Montag, 25. Februar 2013

Adenauer-de Gaulle: Wegbereiter deutsch-französischer Freundschaft


„Stell' Dir vor, da wird eine Ausstellung von elementarer Tragweite eröffnet und kaum jemand geht hin“, könnte ich angesichts dieser, am Donnerstag im Bürgersaal des Nordhäuser Rathauses eröffneten Wanderausstellung zu bedenken geben, wenn ich hier für die Öffentlichkeit schreiben würde. Weil ich das aber nicht tue, brauche ich für mich nur hoffen, dass sie andernorts mehr Interesse findet. Sie ist es wert.

Es geht also um diese Wanderausstellung anlässlich des 50 Jahrestages der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages, die ich schon gestern thematisierte, weil sie anschaulich über geschichtliche, politische und persönliche Umstände informiert, die schließlich im Jahre 1963 zu diesem Vertrag führten. Und die sind ebenso umfangreich, wie sie bedeutungsvoll für die damalige Zeit waren. Und es nach wie vor auch heute unter fortgeschrittenen Bedingungen und Umständen sind.

Nordhausens Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh, der die Ausstellung im Bürgersaal einführte und die begleitenden Referenten zur Vernissage ( Bertrand Leveaux und Dr. Corinna Franz) begrüßte, holte in seiner Grußwort-Ansprache weit aus, als er ins Jahr 1810 zurückblickte – also in eine Zeit, die in Frankreich noch von Napoleon Bonaparte geprägt war – und die Schriftstellerin Germain Madame de Stael zitierte, ich schrieb gestern schon darüber. Ihre Eindrücke und Erkenntnisse über Deutschland und die Deutschen, die sie damals in ihrem Buch d'Allemagne veröffentlichte, waren prägend und nachhaltig. Und selbst in der Vorstellung Charles de Gaulle's waren trotz der Erfahrungen der Kriege von 1870, 1914 und 1940 zwischen Deutschland und Frankreich zumindest noch Reste davon vorhanden, wie Leveraux in seinem Vortrag am Donnerstag bemerkte.

Nachdem also Dr. Zeh die Besucher der Vernissage mit jenen Menschenbild der Deutschen und den Referenten zum Themenkomplex bekannt gemacht hatte, sprach nach ihm zunächst Bertrand Leveaux und versicherte eingangs seines Vortrags, dass es ihm als Leiter des französischen Kulturbüros in Thüringen Anliegen sei, mit dieser Wanderausstellung einem breiten Publikum Vorstellungen von der Ausgangssituation und dem Verlauf der Bestrebungen zu vermitteln, die 1963 nach zwei Jahrhunderten die Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich beendeten und zu einer Aussöhnung sowohl in menschlicher, gesellschaftlicher als auch politischer und wirtschaftlicher Hinsicht führten. Und dies vertraglich mit dem Elysée-Vertrag besiegelten.

Leveaux sprach natürlich aus französischer Sicht, beschrieb Leben und Wirken des 1890 in Lille geborenen Charles de Gaulle während der beiden Weltkriege, die er in unterschiedlichen Positionen und Wirkungsbereichen mitbestimmte, sein Aufstieg zum Staatspräsidenten Frankreichs und spätestens als das als einer der beiden Wegbereiter zur deutsch-französischen Aussöhnung und Freundschaft. Sein Verdienst ist es, aus französischer Sicht sehr bald nach Ende des zweiten Weltkriegs erkannt zu haben, wie wichtig eine solche Aussöhnung ist. Nicht nur zwischen den beiden Völkern, sondern als Basis einer europäischen Gemeinschaft. Wobei de Gaulle ein Europa der Vaterländer vorschwebte mit künftiger gegenseitiger Abstimmung. Leveaux erinnerte an den in 1962 erfolgten Besuch de Gaulles in Deutschland, seine Rede an die deutsche Jugend und die persönliche Annäherung an Konrad Adenauer. Der zunächst durchaus reserviert den Bestrebungen und der Person de Gaulles begegnete. Und erst anlässlich eines Besuches Adenauers bei Charles de Gaulle 1962 an dessen Wohnsitz Colombey-les-Deux-Églises gab Adenauer seine Vorbehalte auf. 

Um fortan gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten das Aussöhnungswerk voran zu bringen. Das dann im Januar 1963 zum Elysée-Vertrag führte. Leveaux anerkannte in seinem Vortrag neben den Bestrebungen de Gaulles ausdrücklich die Bemühungen Adenauers, der nicht weniger die Tragweite einer europäischen Einigung frühzeitig erkannte, sich aber erst einmal gegen teils massive Widerstände im damaligen Bundestag durchsetzen musste. Dass zu diesen Bremsern neben Kurt Schuhmacher auch Ludwig Erhardt gehörte, sollte noch Auswirkungen im nachhinein haben, nachdem Erhardt Bundeskanzler und damit Nachfolger Adenauers wurde. Die beharrlichen Bestrebungen der beiden Initiatoren führten dann aber doch zum angestrebten Ziel. Leveaux erwähnte in diesem Zusammenhang mit Jean Monnet noch einen dritten französischen Politiker, der an diesem Einigungswerk maßgeblichen Anteil hatte, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Erläuterungen Leveaux's und seine Hinweise auf die Infotafeln ließen das damalige Geschehen geradezu lebendig werden. Dabei wies er aber auch darauf hin, dass die deutsch-französische Freundschaft nie ein Selbstläufer gewesen ist, sondern Ergebnis jahrelanger Annäherungs-Bemühungen. Die auch heute noch beständiger Pflege bedürfen. Woran die im Laufe der Zeit entstandenen, gegenwärtig 78 Städtepartnerschaften wesentlich beteiligt sind. Bei dieser Gelegenheit erwähnte er jene in Thüringen wirkenden Partnerschaften, die überwiegend schon zu DDR-Zeiten gegründet wurden.(Dr. Zeh war schon zuvor auf diese Partnerschaften eingegangen.) Schließlich umriss Leveaux noch Art und Weise der heutigen Zusammenarbeit auf allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ebenen, wobei u.a. der Jugendarbeit (Jugendaustausch) zwischen beiden Ländern besondere Bedeutung zukommt. Der Vortragende schloss mit einem Zitat Charles de Gaulles aus dem Jahre 1962, nach dem es kein wie auch immer geartetes Europa geben könne, wenn es nicht zuvor die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland gibt. Die also den Weg bereitete zu der europäischen Union, die wir heute erleben.

