30.000 Beschäftigte erwarten
Umsteuern am Arbeitsmarkt
Für
die rund 30.000 Beschäftigten im Landkreis Nordhausen hängt viel davon
ab, wie die politischen Weichen in Berlin gestellt werden: Wie viel ist
künftig in der Lohntüte? Wird Arbeiten in der Nacht oder am Wochenende
zur Normalität? Was passiert mit der Rente? Mit Blick auf eine mögliche
Neuauflage der Großen Koalition hat die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) jetzt eine „Arbeits- und Sozial-Agenda“
gefordert. Die NGG Thüringen richtet einen eindringlichen Appell an die
heimischen Bundestagsabgeordneten: „Es muss klar sein, dass die
Interessen der Beschäftigten nicht unter die Räder kommen.“
Die
Arbeitszeit ist der NGG dabei besonders wichtig: 8.600 Menschen im
Kreis Nordhausen haben nach aktuellen Angaben der Arbeitsagentur eine
Teilzeit-Stelle – trotz Hochkonjunktur. Das sind 24 Prozent mehr als
noch vor fünf Jahren. Dabei werden 82 Prozent aller Teilzeit-Jobs von
Frauen erledigt. Gewerkschafterin Christl Semmisch sieht in den Zahlen
einen klaren Auftrag an eine neue Bundesregierung: Nötig sei ein
verbrieftes Rückkehrrecht auf Vollzeit.
„Wer
seine Arbeitszeit für die Erziehung der Kinder oder die Pflege der
Angehörigen runterfährt, der muss danach auch wieder voll in den Job
zurückkehren können.“ Genau dafür habe bereits ein Gesetz auf dem Tisch
gelegen, das jedoch am Widerstand der Union gescheitert sei. Sollte es
wieder zur Koalition von CDU/CSU und SPD kommen, dürfe diese
„Von-Teilzeit-zu-Vollzeit-Garantie“ nicht noch einmal verschleppt
werden.
Auch
die Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes, wie sie Arbeitgeberverbände
fordern, lehnt die NGG Thüringen strikt ab. „13-Stunden-Tage und
Dauer-Verfügbarkeit per Smartphone können nicht die Arbeitswelt von
morgen sein. Wer flexible Arbeitszeiten braucht, kann sie per
Tarifvertrag regeln“, sagt Semmisch.
Genauso
wenig dürfe an den Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn gerüttelt
werden: „Nur wenn die Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten
aufschreiben, können sie die Stunden auch korrekt bezahlen. Darauf ist
jeder ehrliche Unternehmer angewiesen. Wer an die Dokumentationspflicht
will, der öffnet dem Lohnbetrug Tür und Tor“, betont die Gewerkschafterin.
Nötig
sei zudem ein kräftiger Nachschlag beim Mindestlohn. „Wir brauchen
einen zweistelligen Euro-Betrag als unterste Lohngrenze. Das geht nur,
wenn dahinter auch ein deutlicher politischer Wille steht. Genau das
erwarten Mindestlohn-Empfänger von der neuen Bundesregierung“, macht
Semmisch deutlich.
Ganz
oben auf die Agenda gehöre auch ein Plan, um die Krankenversicherung
auf neue Füße zu stellen. In einem Land, dem es wirtschaftlich so gut
gehe, müsse die „Zwei-Klassen-Medizin“ ein Ende haben. Es könne nicht
sein, dass der mit dem dickeren Geldbeutel schneller und besser
behandelt werde. Nötig sei eine solidarische Bürgerversicherung, in die
alle – auch Beamte und Selbstständige – einzahlten. Für ein solches
Modell hatte sich zuletzt die SPD starkgemacht.
Semmisch:
„Die nächste Bundesregierung hat die Chance zum Umsteuern. Gut gefüllte
Haushaltskassen bieten den Spielraum für Reformen, von denen die
Beschäftigten heute, aber auch die der nächsten Generation etwas haben.“
Christl SemmischGeschäftsführerin der
NGG-Region Thüringen
NGG-Region Thüringen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen