Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz
16.03.2022
Kirsten Boie erhält den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2022
Auszeichnung der Deutschen Bischofskonferenz für „Dunkelnacht“
Die Autorin Kirsten Boie erhält den Katholischen Kinder- und Jugendpreis der Deutschen Bischofskonferenz für das im Friedrich Oetinger Verlag erschienene Buch Dunkelnacht. Die Jury unter Vorsitz von Weihbischof Robert Brahm (Trier) hat das diesjährige Preisbuch aus 161 Titeln ausgewählt, die von 59 Verlagen eingereicht wurden. Der Preis wird in diesem Jahr zum 33. Mal vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Verleihung findet am 2. Juni 2022 durch Bischof Dr. Franz Jung (Würzburg) in Würzburg statt.
Kirsten Boie ist eine der renommiertesten deutschen Autorinnen der Kinder- und Jugendliteratur. Seit 1985 erzählt die promovierte Literaturwissenschaftlerin mit großem Erfolg Geschichten, darunter zahlreiche Reihen, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Für ihr Lebenswerk wurde sie 2007 mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet und erhielt 2011 das Bundesverdienstkreuz. Alle Preisgelder fließen in die eigene, gemeinsam mit ihrem Mann gegründete Möwenweg-Stiftung, die Kinder in Swasiland unterstützt.
Die Jury begründet das Preisbuch wie folgt:
Es
gibt sie, die weißen Flecken auf der Landkarte der deutschen
Geschichte. Umso eindringlicher erscheint ein Roman, der den erzählenden
Blick auf eine Randlandschaft
der Erinnerungskultur lenkt und damit die Frage nach individueller wie
kollektiver Schuld aufgreift. Die erzählte Zeit umfasst dabei nicht mehr
als 24 schicksalhafte Stunden: Am 28. April 1945 versuchen in der
bayerischen Kleinstadt Penzberg jene, die vor
dem Krieg für den Gemeinderat verantwortlich waren, einen Machtverzicht
des nationalsozialistischen Bürgermeisters und eine friedliche Übergabe
der Amtsgeschäfte zu erwirken. Damit soll der „Nero-Befehl“ verhindert
und das Bergwerk als wirtschaftliche Lebensader
der Region gerettet werden. Ein auf dem Weg zur Alpenfestung
marschierendes Regiment der Wehrmacht jedoch sorgt mithilfe der
Untergrundorganisation Werwolf dafür, die Illusion der
nationalsozialistischen Macht auch (und gerade) im Angesicht der
drohenden Kapitulation
aufrechtzuerhalten. 16 Menschen aus Penzberg werden in dieser Nacht
standrechtlich erschossen oder erhängt. Am Tag darauf erreichen die
Amerikaner Penzberg.
Kirsten Boie flicht die historischen Fakten dieses Endphasenverbrechens minutiös in ihre Erzählung ein und fiktionalisiert die Ereignisse mithilfe von drei jugendlichen Figuren: Marie, Schorsch und Gustl werden zu Beobachtern und ermöglichen vor den unterschiedlichen biografischen Hintergründen ihrer Familien wechselnde Perspektiven. So entsteht ein verdichtetes Miteinander von Fakt und Fiktion, von Novelle und Dokumentation. Dem Charakter eines Kammerspiels entsprechend, wird jener Moment unter ein erzählerisches Brennglas gelegt, in dem allen Beteiligten die unausweichliche Veränderung des eigenen Lebens bewusst wird: Was er tut, tut er nicht mehr für sie: Sich selbst muss er beweisen, auf welcher Seite er steht, wird mit Blick auf Schorsch festgehalten, der eines der Opfer rettet und dabei sein eigenes Leben riskiert. Ohne zu moralisieren zeigt Kirsten Boie damit ethische Haltungen auf und kontrastiert sie mit dem Handeln jener, die bereits während der Tat damit beginnen, ihre eigene Biografie für ein „Danach“ zu schönen.
Sechzehn Morde und kein einziger Mörder. Das soll man verstehen. Im Nachwort formuliert die Autorin jenes paralysierende Unverständnis, das die Ereignisse hervorruft. Das Erzählen jedoch ermöglicht Widerstand und Selbstermächtigung: Kirsten Boie wählt ein Alter Ego als Erzählinstanz und lässt ein Ich immer wieder strukturierend in den Text eingreifen. Damit werden Vorgriffe und Einordnungen mit der erlebten Rede und den Dialogen der Figuren zu knappen, mehrperspektivischen Passagen verbunden. Der schlichte, fast protokollarische Sprachstil wird dabei mit den Emotionen der jugendlichen Figuren verknüpft und ermöglicht jugendlichen Rezipientinnen und Rezipienten, sich trotz der bedrückenden Ereignisse zu identifizieren und an den Leseprozess die Frage anzuschließen: Was hätte ich getan? Wo liegen meine eigenen Handlungskompetenzen? Welches Menschenbild ist das für mich verbindliche? Dieserart wird die im kollektiven Gedächtnis verleugnete Schuld zu einer hochbrisanten individuellen Fragestellung – auch und gerade für eine nachgeborene Generation, die vielfach keinen authentischen Zugang mehr zu den Ereignissen bekommen kann. Gerade jetzt soll damit ein Text ausgezeichnet werden, in dem und durch den soziale Verantwortung und Nächstenliebe auf besondere Weise eingefordert werden.
Hinweise:
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Zum Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis der Deutschen Bischofskonferenz erscheinen die
Arbeitshilfe Nr. 330 „Preisbuch 2022 und empfohlene
Bücher“ mit ausführlichen Rezensionen aller Titel sowie ein
Preisträgerplakat 2022
im Format DIN A1. Beides kann unter www.dbk.de in der Rubrik
Publikationen
bestellt oder als pdf-Datei heruntergeladen werden.
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Informationen
zur Jurybesetzung und zur Geschichte des Preises sowie alle Siegertitel
inklusive Jurybegründungen seit 1979 finden Sie unter
www.dbk.de auf der Themenseite
Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis.
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Fotos
des Preisbuchcovers sowie der Preisträgerin stehen zum Herunterladen in
der Bildergalerie dieser Pressemitteilung zur Verfügung.
Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller (Erz-)Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 69 Mitglieder (Stand: März 2022) aus den 27 deutschen (Erz-)Bistümern an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tag
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