Da hatte ich doch in einigen meiner Einträge beklagt, dass die durch den „Stern“ ausgelöste Sexismus-Debatte einen überdimensioniert breiten Raum in den Medien einnahm. Und nahezu jeder Redakteur – und sogar eine „Chefin vom Dienst“ beim Spiegel – die willkommene Gelegenheit nutzte, um einen möglichst spektakulären – wenn meist auch nur banalen - Beitrag zur Debatte beizusteuern. Wobei mir ja die Flut an Beiträge und Äußerungen in Facebook und Twitter „erspart“ blieben, nachdem ich ja nicht zu diesen Gemeinden gehöre.
Und nun, da diese Kampagne gegen Rainer Brüderle, um eine solche ist es ja wohl ursächlich gegangen, abgeebbt ist, scheint diese ganze Debatte einer ruhigeren, und damit vernünftigeren Denkweise Platz zu machen. Und die wirft nun ein bezeichnendes Licht auf eine Tendenz im Journalismus, die seit geraumer Zeit in den Medien Einzug gehalten hat. Während es einzelne Journalisten immerhin noch mit der Mahnung zur Sachlichkeit bewenden lassen, sehen andere in der Debatte bereits den Beweis einer Entwicklung, die mit verantwortungsvollen Journalismus nur noch wenig zu tun hat.Im Manager-Magazin etwa ist dazu zu lesen (Auszug): Der Streit zwischen „Stern“-Journalistin Himmelreich und FDP-Politiker Brüderle taugt nicht als Startschuss für eine generelle Sexismusdebatte. Wozu die Hotelbaraffäre jedoch sehr wohl taugt, ist, sie zu einer Debatte über zu große Nähe von Journalisten und Politikern zu nutzen.“(Ende des Auszugs). Geht es dabei immerhin noch um sachlich zu begründenden Argwohn zwischen Politik- und Wirtschaftsjournalisten, liest sich die Einschätzung in „Telepolis“ schon anders (Auszug): „Der stern-Artikel „Der Herrenwitz“, aber vor allem auch die sich anschließende „Berichterstattung“ zeigen: Im journalistischen Feld hat eine passive Revolution stattgefunden. Der über viele Jahre andauernde Akt der inneren Umwälzung im journalistischen Kosmos hat zu radikalen Veränderungen geführt. Wir befinden uns jetzt in einer Ära des Postjournalismus. Darüber muss gesprochen werden, denn vielleicht ist noch etwas zu retten von dem, was früher einmal als Journalismus bekannt war. Viel dürfte es nicht mehr sein.“ (Ende des Auszugs)
Der Autor dieses „Telepolis“-Beitrags (Marcus Klöckner) beschreibt anschaulich jene Zeit des verantwortungsvollen Journalismus (auch gegenüber den Lesern) und den seitdem eingetretenen Veränderungen. Und kommt zu dem Ergebnis (Auszug): „Der "Journalismus", wie er dieser Tage in Sachen "Sexismus-Debatte" zu beobachten ist, ist das Produkt eines journalistischen Feldes, das überhaupt nicht bemerkt, wie es sich selbst enteignet hat und somit dazu beigetragen hat, dass es durch das ersetzt wird, was man nur noch als Scheinjournalismus bezeichnen kann...“(Ende des Auszugs). Jene, die nicht nur lesen um sich zu unterhalten, müssten längst den Unterschied gemerkt haben zwischen dem, was tatsächlich noch sachlich fundierter Journalismus ist, und was demgegenüber heute zwar nach wie vor als Journalismus daherkommt, aber zunehmend zum Scheinjournalismus geworden ist. Beiträge, die sich noch durch Inhalt und durch echte Argumentation kennzeichnen, werden zunehmend zu Störfeuer in der Ära des fortschreitenden Postjournalismus, meint sinngemäß Klöckner. Dem ich nach meinem Verständnis und meiner Erfahrung leicht beipflichten kann. Das ist übrigens in seiner Art (noch) nicht mit dem im „Manager-Magazin“ erwähntem Argwohn und der Mißgunst zwischen Politik- und Wirtschaftsjournalisten gemeint. Der wird mit anderem Anspruch auf einem eigenen Qualitätsfeld des Journalismus ausgetragen, zielt aber wohl in die gleiche Richtung. Ich komme noch darauf zurück. Wenn ich mich schließlich mit meiner Auffassung auf bestimmte andere Journalisten berufe dann einfach deshalb, weil ich die sich abzeichnenden, oder bereits eingetretenen Veränderungen in der Journalistik nur von der Peripherie aus beobachten kann. Die Entwicklung in diesem Bereich hat mich einfach überholt.
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