Diesmal also melde ich mich, nachdem
ich gestern die „Werkschau - Lothar Rechtacek und Familie“ im
Kunsthaus Meyenburg besuchte. Und nachdem ja am Dienstag mit einem
Querschnitt seines Schaffens eine Ausstellung in der Galerie der
Kreissparkasse Nordhausen eröffnet wurde, war ich neugierig, wie
diese Werkschau im Kunsthaus gestaltet werden würde.
Man kann die Frage stellen, warum in so
kurzer Zeit zwei Ausstellungen, die diesem Künstler gewidmet sind.
Der, so betonte es die Leiterin des Kunsthauses, Susanne Hinsching,
so viele Jahre die Kunstwelt in unserer Region entscheidend
mitgeprägt hat. Eine Antwort darauf könnte sein, dass es genau
deshalb der Galerie der Kreissparkasse ein Anliegen
war, dem viel zu
früh verstorbenen Künstler anlässlich seines 70. Geburtstages eine
Gedenkausstellung zu widmen. Es muss hier ja nicht (erneut) betont
werden, dass auch sie in anerkennenswerter Weise mit ihren
Ausstellungen seit nunmehr schon Jahrzehnten das künstlerische
Geschehen in der Region maßgeblich mitgestaltet. Und demgegenüber
das Kunsthaus Meyenburg als Dominante in Sachen Kunst in der Region
schon „von amts wegen“ Maßstäbe setzt. Erinnert sei in diesem
Zusammenhang, dass ja auch die Jugendkunstschule, die von Lothar
Rechtacek mitbegründet wurde, über Jahre in den Kellerräumen des
Kunsthauses beheimatet war. Von dessen Wirken in dieser Schule der
Künstler Jürgen Rennebach am Dienstag in der Galerie der
Kreissparkasse als Laudator unter anderen ausführte: „Als
Gründungsmitglied dieser Kultureinrichtung und langjähriger Dozent übertrug er ungezählten jungen und auch älteren Menschen seine Begeisterung am Kunstmachen. So erhielten viele Mädchen und Jungen zudem das Rüstzeug für eine erfolgreiche Ausbildung oder ein künstlerisches Studium...“ Und in Erinnerung an seine eigene Erfahrung wusste er, wie wichtig dieses Rüstzeug ist, um Zugang zum Studium zu erhalten
Ich hatte die Laudatio Jürgen
Rennebachs in ihren kunstbezogenen Teilen weitgehend wörtlich nach
dem Mitschnitt wiedergegeben. Und wenn ich versuche, auch die
Ausführungen der Leiterin des Kunsthauses, der Kunsthistorikerin
Susanne Hinsching, in ihren wesentlichen Teilen möglichst
authentisch wiederzugeben, muss es natürlich zu Überschneidungen
bzw. Wiederholungen kommen, schon weil die Sichtweise des Künstlers
und die der Kunsthistorikerin so unterschiedlich ja nicht sind.
Zu dieser Werkschau, die ja auch die
Tippgeber-Mamsell der „Thüringer Allgemeine“ empfohlen hatte,
ohne selbst oder einer der Redakteure dieser Zeitung zu erscheinen,
waren gestern doch zahlreiche Gäste gekommen, die schon an der
Vernissage in der Galerie der Kreissparkasse teilgenommen hatten. Die
auch die Atmosphäre dieser Veranstaltung prägten. Etwas sach- oder
kunstbezogener als in der Kreissparkasse, deren Vernissage ja einige
Besucher mehr zählte, die sie zu einem mehr gesellschaftlichen Event
werden ließ. Eröffnet wurde die Werkschau musikalisch von dem Duo
Martina Zimmermann (man kannte sie vom Trio Contrabass in der
Sparkasse, auch hier mit ihrem Instrument) und Steffi Faltermeier
(Klarinette) denen auch die weitere musikalische Gestaltung oblag.
Derer sie in höchst ansprechender Weise gerecht wurden.
Zum inhaltlichen Teil der Werkschau
führte Susanne Hinsching aus, dass: „. . .unsere Ausstellung . .
