Gerade vor einer Woche beschäftigten mich nach einer Meldung der „Deutschen Welle“ die Unterschiede von Begriffen wie etwa Asylant, Einwanderer, Zuwanderer oder auch Migrant, um nur einige zu nennen (siehe meinen Eintrag vom 23.07.). An sich können mir die Unterschiede gleichgültig sein, praktisch habe ich zumindest bisher mit keinen Menschen zu tun, auf die der eine oder andere dieser Begriffe zutrifft. Und wenn ich durch die (Internet-)Zeitungen surfe, drängt sich mir nicht selten der Eindruck auf, die Autoren der entsprechenden Sachberichte gehen damit eher lax um. Oder wissen es selber nicht. Vorgänge der jüngsten Zeit aber lassen es meines Erachtens schon wichtig erscheinen, sich über jene Begriffe und deren Bedeutung zu informieren. Wikipedia macht's immerhin möglich.
Heute nun ist es wieder ein (taz-)Bericht - vom 26.07.16 - der mich zu Überlegungen ganz anderer Art anregt. Die doch mit der Herkunft von Menschen zu tun haben, die irgendwann als Ein- oder Zuwanderer nach Deutschland kamen. „Deutschland hilft Deutschen nicht“, war der gemeinte Bericht überschrieben, in dem es einleitend hieß (Auszug): „Die Türkei betrachtet Deutschtürken vor allem als Türken. Das deutsche Konsulat in der Türkei bietet ihnen keine Hilfe an.“ (Ende des Auszugs).Es geht also um Menschen, die irgendwann als Türken nach Deutschland kamen, hier heimisch wurden und schließlich zu ihrer ursprünglichen türkischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten. Und falls sie nun als Deutsche bei einen Besuch ihrer alten Heimat Probleme bekommen, mit keiner Hilfe des deutschen Konsulats in der Türkei rechnen können. Weil sie dort eben nach wie vor als Türken gelten.
Die aktuelle Situation in der Türkei und in Deutschland – hier z.B. die morgen stattfindende Großdemonstration in Köln – veranlassten Politik und Medien, sich näher und kritisch mit dieser doppelten Staatsangehörigkeit zu befassen. Dazu schreibt heute die FAZ einführend (Auszug): „Doppelte Staatsangehörigkeit? Heute ernten wir die Früchte dieser Politik, der jedes Gefühl für Staat und Nation, für Sinn und Form völlig abgeht.“ Und weiter; „Deutschland kann nur ein sozialer Rechtsstaat bleiben, der Verfolgten Schutz gewährt, solange es die Kontrolle über sein Gebiet wirksam ausübt und hier das Recht durchsetzt. Genauso klar ist, dass man zwar mehreren Staaten rechtlich verbunden sein kann – aber sich im Konfliktfall entscheiden muss.“ (Ende des Auszugs). Und ausführlich erklärt die FAZ die Problematik. Auch der CDU-Politiker Jens Spahn stellt nun die doppelte Staatsbürgerschaft infrage. In der „Rheinischen Post“ heißt es (Auszug): „Wessen Herz für Erdogan schlage und wer für ihn und seine AKP auf die Straße gehe, solle das besser in der Türkei tun, sagte Spahn dem "Tagesspiegel". "Und dem müssen wir eine klare Entscheidung abverlangen." Die in Deutschland lebenden Türken müssten sich entscheiden, welchem der beiden Staaten ihre Loyalität gelte.“(Ende des Auszugs)
Ohne noch näher auf diese Problematik einzugehen, halte ich es nun für höchst interessant, dass angesichts der bevorstehenden Großdemonstation Frank Walter Steinmeier (SPD) als Bundesaußenminister die Teilnehmer zur Mäßigung auffordert. „Innenpolitische Spannungen aus der Türkei nach Deutschland zu tragen und Menschen mit anderen politischen Überzeugungen einzuschüchtern, „das geht nicht“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. In Deutschland gebe es dafür keinen Platz, „und das werden wir auch nicht zulassen“, sagte er. Damit also wendet sich Steinmeier als Außenminister ganz offensichtlich an die Türken, die zu dieser Demonstration erwartet werden. Und nicht an die „Deutschen mit türkischem Hintergrund“. Obwohl die wohl mehrheitlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Und es demzufolge Angelegenheit des Bundesinnenministers Thomas de Maiziere wäre, sich mit dieser Großveranstaltung zu befassen. Klugerweise wird deshalb offenbar vornehmlich von „Anhängern Erdogans“ - und nicht von Türken - gesprochen und geschrieben und damit die tiefere Problematik vermieden.
Wie dem auch sei, ist der FAZ meines Erachtens voll zuzustimmen, wenn es dort heißt (Auszug): „Jeder, der jetzt am Wochenende demonstriert, genießt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Grundgesetzes. Als Staatsbürger sollte er sich diesem Land loyal zeigen – und weniger einem Herrscher, der genau diese Werte mit Füßen tritt. Warum eigentlich schwenken Deutsch-Türken bei solchen Anlässen oft nur die Fahne mit Halbmond und Stern und nicht auch Schwarz-Rot-Gold? Ja, warum? Vielleicht, weil die Deutschen selbst nicht zu diesen Farben der Freiheit stehen.“ (Ende des Auszugs).
Sei schließlich noch festgestellt, dass nach dem Zensus 2011 in Deutschland 4,3 Millionen Menschen eine doppelte Staatsangehörigkeit hatten . Davon besaßen rund 530.000 Personen neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit. Die Deutschtürken waren nach Deutschpolen (690.000) und Deutschrussen (570.000) die drittgrößte Gruppe unter den Doppelstaatlern. Und immerhin haben sie damit doch wohl auch das Wahlrecht in Deutschland. Warum dann also nicht auch das Demonstrationsrecht, das man nun offenbar zur Disposition stellen will? Falls ich bei meinen Überlegungen irre, mag man mir das nachsehen, es ist auch nur meine ganz persönliche Überlegung.
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