. „Demnach könnte mit dem Dirigenten-Intendanten
Klajner
das Orchester in Nordhausen/Sondershausen zwar unangetastet bleiben,
mit dem Weggang der beiden führenden Ballett-Köpfe aber das Ballett
zugunsten Eisenachs abgeschafft oder dezimiert werden. Oder ist es
Zufall, dass ausgerechnet Ballettdirektorin Jutta
Ebnother
und ihre rechte Hand Paul
Zeplichal
mit nach Schwerin
gehen?“, schrieb Thomas Müller, Leiter der
„Nordhäuser Allgemeine“ (NA). Lars
Tietje
zeigte sich verwundert, dass es bereits so weit fortgeschrittene
Pläne geben soll. Eine Zusammenarbeit mit dem Theater Eisenach hält
er nach dem Bericht zwar für sinnvoll, das Ballett allerdings sei
für das Theater Nordhausen unverzichtbar., schon weil man ohne
Ballett keine Oper machen könne. Das Ballett müsse am selben Ort
wie die Oper sein.
Mit
diesem Kenntnisstand also besuchte ich die Ballettgala, deren
Verlauf
mich vorbehaltlos begeisterte. Und geradezu enthusiastischen Beifall
der Zuschauer erhielt. Geboten wurden vornehmlich Ballettproben der
kommenden Spielzeit, gleich zum Auftakt Clara Schumann, Pièces
fugitives op.15 Nr. 1, F-Dur (am Klavier Nivia Hillerin-Filges.), die
gleich ein Glanzstück der Gala darstellte. Das dann folgende
Programm wurde bereichert und abgerundet durch Vorstellung und
Interviews neuer Mitglieder des Ensembles, die aus Japan, Russland,
Ungarn und Belgien kommen. Gleichzeitig neigt sich aber auch die
Mitgliedschaft anderer Mitglieder dem Ende zu, wie etwa die von
András Virág, der
immerhin zehn Jahre die Ballettkompanie
erfolgreich verstärkte und demnächst nach Baden bei Wien wechselt.
Lars Tietje als Moderator der Gala und Ballettdirektorin Jutta
Ebnother wechselten sich insoweit bei Vorstellungen und Interviews
ab.
Mir
bleibt hier einzuräumen, dass meine temporären Hörprobleme mit
sich brachten, dass ich den Gesprächsteilen der Gala nur schwer
folgen konnte. Und mich deshalb hier bei dem Teil der Gespräche, in
denen es um die Zukunft der Ballettkompanie am Theater Nordhausen
ging, an dem zwischenzeitlich erschienenen Beitrag der NA orientiere.
Dort heißt es (Auszug): „ "Ich bin mit meinem Nachfolger
Daniel Klajner einig, dass wir das Ballett in Nordhausen erhalten
wollen", sagte Intendant Lars Tietje“ (Ende des Auszugs). Die
Reaktion war langanhaltender Beifall der Zuhörer.
Natürlich
kann, nein, muss man die geäußerte Aussage und Absicht Lars
Tietjes begrüßen. Nun wird aber doch in jenem NA Bericht vom
21.August u.a. Katja Mitteldorf zitiert, die kulturpolitische
Sprecherin der Regierungspartei, der Linken. Mitteldorf bezeichnet
das eingangs erwähnte Arbeitspapier als internes Diskussionspapier.
„Frühestens im Oktober erwartet sie eine „ernsthafte Grundlage,
über die wir diskutieren können“. Die Nordhäuser Ballettsparte,
das sieht sie wie die Vorsitzende des Theater-Fördervereins, Barbara
Rinke, sei nicht im Verhandlungspool“, so heißt es in jenem
NA-Bericht. Ähnlich hatte
sich ja auch Birgit Keller,
Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, Anfang des Monats
beim Empfang des Theater-Fördervereins geäußert. Richtig aber ist
doch wohl auch, dass die Intendantenzeit für Lars Tietje gerade in
der entscheidenden Phase der Verhandlungen endet. Und Daniel Klajner
am Theater Nordhausen noch keine Wurzeln geschlagen hat.
Mir
fällt angesichts dieser Situation die Rede Bodo Ramelows ein, die er
im September 2014 im Landtagswahlkampf in Nordhausen hielt, nach dem
er Ministerpräsident wurde. Soweit es Nordhausen mit seinemTheater
betrifft, führte er dabei wörtlich (nach Mitschnitt) aus: „Ja,
und wenn ich neben dem Nordhäuser Theater stehe wiederhole ich das,
was ich vor Stunden neben dem Altenburger Theater heute Vormittag
schon gesagt habe: wir sind stolz darauf, ein Land zu sein mit soviel
Kultur. Und Frau Lieberknecht hat erklärt, sie sei stolz darauf,
dass in ihrer Amtsperiode kein einziges Theater, kein einziges
Orchester geschlossen wurde. Und ich sage, formal stimmt das.
Tatsächlich aber sind de ganzen Kultureinrichtungen zum Sterben
verurteilt, weil sie ausgehungert werden. Das Beispiel des
Landestheaters Eisenach, mit dem Nordhausen früher kooperiert hat.
Und es war eine gute Kooperation zwischen Nordhausen, Eisenach und
Rudolstadt. Das Landestheater in Eisenach hat jetzt einen Abbau vom
Orchester gehabt, die sind auf ein komplettes Streichorchester
reduziert worden. Die können keine Symphonie mehr aufführen. Die
können vielleicht das Forellenquintett noch aufführen. Das heißt,
da steht zwar noch Theater dran, aber innen drin ist ein sterbender
Schwan am Laufen. Die Kultur, die lässt man absterben, weil die
Gemeinden nicht das Geld haben, die kulturellen Aufgaben gemeinsam zu
finanzieren. Deshalb brauchen wir endlich für die Theater und die
Orchester und unsere Kultur einen kulturellen Lastenausgleich. Damit
alle Landkreise und alle Gebietskörperschaften sich an den
Kulturaufgaben finanziell beteiligen. Und deshalb braucht die Region
auch in Nordhausen Unterstützung und Signale, dass es eben nicht ein
Hobby von Nordhausen ist, ob man ein Theater hat oder nicht. Und ob
das Loh-Orchester da ist oder nicht. Nein, das sind kulturelle
Pflichtaufgaben, wir müssen sie nur anders finanzieren. Und deshalb
ein klares Bekenntnis zu unseren Kultureinrichtungen, aber auch ein
klares Bekenntnis, das Beispiel Altenburg habe ich gerade genannt.
Zum Theater Altenburg gehört das Theater Gera. Im Theater Gera sind
die Hälfte aller Theatergäste aus dem Landkreis Greiz. Der
Landkreis Greiz zahlt keinen Cent dazu, dass das Fünf-Spartenhaus in
Gera und Altenburg finanziert wird. Der Landkreis Altenburg und die
Stadt Altenburg und die StadtGera zahlen gemeinsam, der Landkreis
Greiz zahlt nichts dazu. Er nutzt die Theater als kulturellen
Standort für alle seine Menschen, aber sie zahlen nicht. Und das
meine ich mit der falschen Finanzierung. Und an dem Beispiel eben ein
klares Bekenntnis für die Kultureinrichtung und für die kulturelle
Finanzierung...“
Soweit
Bodo Ramelow. Ich bin neugierig über den weiteren Verlauf. Und freue
mich nach dieser begeisternden Ballettgala auf die Einzelaufführungen
dieser Spielzeit. Dabei hoffe natürlich auch ich, dass die
Ballettkompanie dem Theater Nordhausen erhalten bleibt
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