Freitag, 15. Dezember 2017

Hochschulen erwarten von Studienanfängerinnen und -anfängern solide Kenntnisse der Schulmathematik

Eine großangelegte Studie des IPN zeigt, dass Lehrende an Hochschulen bei Studierenden der mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Fächer davon ausgehen, dass sie fundierte mathematische Kenntnisse und Fertigkeiten aus der Schule mitbringen. Darüber hinaus werden auch adäquate Vorstellungen über Mathematik als Wissenschaft sowie spezielle persönliche Voraussetzungen erwartet.

Die Bildungsstandards legen fest, welche mathematischen Fähigkeiten und Fertigkeiten Abiturientinnen und Abiturienten in der Regel zum Ende ihrer Schulzeit verfügbar haben sollten. Dennoch haben Studierende zu Studienbeginn gerade in den Studiengängen der Mathematik, Informatik, den Naturwissenschaften und Technik, den so genannten MINT-Fächern, große Probleme mit den mathematischen Anforderungen. Unklar ist dabei, welche mathematischen Lernvoraussetzungen die Hochschulehrenden von den Studienanfängerinnen und Studienanfängern erwarten. Ein Projektteam des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) führte deshalb, unterstützt von der Deutsche Telekom Stiftung, eine Delphi-Studie mit Hochschullehrenden der Mathematik in MINT-Studiengängen durch.

Breiter Konsens
Um ein möglichst umfassendes und adäquates Bild der Meinung von Hochschullehrenden abzubilden, wurden mehr als 2000 Dozentinnen und Dozenten für Mathematik aus Deutschland – von Universitäten und (Fach-)Hochschulen, gestreut über den gesamten MINT-Bereich – zur Teilnahme an der Studie eingeladen, von denen sich über drei Befragungsrunden bis zu 40 % beteiligten. Trotz der verschiedenen Rollen der Mathematik in den unterschiedlichen Studiengängen und trotz verschiedener Ausrichtungen von Universitäten und (Fach-)Hochschulen zeigte sich ein breiter Konsens unter den Befragten.
Kenntnisse und typische Arbeitstätigkeiten auf Schulniveau sollten verfügbar sein. Vorstellungen über Mathematik als Wissenschaft und spezifische persönliche Merkmale ebenfalls.
Mathematische Kenntnisse und Fertigkeiten werden zwar in der Regel nicht auf dem Niveau akademischer Mathematik von den Hochschullehrenden bei Studienanfängerinnen und -anfängern erwartet. Allerdings besteht insbesondere bei Grundlagenwissen und -fertigkeiten eine große Einigkeit unter den Hochschullehrenden: Diese sollten MINT-Studienanfängerinnen und -anfänger sicher verfügbar haben.
Es sollten solide Kenntnisse über mathematische Inhalte der Schulmathematik wie auch im Umgang mit mathematischen Tätigkeiten bei Studierenden der MINT-Fächer zu Beginn des Studiums vorhanden sein. Es wird erwartet, dass die Studierenden die Inhalte der Sekundarstufe I wie z.B. Bruchrechnen oder das Lösen von Gleichungen verinnerlicht haben. Für die meisten weiterführenden Inhalte reicht aus Sicht der Befragten ein intuitives Verständnis aus – ein abstrakt-formales Verständnis wird zu Studienbeginn in der Regel nicht vorausgesetzt.
Hochschullehrende erwarten von Studienanfängerinnen und -anfängern auch, dass sie adäquate Vorstellungen über die Natur der Mathematik als wissenschaftliche Disziplin besitzen. Erwartet werden ebenso spezifische persönliche Merkmale, wie zum Beispiel eine angemessene Frustrationstoleranz oder eine Offenheit und Neugier gegenüber der spezifischen Weise, wie Mathematik an der Hochschule betrachtet wird.
Die Ergebnisse der Studie können dazu beitragen, die mathematischen Anforderungen zu Beginn eines MINT-Studiums transparenter zu machen und so den Übergang von der Schule in ein MINT-Studium an einer Hochschule reibungsloser zu gestalten.

Zum Hintergrund:
In MINT-Studiengängen werden seit Jahren hohe Studienabbruch- und Studienfachwechselquoten verzeichnet. Als Ursache verweisen die Studierenden selbst vor allem auf fehlende mathematische Vorkenntnisse. Auch Hochschullehrende bemängeln nicht selten eine zu geringe Vorbildung der Studienanfängerinnen und Studienanfänger.

Die Methode:
Die Delphi-Methode zeichnet sich dadurch aus, dass über mehrere Runden hinweg die Meinung einer Expertengruppe erfasst, strukturiert und zur erneuten Bewertung zurückgespiegelt wird. Dabei wird den teilnehmenden Expertinnen und Experten nicht mitgeteilt, wer welche Meinung geäußert hat, sondern lediglich, welche Aussagen in der gesamten Gruppe gemacht wurden. So kann sukzessive ein Konsens innerhalb der Expertengruppe gebildet werden, ohne Effekten der sozialen Beeinflussung zu unterliegen, wie diese beispielsweise in Befragungen auftreten, bei denen die gesamte Expertengruppe vor Ort zusammenkommt und diskutiert.

Details zur Studie und ihren Ergebnissen stehen hier zum Download bereit
https://www.ipn.uni-kiel.de/de/das-ipn/abteilungen/didaktik-der-mathematik/forsc...

Dr. Ute Ringelband (IPN - Leibniz-Institut fuer die Paedagogik der Naturwissenschaften und Mathematik) Pressestelle Berlin, Leibniz-Gemeinschaft

Mitteilung des idw – Informationsdienst Wissenschaft am 14.Dez.2017

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