Als
ich den Bericht über das von der ehemaligen Chefärztin Dr.
Hannelore Pientka geleitete Kolloquium in Heiligenstadt zu Demenz
und Pflege las, musste ich an einen Brief denken, den ich kürzlich
von der SWG erhielt, in dem der demografische Wandel Eingangsthema
war. Man thematisiert diesen Wandel, vermeidet es aber tunlichst,
konkreter zu werden und sich die Menschen vorzustellen, die am Ende
dieses Wandels stehen: alte, gebrechliche, vielfach demente Menschen.
Sehe ich durchs straßenseitige Fenster meiner Mietwohnung, sehe ich
in den Hof des DRK-Pflegeheims, in dem zahlreiche dieser Menschen die
letzten Jahre ihres Lebens verbringen. Die Gesellschaft nimmt –
außer den Angehörigen – von diesen Menschen kaum Kenntnis,sie
sind eben aus dem öffentlichen Leben verschwunden. Und in erwähntem
Brief der SWG heißt es, dass jener demografische Wandel für jene,
die noch eigenständig leben, demnächst mit Veränderungen verbunden
sein wird, weil man zunächst bestimmten Teilen des Wohngebiets in
Nordhausen-Nord ein neues „zukunftfähiges“ Gesicht geben wird.
Womit schon angedeutet ist, dass dieses Gesicht nicht mehr von den
Überlebenden dieses Wandels geprägt sein wird wie bisher.
Nun
mag es ja sein, dass die Problematik des Themas Demenz und Pflege von
dem eben Ausgeführten (noch) nicht voll getroffen ist. Die Tabelle
aber besagt ja, dass die Wahrscheinlichkeit, dement zu werden, mit
dem Alter steigt. Und vielfach sind es ja die potentiell Betroffenen
selbst, die die mögliche Erkrankung ignorieren, solange sie noch
dazu in der Lage sind. Und der gesunde Mensch hat zunächst keine
Beziehung zu Erkrankungen dieser Art.
Umso
beachtenswerter das Kolloquium am vergangenen Freitag in
Heiligenstadt, das sich den Demenzkranken und den derzeitigen
Leistungen, vor allem aber den zukünftigen Aufgaben im Pflegebereich
widmete. Unter der Leitung von Chefärztin i.R., Frau Dr. Hannelore
Pientka wurden diverse Aspekte dieser hochaktuellen Problematik in
Vorträgen behandelt und diskutiert. Vom Umgang mit der Erkrankung,
über spezielle Formen der Ernährung bis zum Leben und Sterben im
Pflegeheim – der Bereich der Vorträge umspannte das ganze
Spektrum, das mit diesem Krankheitsbild in Zusammenhang steht. Keine
andere Krankheit, so führte Frau Dr. Pientka aus, hat solch ein
„Angstpotential“ wie Alzheimer oder Demenz. „Werde
auch ich an
Alzheimer erkranken und werde ich mit Würde gepflegt werden und
ebenso sterben?“ – diese Frage steht oft unausgesprochen im
Raum. Frau Dr. Pientka, die lange Zeit als Ärztin mit diesem
Krankheitsbild vertraut war, heute in diversen Bildungseinrichtungen
Altenpflegerinnen und Altenpfleger ausbildet und auch als Gutachterin
tätig ist, gilt als ausgesprochene Expertin auf diesem Gebiet und
hält Vorträge weit über die Region hinaus. Es ist als Zeichen der
Wertigkeit zu sehen, dass auch die Thüringer Ministerin für Arbeit,
Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Heine Werner in ihrem
Grußwort und Einführung die Arbeit mit Demenzkranken und die hohen
Leistungen im Pflegebereich würdigte. Wer sich selbst weitergehend
informieren möchte, dem sei die Broschüre „Dazugehören“
empfohlen, die vom Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales,
Gesundheit, Frauen und Familie anfordert werden kann. Einige Fakten:
Anteil
der Menschen über 65 Jahre, davon Menschen mit Demenz
- in Thüringen 525.532 45.195
- im Kreis Nordhausen 21.414 1.842
Wahrscheinlichkeit,
dass eine Demenz auftritt mit Lebensalter
- 65 – 69 Jahre 1,6 %
- 70 – 74 Jahre 3,5 %
- 75 - 79 Jahre 7,4 %
- 80 – 84 Jahre 15,7 %
- 85 – 89 Jahre 26,2 %
- 90 – 94 Jahre 41,0 %
- > 95 Jahre 46,3 %
Es
muss hinzugefügt werden, dass die Pflege eines an Demenz erkrankten
Menschen einen 24-stündigen Einsatz erfordert und eine Pflege zu
Hause auf Dauer eine kaum zu ertragende Belastung für die pflegende
Familie darstellt. Allgemein gibt es derzeitig 2,9 Millionen
Pflegebedürftige, von denen 2,08 Millionen zu Hause versorgt werden.
Es ist also sinnvoll die Zahl der Pflegeheime zu erhöhen und das
entsprechende Personal auszubilden und auch entsprechend zu
entlohnen. Momentan gibt es in Deutschland 13600 Pflegeheime mit
730.000 Beschäftigten.
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