Gestern trafen sich im Hof der
Traditionsbrennerei Mitglieder und Gäste des Nordhäuser
Unternehmerverbandes (NUV), um bei schönstem Juniwetter den
BundestagskandidatInnen des Wahlkreises 189 (Eichsfeld – Nordhausen
– Unstrut-Hainich) Gelegenheit zu geben, sich mit ihrem
Wahlprogramm vorzustellen. Seinen Einladungen hatte der NUV
vorangestellt: „... große Ereignisse werfen schon wieder ihre
Schatten voraus...!“ Wörtlich war das natürlich schon für diese
Veranstaltung nicht zu nehmen, denn das Podium, das für die
KandidatInnen vorgesehen war, befand sich im besten Sonnenschein. Und
wenn diese im Verlaufe der Gesprächsrunde ins Schwitzen gekommen
sein sollten, dann sicher nicht
von den Fragen aus dem Auditorium,
sondern von der Temperatur, der sie dort oben ausgesetzt waren.
Pünktlich um 18.00 Uhr eröffnete
Moderator Peter-Stefan Greiner das Podiumsgespräch, das mit der
Begrüßung der KandidatInnen und der gekommenen Mitglieder und Gäste
durch den Vorsitzenden des NUV, Hans-Joachim Junker, eingeleitet
wurde. Neben ihm am Podium hatten zuvor Platz genommen Sigrid Hupach
(Linke), Carmen Listemann (SPD), Moderator Peter-Stefan Greiner
(nnz-online) und Manfred Grund (CDU). Im Auditorium sah man unter
anderen den Nordhäuser Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh, den
früheren Landrat Joachim Claus und Vorsitzende und Vertreter der
Parteien Die – im Falle von FDP und Bündnis 90/Grüne – auch
deren entschuldigte Kandidaten Steffen Dreiling und John Dauert
vertraten.
Was sich in der Folgezeit entspann war
mehr eine persönliche Vorstellung der Kandidaten als eine
Vorstellung ihres Wahlprogramms. Dazu konnte es auch schwerlich
kommen, war ihnen seitens des Moderators doch nur jeweils eine
Vorstellungszeit von drei Minuten zugestanden, die einzelne
Kandidaten (bzw. deren Vertreter) dann sogar noch unterboten. Mir
fiel bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung von Prof. Dr. Ekkehard
Schulz (Uni Leipzig) ein, die er kürzlich während seines Vortrags
zum Nahen Osten in der Kreissparkasse Nordhausen machte: dass er
nämlich an keiner Veranstaltung (mehr) aktiv teilnimmt, in der man
ihm eine beschränkte Redezeit vorgeben will. Weil er dann seinen
Sachvortrag nicht in der Verständlichkeit halten kann, die er selbst
für nötig hält. Und das als Anregung für Politiker und andere
Sachexperten aussprach. Wo dabei dann allerdings die Grenze des
Zumutbaren liegt, könnte zum Problem werden.
Nun hatte aber auch gerade gestern –
um nur ein Beispiel anzuführen – das Handelsblatt berichtet, dass
zum Beispiel die CDU ihren Programm-Entwurf zum Wahlprogramms fertig
gestellt habe; und darüber berichtet. Und die Linke hatte doch
gerade ihren Parteitag in Dresden beendet, in dem sie ihr Programm
zur Bundestagswahl festlegte. Und ein solches in drei Minuten
offerieren zu wollen, ist einfach illusorisch.
Hier also beschränkte sich tatsächlich
jede der beiden Kandidatinnen und auch Manfred Grund (und vertretende
Lokalpolitiker)auf je drei Minuten und versuchten, das Beste daraus
zu machen. Und das waren neben der persönlichen Vorstellung gerade
mal zwei oder drei Sätze als Eckpunkte ihrer Wahlprogramme. Es ist
schlecht vorstellbar, wie die vom Auditorium zur Grundlage einer
lebhaften Diskussion gemacht werden sollten. Als Zeitungsleser wusste
man darüber sicher schon sehr viel mehr, als hier „verkündet“
wurde. Allerdings hieß es auch im Anhang der Einladung zu diesem
Podiumsgespräch, dass aus Sicht des Vorstandes des Nordhäuser
Unternehmerverbandes e.V. Gesprächsbedarf zu folgenden Themenfeldern
im Abgleich zu den Positionen der Kandidaten besteht:
Nordthüringen
nimmt im Ranking der Wirtschaftsleistung des Freistaates einen
unbefriedigend hinteren Platz ein. Die Auswirkungen der Finanzkrise
und damit einhergehende Wirtschaftskrise mit
Unternehmenszusammenbrüchen sind noch relativ moderat.
