In der Region Nordthüringen arbeiten 20.000 Menschen regelmäßig sonntags
13
Stunden täglich arbeiten an bis zu sechs Tagen pro Woche? Wenn es nach
dem Willen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) geht,
könnte das im Landkreis Nordhausen für rund 1.000 Beschäftigte der
Branche bald Alltag werden. Davor warnt die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Schon heute arbeiten in der Region
Nordthüringen rund 20.000 Menschen an Sonntagen – 18.000 sogar nachts.
Und 34.000 Beschäftigte sind zwischen 18 und 23 Uhr im Job aktiv. Das
geht aus dem aktuellen Mikrozensus hervor.
„Die
Zahlen zeigen, dass Arbeitszeitgesetz und Tarifverträge den
Arbeitnehmern bereits jetzt eine hohe Flexibilität abverlangen. Den
Betrieben geben sie die Freiheit, ihre Beschäftigten weitgehend so
einzusetzen, wie sie es brauchen“, sagt Christl Semmisch. Die
Geschäftsführerin der NGG Thüringen hält jede Aufweichung dieser Regeln
für unnötig. Insbesondere der Einführung einer wöchentlichen statt einer
täglichen Höchstarbeitszeit müsse eine klare Absage erteilt werden, so
Semmisch. Dies sei ein Angriff auf Tausende Beschäftigte in der Region –
besonders im Gastgewerbe.
Dort
gehörten lange Arbeitszeiten an jedem Tag der Woche schon immer zum
Beruf. So gaben bei der Befragung durch den Mikrozensus rund 10.000
Beschäftigte in thüringischen Hotels, Gaststätten und Pensionen an,
regelmäßig nach 18 Uhr zu arbeiten. 12.000 arbeiten demnach häufig an
Samstagen, 10.000 an Sonntagen. Semmisch: „Die Behauptung des Dehoga,
ein zu strenges Arbeitszeitgesetz belaste die Branche über alle Maßen,
ist nicht zu halten. Wenn zum Beispiel eine Hochzeit länger dauert als
geplant, dann schieben Küchen-Team und Kellner Überstunden, statt
einfach nach Hause zu gehen. Und diese Überstunden werden dann noch
nicht einmal immer bezahlt.“
Harte
Arbeitsbedingungen in der Gastronomie und Beherbergung führten schon
heute zu großen Problemen, noch Fachkräfte zu finden, betont die
Gewerkschafterin. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage
stellt auch die Bundesregierung fest: „Die Zahl der Auszubildenden im
Hotel- und Gaststättengewerbe hält nicht mit dem Bedarf an Fachkräften
Schritt“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/11735). Danach bildet in
Thüringen nur noch jeder dreizehnte Gastro-Betrieb aus.
„Die
Arbeitgeber sollten wieder auf bessere Ausbildung setzen und einen
wirklichen Richtungswechsel hin zu besseren Arbeitsbedingungen
einleiten. Dazu zählen die Stärkung der Tarifverträge und damit
deutliche Einkommenszuwächse, aber genauso gesunde Arbeitszeiten“, so
Semmisch weiter. Das Gastgewerbe sei dazu in der Lage, eine
„Qualitätsoffensive“ zu machen. Am Geld jedenfalls, so die NGG
Thüringen, sollte es nicht hapern. Der Jahresumsatz der Branche ist nach
Angaben des Dehoga zum siebten Mal in Folge auf zuletzt bundesweit 81
Milliarden Euro gestiegen.
Christl Semmisch
Geschäftsführerin
der NGG-Thüringen
der NGG-Thüringen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen