Dienstag, 18. Juni 2013

NUV vermittelte in Sachen Politik

Gestern trafen sich im Hof der Traditionsbrennerei Mitglieder und Gäste des Nordhäuser Unternehmerverbandes (NUV), um bei schönstem Juniwetter den BundestagskandidatInnen des Wahlkreises 189 (Eichsfeld – Nordhausen – Unstrut-Hainich) Gelegenheit zu geben, sich mit ihrem Wahlprogramm vorzustellen. Seinen Einladungen hatte der NUV vorangestellt: „... große Ereignisse werfen schon wieder ihre Schatten voraus...!“ Wörtlich war das natürlich schon für diese Veranstaltung nicht zu nehmen, denn das Podium, das für die KandidatInnen vorgesehen war, befand sich im besten Sonnenschein. Und wenn diese im Verlaufe der Gesprächsrunde ins Schwitzen gekommen sein sollten, dann sicher nicht
von den Fragen aus dem Auditorium, sondern von der Temperatur, der sie dort oben ausgesetzt waren.

Pünktlich um 18.00 Uhr eröffnete Moderator Peter-Stefan Greiner das Podiumsgespräch, das mit der Begrüßung der KandidatInnen und der gekommenen Mitglieder und Gäste durch den Vorsitzenden des NUV, Hans-Joachim Junker, eingeleitet wurde. Neben ihm am Podium hatten zuvor Platz genommen Sigrid Hupach (Linke), Carmen Listemann (SPD), Moderator Peter-Stefan Greiner (nnz-online) und Manfred Grund (CDU). Im Auditorium sah man unter anderen den Nordhäuser Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh, den früheren Landrat Joachim Claus und Vorsitzende und Vertreter der Parteien Die – im Falle von FDP und Bündnis 90/Grüne – auch deren entschuldigte Kandidaten Steffen Dreiling und John Dauert vertraten.

Was sich in der Folgezeit entspann war mehr eine persönliche Vorstellung der Kandidaten als eine Vorstellung ihres Wahlprogramms. Dazu konnte es auch schwerlich kommen, war ihnen seitens des Moderators doch nur jeweils eine Vorstellungszeit von drei Minuten zugestanden, die einzelne Kandidaten (bzw. deren Vertreter) dann sogar noch unterboten. Mir fiel bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung von Prof. Dr. Ekkehard Schulz (Uni Leipzig) ein, die er kürzlich während seines Vortrags zum Nahen Osten in der Kreissparkasse Nordhausen machte: dass er nämlich an keiner Veranstaltung (mehr) aktiv teilnimmt, in der man ihm eine beschränkte Redezeit vorgeben will. Weil er dann seinen Sachvortrag nicht in der Verständlichkeit halten kann, die er selbst für nötig hält. Und das als Anregung für Politiker und andere Sachexperten aussprach. Wo dabei dann allerdings die Grenze des Zumutbaren liegt, könnte zum Problem werden.

Nun hatte aber auch gerade gestern – um nur ein Beispiel anzuführen – das Handelsblatt berichtet, dass zum Beispiel die CDU ihren Programm-Entwurf zum Wahlprogramms fertig gestellt habe; und darüber berichtet. Und die Linke hatte doch gerade ihren Parteitag in Dresden beendet, in dem sie ihr Programm zur Bundestagswahl festlegte. Und ein solches in drei Minuten offerieren zu wollen, ist einfach illusorisch.

Hier also beschränkte sich tatsächlich jede der beiden Kandidatinnen und auch Manfred Grund (und vertretende Lokalpolitiker)auf je drei Minuten und versuchten, das Beste daraus zu machen. Und das waren neben der persönlichen Vorstellung gerade mal zwei oder drei Sätze als Eckpunkte ihrer Wahlprogramme. Es ist schlecht vorstellbar, wie die vom Auditorium zur Grundlage einer lebhaften Diskussion gemacht werden sollten. Als Zeitungsleser wusste man darüber sicher schon sehr viel mehr, als hier „verkündet“ wurde. Allerdings hieß es auch im Anhang der Einladung zu diesem Podiumsgespräch, dass aus Sicht des Vorstandes des Nordhäuser Unternehmerverbandes e.V. Gesprächsbedarf zu folgenden Themenfeldern im Abgleich zu den Positionen der Kandidaten besteht:
Nordthüringen nimmt im Ranking der Wirtschaftsleistung des Freistaates einen unbefriedigend hinteren Platz ein. Die Auswirkungen der Finanzkrise und damit einhergehende Wirtschaftskrise mit Unternehmenszusammenbrüchen sind noch relativ moderat.
Um Nordthüringen im Wettbewerb mit anderen Regionen zu stärken und zukunftmäßig auszurichten, brauchen wir
nachhaltiges Wirtschaftswachstum aus Neuansiedlung und Bestand

