Welche Branchen wären besonders
betroffen?
Nach einer Analyse des Instituts für
Wirtschaftsforschung Halle (IWH) arbeiteten im Jahr 2011 in
Ostdeutschland etwa 25% und in Westdeutschland knapp
12% der Beschäftigten für einen
vereinbarten Bruttostundenlohn von weniger
als 8,50 Euro. Die Relation eines
Mindestlohnes dieser Höhe zum Medianlohna
liegt in Ostdeutschland bei 71% und in
Westdeutschland bei knapp 54%. In
einzelnen Branchen wäre diese Relation
jedoch wesentlich höher. Im ostdeutschen Gastgewerbe und in der
ostdeutschen Land- und Forstwirtschaft/
Fischerei würde der Schwellenwert von
8,50 Euro sogar über den im Jahr 2011
in diesen Branchen gezahlten
Medianlöhnen liegen. Aufgrund ihres geringen
gesamtwirtschaftlichen Gewichtes haben
diese Branchen dennoch nur einen
relativ kleinen Anteil an der Zahl der
Geringverdiener insgesamt. Spitzenreiter
sind hier die öffentlichen und
privaten Dienstleister. Dort arbeitete im Jahr
2011 ein Viertel aller Beschäftigten
für einen Stundenlohn unter 8,50 Euro.
Der Anteil der Frauen, deren
vereinbarter Bruttostundenlohn im Jahr 2011 unter
8,50 Euro lag, war mit 18,3% fast
doppelt so hoch wie bei den Männern (10,1%).
Dies ist unter anderem darauf
zurückzuführen, dass Frauen deutlich häufiger in
Teilzeit arbeiten bzw. einem Minijob
nachgehen. Bei Teilzeitjobs und bei Minijobs ist
der Anteil der Geringverdiener höher
als bei Vollzeitjobs. In Westdeutschland ist der
Unterschied zwischen den Geschlechtern
größer (16,3% zu 7,5%) als in Ostdeutschland (27,9% zu 22,5%).
Nach Einschätzung der Autoren der
Studie könnte die flächendeckende Einführung
eines Mindestlohnes von 8,50 Euro vor
allem in Branchen mit einem hohen Anteil
von Geringverdienern Arbeitsplätze in
Gefahr bringen. Dies gilt insbesondere für gering qualifizierte
Erwerbstätige, wenn der Mindestlohn nicht durch ihre Produktivität
gedeckt wird. Die Unternehmen könnten
auf die Einführung eines Mindestlohnes
auch mit einer Ausweitung der
unbezahlten Überstunden reagieren. Dies könnte
dazu führen, dass die effektiven
Bruttostundenlöhne sinken bzw. ein Teil der Beschäftigten nicht
mehr benötigt wird.
a Der Medianlohn gibt den Stundenlohn
an, bei dem genau die Hälfte der Beschäftigten weniger
bzw. mehr verdient.
Veröffentlichung:
BRAUTZSCH, HANS-ULRICH; SCHULTZ,
BIRGIT: Mindestlohn von 8,50 Euro: Wie viele verdienen weniger, und
in welchen Branchen arbeiten sie?, in: IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg.
19 (3), 2013, 49-52.
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