Schulleiterin muss nun auch entsprechend ihrer Tätigkeit bezahlt werden
Eine
angestellte ständige Vertreterin des Schulleiters eines Förderzentrums
hat Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 14 seit der
dauerhaften Übertragung dieser Funktion. Das hat das
Bundesarbeitsgericht (BAG) nach einer Klage der GEW Thüringen mit Urteil
vom 04.08.2016 entschieden (Az 6AZR 237/15), nun liegt auch die
begründete Fassung vor. Das Urteil hat positive Auswirkungen für viele
Beschäftigte und weitreichende finanzielle Konsequenzen für das Land
Thüringen. Bisher hat die Pädagogin
zwar die Aufgaben einer Schulleiterin erfüllt, wurde aber jahrelang
lediglich wie eine Lehrerin bezahlt. Im konkreten Fall macht das eine
Gehaltsdifferenz in Höhe von ca. 900,- Euro brutto pro Monat aus. Seit
Oktober 2011 ist die Pädagogin als stellvertretende Schulleiterin
bestellt und hat daraus nun einen Anspruch auf Nachzahlung in Höhe von
ca. 50.000 Euro brutto.
Die GEW Thüringen hat jetzt das
Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS)
aufgefordert, die Ergebnisse des Urteils des höchsten Arbeitsgerichts
Deutschlands auf die vielen Angestellten mit dauerhaft übertragenen
Funktionen an den circa 800 staatlichen Schulen umgehend zu übertragen.
Mit
diesem Urteil, das mit dem Rechtsschutz der GEW Thüringen erkämpft
wurde, sehen wir uns auf einem guten Weg im Bemühen um eine
funktionsgerechte Bezahlung. Angestellte bestellte Schulleiter*innen und
deren ständige Vertreter*innen sind gut beraten, ihre Ansprüche auf
Eingruppierung und Vergütung aus der höherwertigen Tätigkeit geltend zu
machen. Mitglieder der GEW Thüringen können sich an die
GEW-Landesrechtsstelle wenden, wir halten Musterschreiben für die
Geltendmachung bereit.
Zur Urteilsbegründung:Das
BAG hat die Anspruchsvoraussetzungen für die Vergütung danach
überprüft, ob die angestellte Klägerin die fachlichen und pädagogischen
Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt oder
nicht, also Erfüllerin oder Nichterfüllerin im Sinne der tariflichen
Regelungen ist. In beiden Fällen lässt sich der Vergütungsanspruch
herleiten.
Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als
stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach
nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. § 612 Abs. 1 BGB bildet so
unabhängig von einer Vergütungsvereinbarung die Rechtsgrundlage für den
Anspruch auf Vergütung.
Das BAG kommt hiernach zu dem Ergebnis,
dass die vertragliche Vereinbarung zur Vergütung nach der Entgeltgruppe
11 TV-L als Lehrerin ab dem Zeitpunkt der dauerhaften Übertragung der
Aufgaben einer ständigen Vertreterin des Schulleiters, nicht mehr
greifen kann. Mit der dauerhaften Bestellung zur ständigen Vertreterin
des Schulleiters hat sich das Staatliche Schulamt als Beklagter im
Einverständnis mit der Klägerin von der vertraglichen
Vergütungsvereinbarung gleichsam gelöst.
Deshalb steht nach §
612 BGB der Klägerin für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum
eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 TV-L zu. Denn „entscheidet sich
der öffentliche Arbeitgeber für eine zivilrechtliche Gestaltung seiner
Dienstverhältnisse, muss er die sich aus diesen Regeln ergebenden Folgen
gegen sich gelten lassen. Dies umfasst bei fehlender
Vergütungsvereinbarung die Erfüllung berechtigter Vergütungserwartungen
der betroffenen Arbeitnehmer nach § 612 BGB.“ (Auszug BAG-Urteil vom 04.08.2016)
In
der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle sieht das BAG
zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der
übertragenen Stelle entsprechende Vergütung.
Das BAG sieht
selbst in dem sog. „Verbot der Sprungbeförderung“ kein Problem, denn
nach den maßgeblichen Bestimmungen wäre der Landespersonalausschuss
berechtigt, Ausnahmen von den regelmäßig zu durchlaufenden Ämtern auf
Antrag zuzulassen. Aus welchem Grund das Ministerium von dieser
gesetzlichen Möglichkeit nie Gebrauch gemacht hat, blieb vor dem BAG
leider offen.
Nicht entschieden wurde die Frage, ob die Klägerin
zudem Anspruch auf Zahlung einer Amtszulage hat, die nach dem Thüringer
Besoldungsgesetz (ThürBesG) entsprechend der Schülerzahl an Beamte
gezahlt wird, oder nur auf Ermessensausübung des Arbeitgebers. Diese
Frage wurde mangels Sachaufklärung an das zuständige Thüringer
Landesarbeitsgericht (LAG Thüringen) zurückverwiesen.
Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen: Die
Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte und bedeutendste
bildungspolitische Kraft in Thüringen. Sie organisiert aktive und
ehemalige Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen.
Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die
Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen
Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und
Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum.
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