Sie kommen wie eine Lawine, überrollen
geradezu den unbefangenen, aber interessierten Bürger und überlassen
ihn dann seinem Schicksal. Ich meine damit die Berichte zu
bestimmten, wesentlichen Themen im lokalen wie überregionalem oder
gar im Weltgeschehen. Und erst, wenn sich die jeweilige Thema- oder
Problemwelle beruhigt hat, und der interessierte Medienkonsument
sondiert hat, was ihm da an Berichten, Meinungen und Kommentaren
angeboten wurde, kann er – wenn ihm der Sinn danach steht –
überlegen, wie er selbst zu dem behandelten Thema oder Problem
steht. Oder er kann es lassen. Es scheint aber in zunehmenden Maße
Leute zu geben – vornehmlich Twitter- oder Facebook-Nutzer – die
sich die Mühe des Nachdenkens sparen und eine Meinung äußern, auch
wenn sie gar nichts von dem Thema verstehen, um das es jeweils geht.
Aktuell meine ich den Rücktritt von
Papst Benedikt XVI. von seinem Pontifikat. Meine Gepflogenheiten
jedenfalls besteht darin, Berichte zu bestimmten wesentlichen Themen
zu sammeln, bevor ich versuche, zu sondieren um zu einer eigenen
Auffassung zu kommen. Dabei war ich noch mit dem Rücktritt von der
bisherigen Bundesbildungsministerin Annettte Schavan beschäftigt.
Die Lektüre der vielen, dazu angebotenen Presseveröffentlichungen
braucht eben ihre Zeit, ich komme noch darauf zurück.
Nun wendete sich seit Montag mit der
Meldung des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. das nahezu
uneingeschränkte Interesse diesem Ereignis zu. Und nachdem ich
zugestandenermaßen auch eine gefühlte Einstellung zu diesem höchst
dramatischen Vorgang habe, trat der Rücktritt Annette Schavans für
mich doch vorerst in den Hintergrund.
Auch zum Papst-Rücktritt erschienen
inzwischen viele Berichte in den Medien. Und wie es heißt, gibt es
in den Sozialen Netzwerken ein noch sehr viel größeres Echo. Das
mich allerdings nicht erreicht, denn nach wie vor fehlt mir das
Interesse, dort „mitzumischen“. Und wenn ich in „Spiegel.online“
lese, dass sich Benedikt XVI. bei Twitter derzeit in einer
„Kurzwitzhölle“ befindet, kann ich mir einerseits vorstellen
(oder vielleicht auch nicht), welche geistigen oder auch
charakterlichen Abgründe sich dort auftun, verzichte ich gern
darauf, diesen Meinungs-Mülleimer kennen zu lernen.
Am Montag und als unmittelbare Reaktion
auf die Rücktrittserklärung meinte ja der Moderator der ARD
zunächst, es sei nicht ganz leicht, einen kompetenten
Gesprächspartner zu diesem Vorgang zu finden – er fand ihn dann
doch in der eigenen Kirchenredaktion. Danach aber war eine solche
Suche nicht mehr nötig, die Zahl derer, die sich für berufen oder
kompetent hielten und halten, sich zu dieser Thematik zu äußern,
nahm in einem Maße zu, dass es schwer ist, überhaupt die Übersicht
zu behalten. Und wenn Benedikt XVI. seinen Rücktritt damit
begründete, dass ihm inzwischen die Kraft für die Aufgaben eines
Papstes fehle, dann könnte man es damit eigentlich bewenden lassen.
Wohl nur ein Mensch ähnlichen Alters – und ich bin gerade mal zwei
Jahre jünger als er – kann nachvollziehen, wie sich das Alter auf
die Wahrnehmungen eines verantwortungsvollen Amtes physisch und
psychisch auswirken. Und wer kann schon ermessen, wie schwer das Amt
eines Papstes auf seine Physik wirkt? Dass es noch zusätzliche
Belastungen durch Vorgänge sehr weltlicher und auch krimineller Art
gab, mag erschwerend gewirkt haben. Ich meine allerdings, dass sich
der „Bild“-Slogan „Wir sind Papst“ anlässlich seiner Wahl
zum Pontifex in Deutschland alles andere als zum Vorteil auswirkte.
Offenbar stellte man ihn hierzulande mit Politikern wie Peer
Steinbrück oder Philipp Rösler auf eine Stufe und meinte, ihn wie
jene angreifen und mit Kritik und Häme bedenken zu können. Ich
denke, Deutschland verdient keinen deutschen Papst, so traurig das
auch sein mag. Es wird vermutlich auch lange dauern – wenn
überhaupt – bis es wieder einen deutschen Papst geben wird. Den
man dann in gleicher Weise behandeln könnte wie Benedikt XVI. (den
ich mehrmals aus seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising
erlebte). Und alle Spekulationen über seine Nachfolge und dessen
Amtsführung wird man im Grunde nicht viel anders verfolgen wie die
Wahl der Päpste zuvor. Oder eines Staatsmannes in den USA oder
sonstwo. Eine „Kurzwitzhölle“ jedenfalls wird ihm auch im
schlimmsten Falle von deutscher Seite erspart bleiben. Und das ist
meines Erachtens gut so. Ich werde mich wieder, und abschließend, dem Rücktritt Annette Schavans zuwenden.
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