. auch als Erweiterung der Ausstellung in der Sparkasse zu sehen
(ist), um damit Ihnen und allen kunstinteressierten Besuchern und
Freunden Lothar Rechtaceks die Möglichkeit zu geben, viele seiner
Werke gleichzeitig zu betrachten. Ergänzt wird unsere Ausstellung
durch Werke der Familie Rechtacek, also seiner Witwe Elke
und seines
Sohnes Wulf.“
Und weil es sich also um eine
Erweiterung jener Ausstellung in der Sparkasse handelt, will ich auch
der Kunsthistorikerin mit ihrer Laudatio breiteren Raum einräumen,
auch wenn es, wie schon bemerkt, dabei gelegentlich zu
Überschneidungen kommt.
Hinsching zitierte eingangs ihrer
Laudatio Johann Wolfgang von Goethe mit der Erkenntnis: „Natur
und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen, und haben sich, eh man es
denkt, gefunden.“und meinte,
dass dies als Leitsatz für die Kunst des 1943 im Teplitz- Schönau
(jetzt Tschechien) geborenen und in Niedersachswerfen aufgewachsenen
Künstler dienen könnte. „Lothar Rechtacek war Realist aus
Überzeugung“, fügte die Kunsthistorikerin an und führte weiter
aus, „Er hat sich seit seinem Studium an der Hochschule für
Bildende Kunst in Berlin-Weißensee der gegenständlichen Malerei
verschrieben. Für Rechtacek war gerade die gegenständliche Malerei
die älteste Darstellungsweise überhaupt – seit der Urgesellschaft
versuchen die Menschen realistisch abzubilden – und damit ist sie
auch die einzige Stilrichtung, die wirklich zeitlos ist. Dabei war
Rechtacek natürlich kein absoluter Gegner des Gegenstandslosen, für
ihn war es immer wichtig, dass Kunst in jeglicher Form von Können
kommt. Deshalb war bei Lothar Rechtacek das Können stets mit dem
Handwerk verbunden.
Nachdem die Leiterin des Kunsthauses
dazu ausgeführt hatte, dass der Künstler vor seinem Studium eine
Malerlehre absolvierte, und dann an der Fachhochschule in Potsdam
dekorative Malerei studierte, haben ihn diese Fertigkeiten vor allem
nach der Wende, in den für Künstler flauen Zeiten, gute Dienste
erwiesen. Hinsching streifte in ihren Ausführungen das Schaffen des
Künstlers in dessen Berliner Zeit als Mitglied des Verbandes der
Bildenden Künstler, das er lange Jahre war, in der Gestaltung vieler
Skulpturen vor allem Tierplastiken, z.B. Im Auftrag von Prof. Dathe
für den Tierpark in Berlin.
In diesem Zusammenhang erinnerte
Susanne Hinsching „Aufgrund seines Mangels an Bronze in der DDR“,
so die Kunsthistorikerin „verwendete Rechtacek häufig auch Beton
für seine Plastiken“, und nahm schon vorweg: „Beispielsweise
auch für die Säule vor dem Rosengarten, welche die meisten
Nordhäuser sicher kennen.“(Siehe das Bild dazu )
Nach seiner 20-jährigen Tätigkeit in
Berlin, u.a. als Leiter des Grafikzentrums Pankow, in der er schon
dort den künstlerischen Nachwuchs förderte, und anschließender
freischaffender Tätigkeit, kehrte Rechtacek wieder in seine
Heimatregion zurück, zuerst nach Heringen und später dann in die
schöne alte Mühle nach Holbach. Das jetzt noch das Domizil für
seine Kunst und seine Tiere sind, nunmehr von seiner Frau und seinem
Sohn bewirtschaftet. Vor allem seine Hunde, die häufig auch die
Modelle seiner Werke bildeten.
