Samstag, 16. Juli 2016

Die Ereignisse drängen sich . . .

. . . und mit meinen neuerlichen Bemühen, alles, was mich interessiert - und zum Nachdenken anregt – folgerichtig in meine Gehirnwindungen einfädeln zu können, muss ich einmal mehr einsehen, dass mich die Berichte über Vorgänge und Ereignisse in der Welt so in Anspruch nehmen, dass ich kaum zum Nachdenken komme. Und wenn es sich dann noch ein so entsetzliches Attentat stattfindet wie gerade in Nizza geschehene, kann das erst mal schon die Fassung kosten.

Dabei war ich gerade dabei, mich intensiver mit der Berichterstattung zur Regierungsbildung in Großbritannien zu befassen, die ich für außerordentlich interessant und aufschlussreich halte. Ich hab' zwar mit der EU, dem Brexit Großbritanniens und deren Folgen rein gar nichts zu tun und würde mich bestenfalls am Rande dafür interessieren, wenn der Spagat, den die Medien in ihrer Berichterstattung dabei vollziehen, nicht so aufschlussreich wäre.

Es geht also um die neue britische Premierministerin Theresa May , die am Donnerstag ihre Regierungsarbeit aufnahm. Nachdem sie kurz zuvor von Königin Elizabeth II. offiziell zur Premierministerin ernannt worden war. Schon tags zuvor besetzte sie wichtige Posten in ihrem Kabinett neu, um die Weichen für den geplanten Austritt aus der Europäischen Union zu stellen. Große Überraschung löste dabei die Berufung Boris Johnsons zum Außenminister aus, dem früheren Londoner Bürgermeister und einem der wichtigsten Befürworter des EU-Austritts.
Dazu konnte man zum Beispiel am 30.06. im „Manager Magazin lesen (Auszug): „ Schon der Wahlkampf der Brexit-Befürworter basierte auf falschen Behauptungen und leeren Versprechen. Der erste Beitrag von Boris Johnson nach dem Votum zeigt: Auch nach der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, schwindelt Johnson sich eine Welt zusammen, wie sie ihm gefällt.“ (Ende des Auszugs).
Wenn ich mir nun vergegenwärtige, was alles ich in den Medien nach diesem Referendum in Großbritannien am 23.06. 2016 in den Medien zu lesen bekam, müsste ich annehmen, dass in Europa und der EU nichts mehr so ist, wie es vorher war. Was aber genau sich in Politik, Wirtschaft, Banken und Gesellschaft geändert hat – oder ändern wird – habe ich bis heute nicht erfahren. Obwohl die Medien nach wie vor voll von Berichten, Kommentaren, Talkshows und sonstigen Publikationen zur Problematik sind. Verlässliche Fakten aber sind nicht darunter. Und obwohl ich viel Zeit seit diesem Referendum damit zubrachte, alles zur Kenntnis zu nehmen, was darüber in den Medien angeboten wurde, ist mein Wissen dadurch nicht größer geworden. Weil sich unter dem, was darüber angeboten wurde und wird, vornehmlich Vermutungen befinden.

Und warum? Am 02.07. erschien in ZEIT online ein aufschlussreicher Artikel unter dem Titel „ Das Zeitalter der Fakten ist vorbei“. Und zur Einleitung heißt es (Auszug): „ Brexit-Kampagne, Trump, AfD: Die Politiker der Stunde scheren sich nicht mehr darum, ob stimmt, was sie sagen – und sind trotzdem erfolgreich. Wie kann das sein?“(Ende des Auszugs). Der weitere Text gibt Antwort, und die lautet kurz: Populismus ist an die Stelle von Fakten getreten. Und die Medien mischen fleißig mit.

Richtig ist wohl, dass die EU-Spitzen bisher noch keine Antwort auf den Brexit gefunden haben. Wochen nach dem Brexit, einen EU-Gipfel und zwei Debatten im Europäischen Parlament ist noch immer unklar, wie der Austritt der Briten aus der Union organisiert werden soll. Und welche Konsequenzen die übrigen 27 Mitglieder aus diesem Schritt ziehen wollen. In Großbritannien ging es nicht nur aus Brüsseler Sicht chaotisch bis anarchisch zu. Bis nun jetzt Theresa May neue Strukturen legt.

Am 04.07. konnte man in „Spiegel-online“unter dem Titel: „Aufhören, wenn es am schlimmsten ist“ lesen (Auszug): „Sie waren die beiden Gesichter der Brexit-Befürworter - jetzt hat sich nach Boris Johnson auch Rechtspopulist Nigel Farage zurückgezogen. Um den EU-Schlamassel der Briten müssen sich nun andere kümmern.“(Ende des Auszugs). Nicht nur im Spiegel, sondern auch in zahlreichen anderen Medien wurden die Rückzüge der beiden Wortführer des Brexit heftig kritisiert. Umso bezeichnender ist nun die erneute Kritik an Boris Johnson, diesmal aus dem gegenteiligem Grund: weil er bereit ist , Verantwortung zu übernehmen. Was soll man denn nun glauben?


Ohne hier weitere Überlegungen zu entwickeln, erinnere ich mich an einen Mann namens Joschka Fischer, einst deutscher Außenminister: Sein Werdegang in dieses Amt war damals alles andere als lupenrein. Was er aber dann aus seiner Berufung machte, war aller Achtung wert. Ich denke, man sollte Johnson nicht voreilig kritisieren, sondern abwarten, ob und wie er sich als Außenminister bewähren wird. Bei Joschka Fischer wunderte ich mich eigentlich mehr über seine Turnschuhe, bei Johnson, dass er seine Hände dauernd in den Hosentaschen hat. Warum aber eigentlich nicht?

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