(u.a. funktionierende Wirtschaftsförderung, Entwicklung Industriegebiet Goldene Aue)
beschleunigte Realisierung der Verkehrsinfrastrukturprojekte

(Ausbau B4 Hainer Berge, sowie B243 Richtung Bad Sachsa)
Rahmenbedingungen für Arbeit und Wohnen zur Sicherung von Fachkräften
keine weiteren regionalen Restriktionen und Schutzzonen
Zusammenwirken aller Akteure (Verwaltungen, Behörden, Parteien, Wirtschaftsverbände) pro Nordthüringen

Es wäre also doch genügend Gesprächsstoff vorhanden gewesen, um eine Diskussion zu führen, und der Moderator selbst ging mit gutem Beispiel voran - der auch schon bis dahin rhetorisch bemüht war, eine günstige Gesprächsatmosphäre zu schaffen – und wandte sich mit der Frage an Manfred Grund, ob er denn überhaupt noch als Mitglied des Bundestages seit 1994 die richtige Motivation besitze, um sich wirklich intensiv dem Wahlkampf zu widmen, seine Kandidatenchancen können doch schon fast als Selbstläufer gesehen werden. Aus der Antwort Grunds war allerdings leicht zu erkennen, dass er Politiker aus Leidenschaft ist. Und dazu gehöre eben auch sein Engagement als Kandidat für die Region, wobei er als Beispiel neben den bisherigen Bundesinvestitionen in die Infrastruktur auch Freude an den zunehmenden Anfragen nach Bundesförderung für Einrichtungen hat, die mit Kultur, mit Tradition und mit Geschichte zu tun haben. Baudenkmäler etwa, die bundesweite Bedeutung haben. In der Region Nordhausen zum Beispiel gehören Schloss Heringen, die Basilika Münchenlohra, aber auch der Park Hohenrode dazu. Wobei es ihn freut, vermitteln zu können, wodurch ja auch Bürger zur weiteren Gestaltung angeregt werden.

Es war dann FH-Professor Gerd-Rainer Vollmer, der mit einer Frage zum Thema Solarenergie und -förderung die eigentliche Diskussion begann. Er hielt sich damit im regionalem Bereich, also Fragen etwa zu Einfuhrzöllen für Solarmadule aus China und deren Reaktion gehörten nicht dazu. Obwohl die doch, wirtschaftlich gesehen, von elementarer Bedeutung sind. Seine Frage wurde von den Kandidaten entsprechend der Auffassung ihrer Parteien beantwortet. Die dann folgenden Fragen tendierten zunehmend zur regionalen Infrastruktur, Verkehrsausbau der B4, der B 243. (siehe Gesprächsbedarf nach NUV-Vorstellungen). Hier war wieder vor allem Manfred Grund gefragt, der zwar offene Ohren für die vorgetragenen Forderungen zeigte, aber Prioritäten gesetzt haben möchte. Und da scheint der weitere Ausbau der B243 zunächst an der Reihe zu sein. Auch das Industriegebiet Goldene Aue wurde angesprochen, das aber mit dem Hinweis auf die Landesplanung beschieden wurde. An Bundesthemen wurde noch die Angleichung der Renten in der kommenden Legislaturperiode angefragt, doch waren dabei die Kandidaten einig, dass es eine solche kaum vor 2020 geben wird. Manfred Grund wies dabei auf den Zusammenhang mit der Lohnangleichung hin, was von seiner SPD-Kollegin auch bestätigt wurde. Ein reines Bundestagsthema war schließlich eine Frage zum Afghanistan-Engagement der Bundesregierung, das von der Vertreterin der Linke mit dem Hinweis strikt abgelehnt wurde, dass ihre Partei von vornherein gegen ein solches gewesen sei. Während Grund meinte, dass verbindliche Zusagen über die laufende Legislaturperiode hinaus nicht möglich seien.


Es war eine Diskussion, die wenig Spannung enthielt und eher schleppend verlief. Immerhin kennt man nun die KandidatInnen, soweit sie präsent waren und jeder der Teilnehmer kann sich danach ein eigenes Bild machen. Der Moderator leitet sicher, hatte es aber auch nicht schwer. Die anschließenden persönlichen Gespräche untereinander verliefen jedenfalls, wie leicht feststellbar war, interessanter und aufschlussreicher, wobei auch hier Manfred Grund seine politische Kompetenz und Cleverneß erkennen ließ. 96 Tage sind es nun noch bis zur Wahl zum 18. Deutschen Bundestag. Von der man in einer überregionalen Zeitung gerade gestern lesen konnte, dass die Wahlbeteiligung in 30 Jahren in Deutschland um fast 20 Prozent gesunken ist. Das ist so viel wie in kaum einer anderen westlichen Demokratie. Das Schlusswort verband der Moderator nicht grundlos, wenn auch recht allgemein gehalten, mit dem Appell, am 22. September zur Wahlurne zu gehen. Dem kann man sich eigentlich nur anschließen.

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