Thema: Immobilienrecht
Verkehrssicherungspflichten bei Grundstücksgeschäften – Wer haftet wann?
Herunterfallende Äste, abrutschende Dachziegel, Glatteis auf ungeräumten Gehwegflächen – gerade im Herbst und im Winter steigen die Risiken witterungsbedingter Unfälle. Grundstückseigentümer müssen dafür Sorge tragen, dass niemand Schaden nimmt, der das Grundstück passiert oder es betritt. Doch wer haftet, wenn das Grundstück veräußert wird?
Grundstück veräußert – Verkehrssicherungspflicht entfällt?
„Die Verantwortung für Gefahren fasst man unter dem Begriff der Verkehrssicherungspflicht zusammen. Sie liegt grundsätzlich beim Eigentümer“, erklärt Dr. Christian Grüner, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen. Überträgt der Eigentümer sein Grundstück, geht die Verkehrssicherungspflicht auf den Erwerber über. Doch zu welchem Zeitpunkt geschieht dies genau?
„Der Moment, in dem nicht mehr der Veräußerer, sondern der Erwerber für die Verkehrssicherungspflicht einstehen soll, fällt nicht automatisch mit dem Abschluss des Notarvertrages zusammen“, gibt Grüner zu bedenken. Neben dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbs kommt in der Praxis im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber vor allem eine Vorverlagerung auf den Besitzübergang in Betracht.
Besitz ist nicht gleich Eigentum
„Besitz und Eigentum werden zwar im Alltag gleichbedeutend verwendet, rechtlich sind es zwei Paar Schuhe“, sagt Grüner und ergänzt: „Eigentümer ist, wer im Grundbuch steht. Besitzer hingegen ist, wer über die tatsächliche Sachherrschaft verfügt.“ Eigentum und Besitz können auseinanderfallen. So ist der Mieter eines Hauses zwar Besitzer, aber nicht Eigentümer.
Wer ist wann verantwortlich?
Wann Verkehrssicherungspflichten auf den Erwerber übergehen, wird in notariellen Verträgen ausdrücklich geregelt.
Wird ein Grundstück verschenkt, vereinbaren die Beteiligten zumeist, dass Besitz und Verantwortlichkeit mit Beurkundung auf den Erwerber übergehen. „Bei einem Kaufvertrag verhält es sich oft anders“, weiß der Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen und erläutert: „Für die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung sind verschiedene Genehmigungen und Löschungsunterlagen alter Gläubiger notwendig, von deren Vorliegen die Zahlung des Kaufpreises abhängig ist. Der Verkäufer wird sein Grundstück erst aus der Hand geben, wenn er den Kaufpreis erhalten hat.“ Die Kaufpreiszahlung ist für die wirtschaftlichen Interessen also sehr bedeutsam und wird häufig zum Anknüpfungspunkt für den Wechsel von Besitz und Verkehrssicherungspflicht gemacht. Hat der Eigentümer keine Herrschaft über die Sache mehr, will er selbstverständlich nicht für die Verkehrssicherung einstehen. Die Eigentumseintragung im Grundbuch wird dagegen oft als „reine Formsache“ angesehen.
Über die Notarkammer Thüringen
Die Notarkammer Thüringen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und vertritt die Gesamtheit der in ihr zusammengeschlossenen Notare im Freistaat Thüringen. Sie hat derzeit 70 Mitglieder, darunter 23 Notarinnen. Die Notarkammer Thüringen fördert die Pflege des Notariatsrechts und notarspezifischer Rechtsgebiete. Die Beratung und Belehrung der Notare in dienst- und standesrechtlichen Fragen gehören ebenso zu den Aufgaben der Notarkammer Thüringen wie Stellungnahmen zu Gesetzgebungsvorhaben in Rechtsgebieten mit notariellem Bezug. Die Notarkammer Thüringen unterstützt die Aufsichtsbehörden bei ihrer Tätigkeit. Außerdem ist sie für die Fortbildung der Notare und die Ausbildung des notariellen Nachwuchses verantwortlich.
Notarinnen und Notare in Thüringen sind im Suchdienst der Notarkammer unter: www.notarkammer-thueringen .de zu finden.
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