PRESSEMITTEILUNG
Erfurt, März 2022
Thema: Vorsorgevollmacht
Geplante Reform des Vormundschafts- und
Betreuungsrechts: Notvertretungsrecht für Ehegatten und
Lebenspartner nur befristet – Vorsorgevollmacht umso wichtiger
In weniger als einem Jahr tritt eine umfassende Reform des
Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft. Vollkommen neu
eingeführt wird ein gesetzliches Notvertretungsrecht für
Ehegatten und Lebenspartner – allerdings nur in
Gesundheitsangelegenheiten und nur für eine begrenzte Zeit.
Eine Vorsorgevollmacht wird dadurch nicht entbehrlich, sondern
in manchen Fällen sogar umso wichtiger.
Die für 2023 geplante Reform des Vormundschafts- und
Betreuungsrechts bringt viele Änderungen im Kindschafts-,
Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungsrecht mit sich.
Vollkommen neu ist das sogenannte „Notvertretungsrecht“ für
Ehegatten und Lebenspartner: Erleidet beispielsweise ein
Ehegatte einen Unfall oder wird er plötzlich schwer krank, wie
bei einem Herzinfarkt, und kann infolgedessen nicht mehr selbst
entscheiden, kann ihn der andere Ehegatte künftig in
Gesundheitsangelegenheiten vertreten. Dieser willigt dann
beispielsweise für ihn in ärztliche Behandlungen und
Untersuchungen ein, schließt Behandlungsverträge ab und
entscheidet über freiheitsentziehende Maßnahmen von kurzer
Dauer.
„Wer nicht möchte, dass sein Ehegatte im Vorsorgefall für ihn
Entscheidungen in Gesundheitsangelegenheiten trifft, sollte ab
dem 1. Januar 2023 einen Widerspruch gegen das gesetzliche
Notvertretungsrecht in das Zentrale Vorsorgeregister eintragen
lassen“, rät Eric Rauschenbach, Geschäftsführer der Notarkammer
Thüringen. Für Ärzte wird zwar zukünftig ein entsprechendes
Einsichtsrecht in das Zentrale Vorsorgeregister geschaffen
werden. Es empfiehlt sich jedoch, den behandelnden Arzt
zusätzlich persönlich über diesen Widerspruch in Kenntnis zu
setzen.
Braucht es daneben überhaupt noch eine Vorsorgevollmacht?
Wer darüber hinaus sichergestellt wissen möchte, dass eine
von ihm selbst bestimmte Vertrauensperson ihn im Vorsorgefall
vertreten kann, und vermeiden will, dass ein gerichtlich
bestellter Betreuer für ihn handelt, benötigt weiterhin
unbedingt eine umfassende und individuelle Vorsorgevollmacht.
„Und zwar neben dem neu geschaffenen gesetzlichen
Ehegattenvertretungsrecht“, erläutert Rauschenbach. „Denn dieses
bezieht sich ausschließlich auf den Bereich der
Gesundheitsangelegenheiten und ermöglicht es dem Ehegatten
beispielsweise nicht, Behördengänge,
Versicherungsangelegenheiten oder Bankgeschäfte zu besorgen.“
Zudem besteht das Notvertretungsrecht des Ehegatten für maximal
sechs Monate. Für nicht erfasste Geschäfte und generell nach
Ablauf der sechs Monate muss ohne Vorsorgevollmacht im
Betreuungsfall zwingend ein gerichtlicher Betreuer bestellt
werden.
Über die Notarkammer Thüringen
Die Notarkammer Thüringen ist eine Körperschaft des
öffentlichen Rechts und vertritt die Gesamtheit der in ihr
zusammengeschlossenen Notare im Freistaat Thüringen. Sie hat
derzeit 68 Mitglieder, darunter 23 Notarinnen. Die Notarkammer
Thüringen fördert die Pflege des Notariatsrechts und
notarspezifischer Rechtsgebiete. Die Beratung und Belehrung der
Notare in dienst- und standesrechtlichen Fragen gehören ebenso zu
den Aufgaben der Notarkammer Thüringen wie Stellungnahmen zu
Gesetzgebungsvorhaben in Rechtsgebieten mit notariellem Bezug. Die
Notarkammer Thüringen unterstützt die Aufsichtsbehörden bei ihrer
Tätigkeit. Außerdem ist sie für die Fortbildung der Notare und die
Ausbildung des notariellen Nachwuchses verantwortlich.
Notarinnen und Notare in Thüringen sind im Suchdienst der
Notarkammer unter: www.notarkammer-thueringen.de zu
finden.
Donnerstag, 17. März 2022
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