Mittwoch, 13. Februar 2013

Rücktritte mobilisieren, beunruhigen, irritieren


Sie kommen wie eine Lawine, überrollen geradezu den unbefangenen, aber interessierten Bürger und überlassen ihn dann seinem Schicksal. Ich meine damit die Berichte zu bestimmten, wesentlichen Themen im lokalen wie überregionalem oder gar im Weltgeschehen. Und erst, wenn sich die jeweilige Thema- oder Problemwelle beruhigt hat, und der interessierte Medienkonsument sondiert hat, was ihm da an Berichten, Meinungen und Kommentaren angeboten wurde, kann er – wenn ihm der Sinn danach steht – überlegen, wie er selbst zu dem behandelten Thema oder Problem steht. Oder er kann es lassen. Es scheint aber in zunehmenden Maße Leute zu geben – vornehmlich Twitter- oder Facebook-Nutzer – die sich die Mühe des Nachdenkens sparen und eine Meinung äußern, auch wenn sie gar nichts von dem Thema verstehen, um das es jeweils geht.

Aktuell meine ich den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. von seinem Pontifikat. Meine Gepflogenheiten jedenfalls besteht darin, Berichte zu bestimmten wesentlichen Themen zu sammeln, bevor ich versuche, zu sondieren um zu einer eigenen Auffassung zu kommen. Dabei war ich noch mit dem Rücktritt von der bisherigen Bundesbildungsministerin Annettte Schavan beschäftigt. Die Lektüre der vielen, dazu angebotenen Presseveröffentlichungen braucht eben ihre Zeit, ich komme noch darauf zurück.

Nun wendete sich seit Montag mit der Meldung des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. das nahezu uneingeschränkte Interesse diesem Ereignis zu. Und nachdem ich zugestandenermaßen auch eine gefühlte Einstellung zu diesem höchst dramatischen Vorgang habe, trat der Rücktritt Annette Schavans für mich doch vorerst in den Hintergrund.

Auch zum Papst-Rücktritt erschienen inzwischen viele Berichte in den Medien. Und wie es heißt, gibt es in den Sozialen Netzwerken ein noch sehr viel größeres Echo. Das mich allerdings nicht erreicht, denn nach wie vor fehlt mir das Interesse, dort „mitzumischen“. Und wenn ich in „Spiegel.online“ lese, dass sich Benedikt XVI. bei Twitter derzeit in einer „Kurzwitzhölle“ befindet, kann ich mir einerseits vorstellen (oder vielleicht auch nicht), welche geistigen oder auch charakterlichen Abgründe sich dort auftun, verzichte ich gern darauf, diesen Meinungs-Mülleimer kennen zu lernen.

Am Montag und als unmittelbare Reaktion auf die Rücktrittserklärung meinte ja der Moderator der ARD zunächst, es sei nicht ganz leicht, einen kompetenten Gesprächspartner zu diesem Vorgang zu finden – er fand ihn dann doch in der eigenen Kirchenredaktion. Danach aber war eine solche Suche nicht mehr nötig, die Zahl derer, die sich für berufen oder kompetent hielten und halten, sich zu dieser Thematik zu äußern, nahm in einem Maße zu, dass es schwer ist, überhaupt die Übersicht zu behalten. Und wenn Benedikt XVI. seinen Rücktritt damit begründete, dass ihm inzwischen die Kraft für die Aufgaben eines Papstes fehle, dann könnte man es damit eigentlich bewenden lassen. Wohl nur ein Mensch ähnlichen Alters – und ich bin gerade mal zwei Jahre jünger als er – kann nachvollziehen, wie sich das Alter auf die Wahrnehmungen eines verantwortungsvollen Amtes physisch und psychisch auswirken. Und wer kann schon ermessen, wie schwer das Amt eines Papstes auf seine Physik wirkt? Dass es noch zusätzliche Belastungen durch Vorgänge sehr weltlicher und auch krimineller Art gab, mag erschwerend gewirkt haben. Ich meine allerdings, dass sich der „Bild“-Slogan „Wir sind Papst“ anlässlich seiner Wahl zum Pontifex in Deutschland alles andere als zum Vorteil auswirkte. Offenbar stellte man ihn hierzulande mit Politikern wie Peer Steinbrück oder Philipp Rösler auf eine Stufe und meinte, ihn wie jene angreifen und mit Kritik und Häme bedenken zu können. Ich denke, Deutschland verdient keinen deutschen Papst, so traurig das auch sein mag. Es wird vermutlich auch lange dauern – wenn überhaupt – bis es wieder einen deutschen Papst geben wird. Den man dann in gleicher Weise behandeln könnte wie Benedikt XVI. (den ich mehrmals aus seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising erlebte). Und alle Spekulationen über seine Nachfolge und dessen Amtsführung wird man im Grunde nicht viel anders verfolgen wie die Wahl der Päpste zuvor. Oder eines Staatsmannes in den USA oder sonstwo. Eine „Kurzwitzhölle“ jedenfalls wird ihm auch im schlimmsten Falle von deutscher Seite erspart bleiben. Und das ist meines Erachtens gut so. Ich werde mich wieder, und abschließend, dem Rücktritt Annette Schavans zuwenden.

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