Erfurter Zoll: Nur sieben Prozent aller
Hotels
und Gaststätten kontrolliert
Kritik an fehlenden Zoll-Kontrollen: Verstöße gegen den
gesetzlichen Mindestlohn werden im Landkreis Nordhausen zu selten
geahndet – vor allem im Gastgewerbe. Das bemängelt die
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Nach Angaben der NGG
kontrollierte das zuständige Hauptzollamt Erfurt im vergangenen Jahr
407 Gastro-Betriebe. Das sind lediglich sieben Prozent aller Hotels
und Gaststätten im Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)
beim Erfurter Zoll. Im Jahr zuvor hatten die Beamten 435 Betriebe im
Gastgewerbe geprüft. Allein im Kreis Nordhausen zählt die Branche
131 Betriebe.
Insgesamt überprüfte das Hauptzollamt Erfurt im letzten Jahr
2.827 Arbeitgeber auf Schwarzarbeit, Lohn-Prellerei und Betrug bei
der Sozialversicherung. Wegen Verstößen gegen den gesetzlichen
Mindestlohn verhängten die Kontrolleure dabei Bußgelder in Höhe
von 274.000 Euro und leiteten 226 Ermittlungsverfahren ein – 97
davon im Gastgewerbe. Die Zoll-Bilanz geht aus einer aktuellen
Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der
Arbeitsmarkt-Expertin Beate Müller-Gemmeke (Grüne) hervor. Diese
liegt der NGG vor.
Geschäftsführerin Christl Semmisch nennt die Zahlen
„alarmierend“: „Von der Einführung des gesetzlichen
Mindestlohns Anfang 2015 sollten die Beschäftigten im Gastgewerbe
besonders profitieren. Aber viele Kellner, Köche und Co. gehen
offenbar leer aus. 97 eingeleitete Ermittlungsverfahren bei nur 407
geprüften Betrieben zeigen, dass die Zahl der Arbeitgeber, die ihren
Beschäftigten den Mindestlohn vorenthalten, noch immer viel zu hoch
ist.“
Der Zoll müsse seine Kontrollen auch im Kreis Nordhausen nun
dringend ausweiten, fordert Semmisch. Es dürfe nicht der Eindruck
entstehen, der Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde gelte nur
auf dem Papier. „Je stärker der Zoll kontrolliert, umso mehr
steigt das Risiko für Arbeitgeber, bei Tricksereien erwischt zu
werden. Die Politik hat den Mindestlohn per Gesetz vorgeschrieben.
Jetzt muss sie endlich dafür sorgen, dass er überall eingehalten
wird.“
Bundesweit sank die Zahl der Zoll-Kontrollen im Gastgewerbe nach
Angaben des Bundesfinanzministeriums allein im letzten Jahr um 17
Prozent. Die NGG zweifelt dabei an einem „ernsthaften Interesse des
Ministeriums, künftig mehr zu kontrollieren“. Stattdessen habe
sich Wolfgang Schäuble zuletzt für eine Lockerung des
Arbeitszeitgesetzes und tägliche Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden
im Gastgewerbe ausgesprochen. Christl Semmisch befürchtet, so könnte
„tagtäglicher Gesetzesbruch legalisiert werden“. Dem erteilt die
NGG eine Absage. Entscheidend seien mehr Kontrollen: „Wenn wenig
kontrolliert wird, blüht ein Schwarzmarkt mit der Arbeit und dem
Staat entgehen Millionen.“
Die Gewerkschaft fordert deutlich mehr Personal für die
Finanzkontrolle Schwarzarbeit, um wieder auf ein „ordentliches
Kontroll-Level“ zu kommen. Semmisch: „Bei der Einführung des
Mindestlohns hatte die Bundesregierung 1.600 zusätzliche
Kontrolleure für die FKS versprochen. Davon ist bislang weit und
breit nichts zu sehen.“
Christl
SemmischGeschäftsführerin
der
NGG-Region Thüringen
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