Während also Betrand Leveaux das Aussöhnungswerk aus französischer Sicht schilderte, behandelte nach ihm Dr. Corinna Franz diese Thematik aus Sicht Konrad Adenauers, denn er war es, der auf deutscher Seite schon frühzeitig Notwendigkeit und Bedeutung einer Versöhnung mit Frankreich erkannte und anstrebte. Wobei es zunächst galt, das Misstrauen der Franzosen gegenüber Deutschland nach den beiden Weltkriegen zu überwinden und eine konstruktive Basis zu schaffen.

Auch Dr. Franz ging in ihrem Vortrag erkennbar davon aus, dass man die gesellschaftlich – politische Entwicklung nach 1945 im Westen in der DDR nur aus der Ferne verfolgen konnte. Und der Name Konrad Adenauer in der DDR nicht unbedingt einen guten Klang hatte. Nun wolle sie versuchen, ihren Zuhörern die Person Konrad Adenauers mit seinen politischen Intentionen geschichtlich näher zu bringen. Und erklärte zu ihrer Kompetenz, dass die Stiftung Bundeskanzler Adenauer-Haus, deren Geschäftsführerin sie sei, die Gedenkstätte des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland ist, die das Vermächtnis Adenauers wahrt. Dr. Franz umriss Zeit und Leben Konrad Adenauers in einer Epoche, in der Deutschland noch von einem Kaiser regiert wurde und es einen „Eisernen Kanzler“, nämlich Otto von Bismarck, gab, der in Frankreich durch den Krieg 1870 in böser Erinnerung existiert.

Das von Dr. Franz aufgezeigte Lebensbild weist Konrad Adenauer schließlich als Mensch mit vielseitigem Engagement – politisch, konfessionell und gesellschaftlich - aus, der sich u.a. als Kölner Oberbürgermeister nach dem ersten Weltkrieg außerordentlich große Verdienste erwarb. Und in der Folgezeit politisch wechselvolle Erfahrungen machen musste. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Adenauer erneut Oberbürgermeister von Köln und brachte gleichzeitig seine reichen Erfahrungen in den Aufbau des Deutschland der Nachkriegszeit ein. Nachdem er erkannt hatte, dass sein Engagement nötig ist. Und intensivierte seine Bemühungen, nachdem er nach der Gründung der Bundesrepublik zum ersten Bundeskanzler gewählt worden war. Sein politischer Weitblick ließ ihn allerdings schon ausgangs der vierziger Jahre erkennen, wie wichtig es sei, schnellstmöglich die staatliche Ordnung in den westlich besetzten Zonen herzustellen, eine unverbrüchliche Bindung an die freiheitliche Demokratie des Westens zu erreichen und die Schaffung eines vereinten Europas anzustreben. Dass ein Zusammenschluss der europäischen Staaten bleibenden Frieden verheißt, Sicherheit und Wohlstand verspricht, stand für Adenauer fest. Für die junge Bundesrepublik bedeutete das die Eintrittskarte in die Staatengemeinschaft und die Aufnahme als gleichberechtigten Staat unter gleichen. Die Einigung des Kontinents galt Adenauer nach seinen gemachten bitteren Erfahrungen als moralische Verpflichtung und politischer Auftrag. Auch Dr. Franz erläuterte leicht nachvollziehbar, wie Adenauer diesen selbst gestellten Auftrag systematisch und folgerichtig in die Tat umsetzte in dem Bestreben, eine Einigung Europas herbeizuführen.

Dr. Corinna Franz zeichnete wie zuvor Betrand Leveaux ein Bild der handelnden Politiker, der teilweise äußerst schwierigen Überwindung politischer Ressentiments zwischen Deutschland und Frankreich in den Jahren 1949 bis 1962, allerdings nun aus Sicht Konrad Adenauers. Die es wert wäre, sehr viel detaillierter wiedergegeben zu werden. Die Referentin erläuterte die Entwicklung äußerst anschaulich und ließ den Geist dieses Elysée-Vertrages wach werden. Ich versage es mir allerdings, weiter ins Detail zu gehen, zumal die Informationstafeln dieser Ausstellung den Weg zu diesem Aussöhnungswerk – wenn auch sehr nüchtern – in einer Ausführlichkeit aufzeigen, für die hier zig Seiten nötig wären. Falls es also Interessierte gibt, die auf meinen Blog stoßen, seien die auf diese Ausstellung verwiesen, die im Nordhäuser Bürgersaal des Rathauses bis zum 01. März besucht werden kann.

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