Die
Debatte um das Plagiat der bisherigen Bildungsministerin Annette
Schavan und ihr Rücktritt von ihrem Amt, die kürzlich noch
dominierendes Thema in den Medien war, ist im wesentlichen abgeebbt,
und nur noch Nachzügler melden sich zu Wort. Ich zähle mich nicht
dazu, denn meine Absicht ist lediglich die eigene Überlegung und
Argumentation für mich selbst. Und zumindest der Versuch einer
gewissen Selbstkontrolle über meine geistige Flexibilität. (Und
orientiere mich damit an bestimmten Vorbildern!?).
Und
die Debatte um Annette Schavan, deren Rücktritt ich als tragisch
empfinde, ist für mich mit Überlegungen verbunden, die vielfältig
sind. Dass dieser Rücktritt angesichts der öffentlichen Meinung zu
dem Problemkomplex unvermeidlich war, steht sicher fest. Wobei sich
einmal mehr zeigt – siehe die große Zahl an anonymen Kommentaren
als Echo der Medienberichte – wie schnell und oft ohne jegliche
sachliche Begründung – viele dieser Kommentatoren urteilen. Und
den Stab über einen Menschen brechen.
Was
man Schavan vorwirft, liegt mehr als dreißig Jahre zurück. Ich kann
mich leicht dem anschließen, was der Chefredakteur der „Thüringer
Allgemeine“, Paul-Josef Raue in einem Leitartikel zur „Gnade des
Vergessens“ (11.02.13) äußerte. Dass nämlich ein Totschläger
nach zwanzig Jahren mit Verjährung rechnen kann. Hätte also ein
solcher nach der Doktorarbeit Schavans ihren Doktorvater getötet,
wäre diese Tat längst verjährt, während das Plagiat der Annette
Schavan noch heute geahndet wird. Raue schließt (Auszug): „So weit
sind unsere Gesetze. Wie weit sind wir, die Bürger eines freien
Landes? Müssen wir die Kunst des Vergessens noch lernen? (Ende des
Auszugs.)
Dem
kann ich zustimmen, nur kommt es doch auf mich als zwar
interessierten, aber unmaßgeblichen Bürger eines freien Landes
überhaupt nicht an. Die Frage müsste meines Erachtens dagegen
gezielt an die Mitglieder der zuständige Philosophische Fakultät
der Universität Düsseldorf gehen: sie hätten ein Prüfungsverfahren
unter Hinweis auf den Zeitabstand ablehnen können. Müssen also
nicht vor allem sie die Kunst des Vergessens lernen?
Sie
blieben im Rahmen ihrer herkömmlichen Möglichkeiten. Und selbst
darin werden sie kritisiert, u.a. vom früheren Präsidenten der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker. Nach
seiner Meinung hätte sich die Fakultät als „zutiefst befangen“
erklären und das Verfahren abgeben müssen. „Das hat sie aber ganz
offensichtlich nicht begriffen“, erklärte er im „Handelsblatt“
Und fügte hinzu: „...oder sie hat es begriffen und hatte nur Angst
um ihren Ruf“. Sei dazu noch angefügt, was die „WELT“ am
09.02.schrieb (Auszug): „Dass
die Universität Düsseldorf sich überdies als Notar und Richter
zugleich betätigt, dass sie 1980 den Doktorgrad urkundlich und
deshalb mitverantwortlich beglaubigt und 2013 den Stab nur über der
Doktorandin bricht statt auch über sich selbst: Wen schert
es...“(Ende des Zitats).
Damit
mag es mit den Umständen rings um diese Plagiatsprüfung sein
Bewenden haben. Bleibt die Frage nach der Amtsführung Annette
Schavans als Bildungsministerin. Dabei bleibt festzustellen, dass
Politiker nahezu aller Parteien ihre Arbeit der vergangenen Jahre
uneingeschränkt würdigten. So äußerte z.B CSU-Chef Horst Seehofer
laut ARD, ihr Rücktritt sei „bedauerlich und tragisch“. Sie sei
eine vorzügliche Ministerin auf diesem Feld“ gewesen, meinte er in
der „Passauer Neuen Presse“. Und Bundeswirtschaftsminister und
FDP-Vorsitzender Philipp Rösler beklagte gleichfalls, dass die
Bildungsministerin ihre Arbeit nicht fortsetzen könne. "Wir
Liberale haben mit Annette Schavan in der Bildungspolitik
hervorragend zusammengearbeitet und sind ihr dafür dankbar.
Gemeinsam haben wir viel erreicht", betonte er in der ARD. Viele
Projekte blieben auf immer mit ihrem Namen verbunden. Und auch in
ihrer eigenen Partei überwiegt das Bedauern und die Anerkennung
ihrer Arbeit. Auch die Opposition fand lobende Worte für die
CDU-Politikerin, die nach der Aberkennung ihres Doktortitels aus dem
Amt scheidet. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte Schavan in der „Welt
am Sonntag“ „eine hoch anständige und kompetente Kollegin, um
die es mir außerordentlich leid tut". Das sind Beispiele, die
eigentlich beliebig erweitert und präzisiert werden könnten. Umso
erstaunlicher ist demgegenüber die Beurteilung der zurückgetretenen
Ministerin in „Spiegel.onlne“:
Unter
dem 09.02.13 wird dort von Christoph Titz die Frage gestellt, was
wohl von Annette Schavan bleiben wird? Um auch gleich die Antwort zu
geben (Auszug): „Man
muss es ehrlich sagen: nicht viel. Die CDU-Politikerin hat sich schon
vor Jahren selbst entmachtet, auf Bundesebene findet Hochschulpolitik
praktisch nicht statt. Es wäre konsequent, das Amt des
Bundesbildungsministers abzuschaffen.“ (Ende des Auszugs.) Titz
begründet das aus seiner Sicht auch, um dann zu resumieren
(Auszug):“...An Annette Schavan wird man sich bald nur noch wegen
ihres Plagiats erinnern. Daran ist die Politikerin selbst schuld. So,
wie sie ihr Amt ausfüllte, kann man es auch abschaffen...“ (Ende
des Auszugs.)
Die
Problematik ist also ausgesprochen komplex. Und wenn man lediglich
auf Medienberichte mit höchst unterschiedlichen Tenor angewiesen
ist, hält man sich besser mit einen eigenen Urteil zurück. Dass
viele meinten, sich ohne wirkliches Wissen und eigene Kenntnis dazu
(vornehmlich anonym) äußern zu müssen, wirft ein bezeichnendes
Licht zumindest auf Teile unserer Gesellschaft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen