Montag, 4. März 2013

pro vita-Akademie lud zum „Tag der offenen Tür“

Dazu öffnete die Akademie am Samstag für drei Stunden ganz weit ihre Türen. Und wer immer die Gelegenheit eines Besuches nutzte, konnte sich über das Innenleben der berufsbildenden Schule ein eigenes Bild machen. Und diese Gelegenheit ließ auch ich nicht ungenutzt.

In allen Unterrichts-, Werk- und Übungsräumen, in Turnhalle und Cafeteria pulsierte am Samstag in der Geschwister-Scholl-Straße 14 wie auch an normalen Unterrichtstagen das Leben. In der Vorschau zu diesem „Tag der offenen Tür“ war in der hauseigenen Zeitung zu lesen, die Schüler hätten verschiedene Aktionen zum Zuschauen und Mitmachen vorbereitet. Passend zur Jahreszeit könnten im Werkraum Osterüberraschungen angefertigt werden, Nach einer Proberunde Rollstuhltischtennis bieten die Masseure Entspannung und Wellness an. . .“

Für junge Menschen, die auf der Suche nach einen geeigneten Beruf für sich sind, mag eine solche Ankündigung Animation genug sein, um die Akademie zu besuchen. Meine Motivation war eine andere, denn als körperlich behindeter und betagter Mensch ist man noch immer verunsichert durch Medienberichte aus jüngster Zeit, in denen von Misshandlungen hilfsbedürftiger Menschen in Pflegeeinrichtungen die Rede war. Und in einer berufsbildenden Schule für Pflegeberufe ist es wohl am ehesten möglich, sich ein Bild von den Fachkräften zu machen, die demnächst in Ausübung ihres Berufes mit hilfsbedürftigen Menschen zu tun bekommen. Wobei wohl unbestritten ist, dass der Umgang mit bettlägerigen alten und kranken Menschen Probleme mit sich bringen kann. Das bekannt gute Image der „Profitianer“ legt also schon die Frage nahe, wie dieses Image während und durch die Ausbildung in der pro vita-Akademie vermittelt wird. Die drei Stunden, die dafür zur Verfügung standen, und die Erläuterungen durch die Leiterin der pro vita-Akademie, Uta Triebel, reichten dann knapp, um das wenigstens annähernd zu ergründen.

In diesem Haus in der Geschwister-Scholl-Straße 14 werden also vom Keller bis oben unterm Dach jeweils bis zu 600 Schüler beiderlei Geschlchts und unterschiedlichsten Alters in den Fächern der Altenpflege, Physiotherapie und Sozialkompetenz bis auf akademisches Niveau ausgebildet. Die pro vita-Akademie ist zugleich Berufsfachschule für Masseur/in, med. Bademeister, Erzieher/in, HeilerziehungspflegerInnen und Kinderpfleger/in. Nun fehlt mir zur Beurteilung der rein fachlichen Ausbildung natürlich die Kompetenz – die aber längst außer allem Zweifel steht – nicht aber zur pädagogischen, psychologischen, gesellschaftsrelevanten und musischen Seite der Ausbildung. Man begegnet also auf dem Gelände und der Akademie selbst vielen jungen Menschen, höflich, zuvorkommend und kommunikativ, was schon die Frage aufkommen lässt, wie dieses Zusammenleben und die Verhaltensweise dieser SchülerInnen zustande kommt.
Und erfährt – offen oder auf Umwegen - dass viele der SchülerInnen zu Beginn ihrer schulischen Ausbildung alles andere als freundschaftlich und/oder kollegial eingestellt oder gesonnen sind. Und sogar körperliche Auseinandersetzungen sind, wie zu hören war, anfangs nicht selten. Das Lehrpersonal ist also vom ersten Tag an gefordert, aus diesen vielen jungen Menschen erst einmal mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen eine Gemeinschaft werden zu lassen, die sich untereinander zusammenfinden und verstehen. Um dann weiter zu einer Einstellung in der Gesellschaft zu finden, die durch gegenseitige Achtung, Respekt und Höflichkeit gekennzeichnet ist. Zu vollwertigen Menschen im gesellschaftlichen Leben also. Und ganz ohne Zweifel bedarf es hervorragenden Lehrpersonals, das nicht nur vorgegebene Lehrpläne umsetzt, sondern auch in einer Weise psychologische Fähigkeiten besitzt und einsetzt, um diese jungen Menschen vom „ich“ zum „wir“ finden zu lassen.
Um sie dann – je nach Beruf - auf den Umgang mit ganz jungen (Kinderpflegerin) oder auch mit betagten und behinderten Menschen (Physiotherapeuten oder AltenpflegerIn) einzustimmen und für den von ihnen gewählten Beruf zu sensibilisieren und auszubilden. Sie lernen also auch mit ihrer beruflichen Ausbildung den Umgang mit Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen und – situationen, entwickeln Selbstbewusstsein und Urteilsvermögen und entdecken schließlich auch individuelle Neigungen (kulturell, künstlerisch, musikalisch) bei sich selbst. Um diese dann auch in geeigneter Weise – etwa in Theaterensembles oder musikalischen Interessengruppen - zu pflegen.
Das (Aus-)Bildungsprogramm ist also weit gefächert und setzt den Willen voraus, den Anleitung zu folgen und für sich fort zu entwickeln. Um eben „Profitianer“ zu werden. Zu denen es dann auch gehören kann, vor Publikum ( bei Theateraufführungen, Straßenfesten udgl.) aufzutreten.

In jedem Stockwerk und Unterrichtsraum wurden Teile des Ausbildungsprogramms demonstriert, es wurde daneben vorgelesen (Kasperl-)Theater nach eigenen Programmen und Texten gespielt, musiziert, gemalt, gebastelt und zum Mitmachen angeregt. Und in der Cafeteria Gäste bewirtet oder sich selbst verköstigt. Die pro vita-Akademie ist eine (Ausbildungs-)Welt für sich in beruflicher, aber auch persönlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Man wird eben „Profitianer“, und dieser Begriff ist sowohl Programm als auch Verpflichtung. Als Besucher verließ ich die pro vita-Akademie, selbst überzeugt vom Ruf dieser berufsbildenden Schule im 21. Jahr ihrer freien Trägerschaft. Und beruhigt hinsichtlich ihres künftigen Umgangs mit pflegebedürftigen Menschen.

Sei noch angefügt, dass zum bisherigen Ausbildungsgebäude ein weiteres auf der gegenüberliegenden Seite (Nr.9) dazugekommen ist, das sich noch in der Umgestaltungsphase befindet. Zu dem Areal gehört ein großer Garten, von dem es in der Hauszeitung heißt: „Die Arbeit im Garten wird den Hauswirtschaftsunterricht bereichern. Entsprechend der Jahreszeiten ernten die Schüler die Früchte und verarbeiten sie zu leckeren und gesunden Speisen. . .“ Die Geschwister-Scholl-Straße wird damit von der pro vita-Akademie dominiert. Und zumindest zeitweise von angehenden „Provitianern“ geradezu bevölkert. Zum jährlichen Straßenfest zum Beispiel bei dem sich deren aller Kreativität in allen ihren Erscheinungsformen zeigt. Sehr viel öfter und fast täglich allerdings von jenen, die den Griff zum Glimmstengel nicht lassen können. Und nachdem Rauchen innerhalb des Geländes der Schule verpönt ist, ziehen deshalb öfter Rauchschwaden durch die Geschwister-Scholl-Straße. Es ist wohl die einzige problematische Gewohnheit, die die jungen Leute mitbringen um am hartnäckigsten daran festzuhalten.

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