Dienstag, 26. Juli 2016

Wann ist Berichterstattung seriös?

Da hatte ich doch kürzlich Erstaunen und Verwunderung geäußert über die ausufernde, ins Groteske reichende Berichterstattung am Freitag des Anschlags im Münchner Olympia-Einkaufszentrum. Ich hatte u.a. geschrieben (Auszug): „Ich finde es geradezu grotesk, was allein ARD und ZDF am Abend des vergangenen Freitags im Zusammenhang mit diesen Amoklauf inszenierten, um nur ja möglichst aktuell berichten zu können. Obwohl bis in den späten Abend hinein im Grunde nichts anderes zu berichten war als eine „unübersichtliche“ Situation in München. Ein ums andere Mal wurde zu Reportern nach München geschaltet, jedes Gerücht – etwa um angebliche Schießereien am Stachus und im Hofbräuhaus – brühwarm den Zuhörern und Zusehern offeriert, um danach einzuräumen, dass es sich um Falschmeldungen handele. Und alles wurde noch zusätzlich dramatisch verbrämt, indem von „vermutlich“ mehreren Tätern berichtet wurde, die im Einkaufszentrum ihr Unwesen trieben.“ (Ende des Auszugs)

Ich zitiere diesen Absatz deshalb, um ihn unmittelbar gegenwärtig zu haben, angesichts eines fast zur gleichen Zeit in der WELT erschienenen Artikels, in dem der Autor (Oliver Rasche) meint, dass es richtig war, so breit über München zu berichten. (Auszug): „Es ist nicht Aufgabe der Medien, zu schweigen, bis das letzte Detail einer Sache geklärt ist, es ist Aufgabe der Medien, zu berichten, gerade dann, wenn eine Lage verworren ist. Mit aller Vorsicht, mit aller Zurückhaltung, versteht sich.“ (Ende des Auszugs).

Und dann meint Rasche, dass das oft – nicht immer – in der unmittelbaren Berichterstattung gelungen sei. In einer Situation nämlich, die aus medialer Sicht kaum komplizierter hätte sein können. Ständig Gerüchte über Schüsse in der Innenstadt, Augenzeugenmeldungen, die auf mehrere Täter hindeuteten. „Ja, zwischendurch klang es wie eine große, terroristische Aktion“, schrieb Rasche.
In der Tat, so klang es in der unablässigen Berichterstattung von ARD und ZDF unmittelbar danach. Es hätte ja sein können. . . Ich behaupte nicht, dass das sogar die große Hoffnung der Medien war, ich bin aber der Auffassung, dass es nicht mit der Verantwortung der Medien vereinbar ist, ohne alle Fakten eine derartige Vorstellung überhaupt erst aufkommen zu lassen, die sich danach als haltlos erweist. Bei „Meedia“ konnte man tags darauf u.a. lesen (Auszug): „Wieder Freitag, wieder überschlagen sich in dramatischer Weise die Nachrichten: Eine Woche nach dem Putschversuch in der Türkei verlagert sich der Blick der Weltöffentlichkeit plötzlich nach München, wo bei einem Amoklauf im Olympia Einkaufszentrum zehn Menschen starben. Bei der Berichterstattung geht es wie in der Woche zuvor in der Türkei drunter und drüber...die TV-Berichterstattung wurde größtenteils zur Chaos-Veranstaltung.“ (Ende des Auszugs). Das mag im übrigen auch genügen, um einschätzen zu können, ob der Wert einer solchen „Chaos-Veranstaltung“ nicht mehr der Unterhaltung und Kurzweil dient, als der ernsthaften Information.

Immerhin aber – um eine Art Kompromiss zu finden – zeigen die Anschläge in Würzburg und aktuell in Ansbach, dass dort Verbindungen zum IS erkennbar sind. Die Grenzen zwischen Amoklauf und terroristischem Anschlag scheinen zu verschwimmen. Und sollten jedenfalls zu einer seriösen, verantwortungsvollen Berichterstattung Anlass sein.

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