Pressemitteilung
Bundestag gedenkt am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus:
Verfolgte sexuelle Minderheiten im Mittelpunkt der Gedenkstunde
Am Freitag, 27. Januar 2023,
gedenkt der Deutsche Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus. Die
Gedenkstunde im Plenarsaal beginnt um 10 Uhr mit einer Ansprache der
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Im Mittelpunkt stehen in
diesem Jahr Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw.
geschlechtlichen Identität im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Dazu
werden mehrere Rednerinnen und Redner das Wort ergreifen.
Als erste
wird die Holocaust-Überlebende Rozette Kats sprechen. 1942 in einer
jüdischen Familie geboren, überlebte sie bei einem Ehepaar in Amsterdam,
das sie als ihr eigenes Kind ausgaben. Ihre leiblichen Eltern wurden in
Auschwitz ermordet. Erst später im Leben nahm sie ihre wahre jüdische
Identität an. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biographie setzt sie
sich auch für sexuelle Minderheiten ein.
Im weiteren Verlauf der
Gedenkstunde wird die nationalsozialistische Verfolgung sexueller
Minderheiten anhand zweier Lebensgeschichten vorgestellt.
Der
Schauspieler Jannik Schümann wird einen Text über Karl Gorath
(1912-2003) lesen. Karl Gorath wurde erstmals 1934 mit 22 Jahren nach
§175 verurteilt. Nach erneuter Anzeige 1938 erfolgte eine Verurteilung
zu drei Jahren Zuchthaus. Nach deren Verbüßung wurde er 1943 ins
Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg in „polizeiliche
Vorbeugungshaft“ genommen und von dort im Juni 1943 in das KZ Auschwitz
(Stammlager) deportiert. Nach seiner Befreiung im KZ Mauthausen wurde er
1946 in Bremen von demselben Richter verurteilt, der ihn bereits 1938
bestraft hatte. Als Vorbestrafter fand er nur schwer Arbeit und geriet
in Armut. Er verstarb 2003 in Bremerhaven.
Die Schauspielerin Maren
Kroymann wird einen biographischen Text zu Mary Pünjer (1904-1942)
vortragen. Mary Pünjer wurde 1904 in einer jüdischen Hamburger
Kaufmannsfamilie geboren. 1940 wurde sie als verheiratete Frau unter dem
Vorwand der „Asozialität“ als „Lesbierin“ verhaftet. Nach ihrer
Verurteilung wird sie im KZ Ravensbrück interniert. Dort wurde sie
Anfang 1942 offenkundig aufgrund der ihr unterstellten lesbischen
Neigung und ihrer jüdischen Herkunft für die Mordaktion „Aktion 14f13“
selektiert. Im Frühjahr 1942 wurde Mary Punjer in der als Gasmordanstalt
genutzten „Landes-Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg (Saale) ermordet.
Im
letzten Teil der Gedenkstunde wird Klaus Schirdewahn als Vertreter der
queeren Community das Wort ergreifen. Er wird – vor dem Hintergrund
seiner Verhaftung 1964 nach dem §175 – über die Bedeutung des Gedenkens
an die im Nationalsozialismus verfolgten sexuellen Minderheiten
sprechen.
Die Sängerin Georgette Dee und der Pianist Tobias Bartholmeß werden die Gedenkstunde musikalisch begleiten.
An
der Gedenkstunde nehmen neben den Bundestagsabgeordneten auch
Vertreterinnen und Vertreter der Verfassungsorgane sowie junge Menschen
teil, die sich an der diesjährigen Jugendbegegnung des Deutschen
Bundestages beteiligen.
Nach der Gedenkstunde findet zudem im Rahmen der Jugendbegegnung eine Podiumsdiskussion
mit Bundestagspräsidentin Bas, Rozette Kats und Klaus Schirdewahn statt
(Beginn 12 Uhr, Jakob-Kaiser-Haus, Saal 1.302).
Neben
Workshops und Diskussionen besichtigen die Jugendlichen die Mahn- und
Gedenkstätte Ravensbrück sowie das Denkmal für die im
Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen im Tiergarten. Zudem stehen
Workshops zur Nutzung sozialer Medien zum Lernen und Gedenken auf dem
Programm der diesjährigen Jugendbegegnung.
Hinweis:
Medienvertreter
benötigen zur Berichterstattung eine gültige Akkreditierung des
Bundestages. Informationen dazu finden Sie unter www.bundestag.de/akkreditierung.
Pressestelle
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