Mittwoch, 20. Juli 2016

Nordhausens neues Highlight ist ein Relikt aus alten Zeiten

Bevor ich mich dem gestrigen Geschehen in der Domstraße 12 widme, habe ich allen zu danken, die mir die Teilnahme an dieser Feierstunde überhaupt ermöglichten. Die Erreichbarkeit des Herzstücks dieses Hauses, die Bohlenstube, dürfte für manche betagte Menschen (mit körperlichen Einschränkungen) schon im Grenzbereich liegen. Ich bedanke mich also bei Inge Klaan, der Geschäftsführerin der SWG als für dieses Haus ursächlich zuständig und ich bedanke mich ebenso bei den Mitgliedern der Gästeführergilde. Von denen mir einzelne die Bewältigung des steilen Treppenaufgangs ermöglichten, während Heinz Degener für mich den einzigen in diesem Haus derzeit vorhandenen Sessel organisierte. Meine Erinnerung ging in diesem Zusammenhang um gut zwanzig Jahre zurück in jene Zeit, in der die Gästeführergilde erstmals ihr Domizil in diesem Hause hatte und ich deren
Zusammenkünfte begleiten durfte. Um dabei einzusehen, dass die Alterung des Menschen doch sehr viel rascher vor sich geht, als die eines Hauses wie gerade diesem. Mir blieb aber auch genügend Zeit um in der Betrachtung des sanierten Zustandes dieses Hauses die harmonische Überleitung der neuen oder erneuerten Bausubstanz mit der alten in Hausflur und Treppenaufgang zu bewundern. Dass schließlich das Eröffnungsprocedere an einer Stelle vor der Domstraße 12 stattfand, die mir von meinem hohem Fensterplatz im oberen Stockwerk wenigstens den Mitschnitt der gehaltenen Ansprachen ermöglichte, danke ich Inge Klaan. Ich bin der Auffassung, dass mir dadurch gelebte gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wurde, die nicht selbstverständlich und schon
deshalb der Erwähnung wert ist.


Wenn ich mich hier im weiteren Verlaufe der Mitteilung der SWG zu diesem feierlichen Akt bediene dann deshalb, weil bereits die TA ausführlich berichtete und ich hoffe, zukünftig (wieder) das Vereinsleben und die Aktivitäten der Gästeführergilde begleiten zu können. Deren Hilfsbereitschaft mir Mut macht. Und soweit diese wieder in diesem Hause – insbesondere der Bohlenstube – stattfinden bzw. ihren Ausgangspunkt nehmen werden. Wobei die Geschichte dieses Hauses als herausragender Teil der Nordhäuser Stadtgeschichte jeweils Thema sein dürfte. Die Mitteilung der SWG also lautet:

SWG beendet Sanierung an Nordhausens ältestem Haus: Gästeführergilde erhält neues Domizil in der Domstraße 12
Nordhausen. Neues Leben in Nordhausens ältestem Gebäudeensemble: Nach über zwei Jahrzehnten zieht die Gästeführergilde wieder zurück in die Domstraße 12. Die Sanierungsarbeiten an dem historischen Gebäude sind beendet. Die Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (SWG), Inge Klaan, überreichte am Dienstag dem Gästeführer-Chef Winfried Wehrhan die Schlüssel für das Haus mit der markanten Außenfassade und den Renaissancefenstern. „Heute wird eine Vision Wirklichkeit“, sagte Klaan. Die Gästeführergilde ziehe nicht nur wieder dorthin zurück, wo sie vor 21 Jahren ihre Arbeit aufgenommen hatte. „Sie präsentiert auch ein neues touristisches Highlight in unserer Stadt“, ergänzte Klaan. Denn mit dem Einzug der Stadtführer wird die spätmittelalterliche
Bohlenstube aus dem 16. Jahrhundert erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich: Besucher können nach Bedarf durch die komplett erhaltene Stube geführt werden, die vor sechs Jahren bei Voruntersuchungen im ersten Obergeschoss entdeckt worden war.
Nach Restauratorin Susy Hesse, die in dem denkmalgeschützten Haus mit ihrer Familie seit vergangenem Herbst lebt, sind die Gästeführer die zweiten Mieter in dem für die Nordhäuser Stadtgeschichte so wichtigen Gebäudeensemble. Jüngste dendrochronologische Untersuchungen hatten ergeben, dass der mittlere Gebäudeteil aus dem Jahr 1303 stammt, also noch viel älter ist, als bis dato angenommen. „Es ist damit eines der ältesten Objekte in Thüringen“, betonte Klaan. Der südliche Gebäudeteil stammt aus dem Jahr 1327, mit einem geschätzten Baujahr von 1565 ist das Torhaus der jüngste Teil der Drei-Häuser-Reihe.
Die Sanierung der Domstraße 12 sei für die SWG eine besondere Herausforderung gewesen. Der Zustand des Gebäudes war äußerst desolat, es gab unter anderem Schwammbefall. Seit Sanierungsbeginn im Jahr 2009 sind rund 680 000 Euro in die Wiederherstellung des historischen Gebäudekomplexes geflossen; rund 60 000 Euro steuerte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie bei.
„Im Bau folgte eine Überraschung der anderen, die immer wieder neues Denken erforderte“, berichtete die SWG-Chefin. Da die Auflagen des Denkmalschutzes keine großen Veränderungen an der Grundstruktur des Objektes zuließen, musste die anfängliche Idee verworfen werden, dass hier die Jugendkunstschule einzieht. Die geplanten Eingriffe in die historische Substanz wären in diesem Fall zu groß gewesen. Klaan bezeichnet es im Nachhinein als eine glückliche Fügung, weil die Orientierung des Sanierungskonzeptes ausschließlich am historischen Bestand erfolgte: Die Domstraße 12 wurde als das saniert, was es immer war, ein Wohnhaus. „Wer seinen Kindern zeigen möchte, wie im 14. Jahrhundert die Menschen gelebt haben, kann das hier in all seinen Facetten vom Keller bis zum Dach sehen“, sagte Klaan

Ein letzter Bauabschnitt ist für das kommende Jahr geplant. Dann sollen die Außenanlage fertig gestellt und die Toreinfahrt in Angriff genommen werden. Für diese Arbeiten will das kommunale Wohnungsunternehmen noch einmal Fördermittel beim Landesdenkmalamt beantragen.

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