Dienstag, 8. November 2016

Die Demokratie kommt dem Islam in Deutschland offenbar gelegen

Es gibt einige Aufregung nach der Anne-Will- Talkshow vom Sonntag. Grund war die Teilnahme der Frauenbeauftragten des „Islamischen Zentralrats Schweiz, Nora Illi. In der WELT las ich dazu (Auszug): „Nora Illi hat am Sonntagabend in der „Anne Will“-Sendung Gäste und Zuschauer mit ihrem Auftritt provoziert. Die vollverschleierte Frau betrieb mit ihren kruden Thesen Propaganda für den radikalen Islam, waren sich Beobachter einig.“(Ende des Auszugs). Dazu bleibt mir zunächst als Zuseher dieser Talkshow vor dem Bildschirm die Bemerkung, dass es zwar eine teilweise recht lebhafte auch hektische Diskussion war, die zu leiten der Moderatorin Anne Will ihre Probleme hatte. Dass die vollverschleierte Nora Illi aber auch die unmittelbaren Zuhörer im Sendesaal in Aufregung versetzt haben soll, kann ich allerdings nicht bestätigen. Man applaudierte, wie gewohnt, manchen Aussagen der Diskutanten und bekundete damit emotionale Anteilnahme, aber Mißfallens- oder gar Protestbekundungen als Reaktion auf „provokante“ Aussagen oder Behauptungen der Nora Illi gab es in keinem Falle. Obwohl doch eine ganze Anzahl Kopftuchträgerinnen – also wohl Musliminnen – unter den Zuhörern zu sehen waren. Und Illi unter anderen behauptete, die Frau habe im Islam ganz viele Rechte und viele Möglichkeiten, sich auszuleben: „Wir müssen den Spagat zwischen Familien-Frau und Karriere-Frau, dem andere ausgesetzt sind, weniger machen“, meinte sie. „Wir können uns in unserer Rolle selbst entfalten. Wenn eine muslimische Frau beispielweise arbeite, müsse sie damit nicht zum Familienunterhalt beitragen.“ Ein unmittelbares Echo seitens der ZuhörerInnen im Sendesaal blieb aus.

Umso mehr kritische Stimmen gibt es im Internet. Bei N-tv etwa ist zu lesen (Auszug): „Im Internet sind die kritischen Stimmen deutlich. Die Sprecherin einer radikalen Splittergruppe erreiche nun dank der Sendung ein Millionenpublikum, heißt es da etwa. Viele Kommentatoren werfen in den sozialen Netzwerken die Frage auf, aus welchem Grund man solche Äußerungen überhaupt zeige. "Nicht nur aus Sicht von Herrn Bosbach wird hier islamistischer Propaganda eine Bühne geboten", schreibt etwa eine Zuschauerin auf Twitter.“ (Ende des Zitats).
Ich will es damit bewenden lassen und meine, dass es die demokratische Grundordnung, die hier gilt, allen möglichen Strömungen ermöglicht, sich hierzulande zu entfalten und auch öffentlich zu äußern. Und das gilt nicht nur für Demonstrationen etwa von Kurden, die hier unter dem Schutze der Polizei zum Widerstand gegen die Entwicklung in der Türkei aufrufen, wie kürzlich am Alexanderplatz in Berlin oder den Hauptbahnhöfen in Köln, Dortmund und Hannover. Während jene, die in der Türkei wirklich Widerstand zu leisten versuchen, von der dortigen Polizei gejagt, verfolgt und verhaftet werden. Und die so geartete Entwicklung geht weiter, sowohl hier, wie dort. Die türkische Gemeinde in Deutschland warnte angesichts der Eskalation am Bosporus vor offenen Konflikten zwischen den in Deutschland lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln.
"Die türkische Innenpolitik ist sehr präsent in Deutschland", lese ich bei „Deutscher Welle“ Dass sich inner-türkische Konfliktlinien in der Community der Deutschtürken spiegeln, zeigte sich schon in den vergangenen Jahren bei Großdemonstrationen von Erdogan-Gegnern wie Anhängern, bei Kundgebungen von AKP-Politikern sowie in den Wahlergebnissen in Deutschland lebender Türken.
Vor allem ein Trend ist zu beobachten: Viele türkischstämmige Deutsche identifizieren sich immer noch stark mit ihrem Herkunftsland. So veröffentlichte der Religionssoziologie Detlef Pollack erst im Juni eine umfangreiche Studie, in der er feststellte, dass Deutschtürken sich zwar gut integriert fühlten, zugleich aber glauben, nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Nun weiß ich allerdings nicht, wie diese Leute wahrgenommen werden wollen, wenn sie vielfach zwei Staatsbürgerschaften haben und je nach Gutdünken argumentieren?
Und nun lese ich heute, dass nach monatelangen Ermittlungen am Morgen fünf IS-Verdächtige in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen festgenommen wurden. Die Männer sollen laut Bundesanwaltschaft junge Muslime für die Terrormiliz rekrutiert haben. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Jäger, sagte nach einer MDR-Mitteilung, der aus Syrien zurückgekehrte Hinweisgeber habe erklärt, wie das Netzwerk funktioniere. Jäger sprach von einem gelungenen Schlag gegen die Chefideologen der salafistischen Szene in Deutschland.

Ich habe hier sicher einen großen, wohl auch unzusammenhängenden Bogen geschlagen. Mir ging es allerdings vor allem um einen Querschnitt der unterschiedlichsten islamistischer Aktivitäten in Deutschland. Und manche Medienredaktionen - wie zu Anne Will - sind naiv genug, um dem noch Vorschub zu leisten. Tendenz offenbar weiter zunehmend.

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