„Seine bevorzugten Themen in der
Bildhauerei als auch in der Malerei und Grafik waren stets Mensch und
Tier“, erläuterte Hinsching, um sich dann weiter mit dem Schaffen
Rechtaceks zu befassen: „Dabei bildete die umgebende Landschaft zu
Figur und Tier eher Beiwerk. Häufig stehen seine Figuren sogar vor
einem
neutralen Hintergrund, um die dargestellten Personen – egal
ob Portraits oder Akte, die es dem Künstler übrigens besonders
angetan haben, - wie sie im grünen Raum stehen, - besser in den
Mittelpunkt des Betrachters zu rücken,“ meinte die
Kunsthistorikerin. Und diese eher dezente Bemerkung Hinschings zur
Vorliebe Rechtaceks für die Aktmalerei muss nun wohl aus meiner
Sicht etwas „intensiver“ ausgedrückt werden: Rechtacek nämlich
verstand es, Frauen, die ihm als Model geeignet schienen, über kurz
oder lang auch als solches für seine Malerei zu gewinnen. Und es
soll wenige Frauen gegeben haben, die dem Angebot Rechtaceks, ihm
Model zu stehen, widerstanden. Und die dabei entstandenen Bilder
zeugen oft von deren Freizügigkeit oder künstlerischer
Willfährigkeit. Und die Kunsthistorikerin ließ dazu ja auch wissen:
„Die künstlerische Qualität seiner Portraits besteht vor allem
darin, dass es dem Künstler gelingt, neben der äußerlichen
Ähnlichkeit, durch die Wahl von Mimik und Gestik, auch die
Charaktere der dargestellten Personen hervorzuheben.“
„Ein beliebtes Thema Rechtacek's“,
so die Leiterin des Kunsthauses weiter, „ist die Motivwelt der
germanischen Mystik und Mythologie, wie die Bilder „Wotan“ oder
„Freche Elfe“ in unserer Ausstellung zeigen. Diese bestechen
durch ihre expressive Farbgebung. Das flammende Rot und die
intensiven Farbkontraste von türkis bis violett bringen die
mystische Stimmung besonders hervor,
Rechtaceks Kunst ist ehrlich, darin
sind sich alle Kenner des Künstlers und seiner Kunst einig. „Er
verzichtet auf jegliche Form von Effekthascherei“, führte
Hinsching dazu aus. „Seine Effekte entstehen nur durch eine
besondere Malweise. Der Maler arbeitet dabei stets dünn mit der
Farbe, niemals pastös, trotzdem erzielt er ungewöhnliche und
faszinierende Wirkungen, besonders bei den mythologischen Themen.
Seine Tierdarstellungen zeigen –
sowohl in der Plastik als auch in Malerei und Grafik – ein
intensives Naturstudium. Viele der Werke scheinen wie eine
Momentaufnahme von ekstatischer Bewegung. Auch hier fängt er die
jeweiligen Charaktere selbst der exotischsten Tiere genau ein, z.B.
bei der „Wildkatze“ die in unserer Ausstellung unter anderen zu
sehen ist.
Dass ihm die angewandte Kunst nicht
fremd war, zeigt sich vor allem in der Beherrschung zahlreicher, ja
fast aller künstlerischen Techniken, sowohl in der Grafik – in der
er zwar die Lithographie bevorzugte – als auch in der Malerei –
mit Fresko oder Enkaustik, oder den verschiedensten Glastechniken.
Dieses Wissen stellte Lothar Rechtacek auch seinen Kollegen zur
Verfügung, so dass die verschiedensten künstlerischen
Gemeinschaftsprojekte entstanden, z.B. die Skulpturen anlässlich der
Landesgartenschau in Nordhausen an der Wasserachse oder der „Arche“.
Auch die Kunsthausleiterin erinnerte an
die langen Jahre, in denen Rechtacek neben seiner freischaffenden
Tätigkeit als Künstler auch als Dozent an der Nordhäuser
Jugendkunstschule tätig war. Und viel Zeit in den Räumen
verbrachte, die jetzt der Ausstellung seiner Werke dienen.
Damit näherte sich Susanne Hinsching
dem Ende ihrer Laudatio und schloss mit dem Hinweis: „Auch wenn
Lothar Rechtacek Picasso eigentlich nicht mochte, möchte ich mit
einem Zitat von ihm enden: „Kunst ist eine Lüge, die uns die
Wahrheit erkennen lässt.“ Mit dieser Weisheit empfahl die
Kunsthistorikerin den Gästen, die ausgestellten Bilder ihrer näheren
Betrachtung.
Ich habe den Ausstellungen und
Einträgen zu Lothar Rechtacek gern so viel Zeit und Aufmerksamkeit
gewidmet, schon weil ich darin meinen Abschied von diesem
bemerkenswerten Künstler sehe, den ich kannte und außerordentlich
schätzte.
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