Um
Nordthüringen im Wettbewerb mit anderen Regionen zu stärken und
zukunftmäßig auszurichten, brauchen wir
nachhaltiges
Wirtschaftswachstum aus Neuansiedlung und Bestand
(u.a.
funktionierende Wirtschaftsförderung, Entwicklung Industriegebiet
Goldene Aue)
beschleunigte
Realisierung der Verkehrsinfrastrukturprojekte
(Ausbau
B4 Hainer Berge, sowie B243 Richtung Bad Sachsa)
Rahmenbedingungen
für Arbeit und Wohnen zur Sicherung von Fachkräften
keine
weiteren regionalen Restriktionen und Schutzzonen
Zusammenwirken
aller Akteure (Verwaltungen, Behörden, Parteien,
Wirtschaftsverbände) pro Nordthüringen
Es wäre also doch genügend
Gesprächsstoff vorhanden gewesen, um eine Diskussion zu führen, und
der Moderator selbst ging mit gutem Beispiel voran - der auch schon
bis dahin rhetorisch bemüht war, eine günstige Gesprächsatmosphäre
zu schaffen – und wandte sich mit der Frage an Manfred Grund, ob
er denn überhaupt noch als Mitglied des Bundestages seit 1994 die
richtige Motivation besitze, um sich wirklich intensiv dem Wahlkampf
zu widmen, seine Kandidatenchancen können doch schon fast als
Selbstläufer gesehen werden. Aus der Antwort Grunds war allerdings
leicht zu erkennen, dass er Politiker aus Leidenschaft ist. Und dazu
gehöre eben auch sein Engagement als Kandidat für die Region, wobei
er als Beispiel neben den bisherigen Bundesinvestitionen in die
Infrastruktur auch Freude an den zunehmenden Anfragen nach
Bundesförderung für Einrichtungen hat, die mit Kultur, mit
Tradition und mit Geschichte zu tun haben. Baudenkmäler etwa, die
bundesweite Bedeutung haben. In der Region Nordhausen zum Beispiel
gehören Schloss Heringen, die Basilika Münchenlohra, aber auch der
Park Hohenrode dazu. Wobei es ihn freut, vermitteln zu können,
wodurch ja auch Bürger zur weiteren Gestaltung angeregt werden.
Es war dann FH-Professor Gerd-Rainer
Vollmer, der mit einer Frage zum Thema Solarenergie und -förderung
die eigentliche Diskussion begann. Er hielt sich damit im regionalem
Bereich, also Fragen etwa zu Einfuhrzöllen für Solarmadule aus
China und deren Reaktion gehörten nicht dazu. Obwohl die doch,
wirtschaftlich gesehen, von elementarer Bedeutung sind. Seine Frage
wurde von den Kandidaten entsprechend der Auffassung ihrer Parteien
beantwortet. Die dann folgenden Fragen tendierten zunehmend zur
regionalen Infrastruktur, Verkehrsausbau der B4, der B 243. (siehe
Gesprächsbedarf nach NUV-Vorstellungen). Hier war wieder vor allem
Manfred Grund gefragt, der zwar offene Ohren für die vorgetragenen
Forderungen zeigte, aber Prioritäten gesetzt haben möchte. Und da
scheint der weitere Ausbau der B243 zunächst an der Reihe zu sein.
Auch das Industriegebiet Goldene Aue wurde angesprochen, das aber mit
dem Hinweis auf die Landesplanung beschieden wurde. An Bundesthemen
wurde noch die Angleichung der Renten in der kommenden
Legislaturperiode angefragt, doch waren dabei die Kandidaten einig,
dass es eine solche kaum vor 2020 geben wird. Manfred Grund wies
dabei auf den Zusammenhang mit der Lohnangleichung hin, was von
seiner SPD-Kollegin auch bestätigt wurde. Ein reines Bundestagsthema
war schließlich eine Frage zum Afghanistan-Engagement der
Bundesregierung, das von der Vertreterin der Linke mit dem Hinweis
strikt abgelehnt wurde, dass ihre Partei von vornherein gegen ein
solches gewesen sei. Während Grund meinte, dass verbindliche Zusagen
über die laufende Legislaturperiode hinaus nicht möglich seien.
Es war eine Diskussion, die wenig
Spannung enthielt und eher schleppend verlief. Immerhin kennt man nun
die KandidatInnen, soweit sie präsent waren und jeder der Teilnehmer
kann sich danach ein eigenes Bild machen. Der Moderator leitet
sicher, hatte es aber auch nicht schwer. Die anschließenden
persönlichen Gespräche untereinander verliefen jedenfalls, wie
leicht feststellbar war, interessanter und aufschlussreicher, wobei
auch hier Manfred Grund seine politische Kompetenz und Cleverneß
erkennen ließ. 96 Tage sind es nun noch bis zur Wahl zum 18.
Deutschen Bundestag. Von der man in einer überregionalen Zeitung
gerade gestern lesen konnte, dass die Wahlbeteiligung in 30 Jahren in
Deutschland um fast 20 Prozent gesunken ist. Das ist so viel wie in
kaum einer anderen westlichen Demokratie. Das Schlusswort verband der
Moderator nicht grundlos, wenn auch recht allgemein gehalten, mit dem
Appell, am 22. September zur Wahlurne zu gehen. Dem kann man sich
eigentlich nur anschließen.
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