Sonntag, 24. Juli 2016

Münchner Amoklauf im Lichte der Medien

Am Freitag vergangener Woche beklagte ich an dieser Stelle, dass mir die in jüngster Zeit eingetretenen Ereignisse – nicht zuletzt das entsetzliche Attentat in Nizza – kaum die Möglichkeit gaben, alles folgerichtig in meine Gehirnwindungen einzufädeln, um nach den Medienberichten zu eigenem Nachdenken zu kommen.
Heute musste ich einsehen, dass jene große Zahl an Ereignissen noch bescheiden wirkt angesichts der Berichterstattung der Medien über ein einzelnes Ereignis: dem Amoklauf eines einzelnen Menschen im Münchner Einkaufszentrum am Olympiapark.
Ich finde es geradezu grotesk, was allein ARD und ZDF am Abend des vergangenen Freitags im Zusammenhang mit diesen Amoklauf inszenierten, um nur ja möglichst aktuell berichten zu können. Obwohl bis in den späten Abend hinein im Grunde nichts anderes zu berichten war als eine „unübersichtliche“ Situation in München. Ein ums andere Mal wurde zu Reportern nach München geschaltet, jedes Gerücht – etwa um angebliche Schießereien am Stachus und im Hofbräuhaus – brühwarm den Zuhörern und Zusehern offeriert, um danach einzuräumen, dass es sich um Falschmeldungen handele. Und alles wurde noch zusätzlich dramatisch verbrämt, indem von „vermutlich“ mehreren Tätern berichtet wurde, die im Einkaufszentrum ihr Unwesen trieben.
Bis irgendwann am späteren Abend wussten die „Öffentlich-rechtlichen“ trotz unablässiger „vor Ort“-Schaltung nichts anderes als Vermutungen („was sehen Sie?“, „was denken Sie?“, was vermuten Sie?“) zu verbreiten. Es wurde mir schließlich zuviel, ich schaltete den Fernseher ab und ging ins Bett.
Um am folgenden Morgen festzustellen, dass die Printmedien ihre Berichtserstattung dort begannen, wo ich den Fernseher am Abend ausgeschaltet hatte. „SZ-Espresso“ etwa begrüßte seine Leser mit „. . .falls Sie in München leben, wünschen wir Ihnen, dass Sie die vergangenen Stunden gut überstanden haben. Gut 40 Redakteure und 15 Reporter haben seit Freitagabend über die Gewalttat im Olympia-Einkaufszentrum berichtet, den ganzen Tag über werden wir Sie auf SZ.de darüber weiter informieren.“ (Ende des Auszugs). Und das wurde dann auch getan. Und setzt sich bis heute fort, flankiert von einer schier unübersehbaren Zeitungsflut mit gleicher Problematik. Erst langsam wurde dadurch überschaubar und konkreter, was eigentlich wirklich geschehen war. Und wieviele Menschen dem Amoklauf eines einzelnen Täters zum Opfer fielen.


Die Medien jedenfalls zeigten und zeigen einmal mehr in eindrucksvoller Weise, zu welcher Höchstform sie auflaufen können, wenn es um vordergründige, dramatisierte Berichterstattung geht Etwas weniger, dafür sachlicher und professioneller wäre mehr gewesen. Professionell soll wenigstens der Einsatz und das Vorgehen der Polizei gewesen sein. Und das ist schließlich um der Menschen und der Sicherheit willen wichtiger. (Meine ganz unmaßgebliche Meinung.)

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