In
meinem voraufgegangenen Eintrag zur Krise der Medien beschäftigte
mich – wieder einmal – die Broschüre des Süddeutschen Verlages
(Vandenhoeck & Ruprecht) zur Zukunft des Journalismus in Zeiten
des damals einziehenden Internets. Heribert
Prantl (Süddeutsche Zeitung) hatte damals in einem Geleitwort
geschrieben: „Journalismus verändert seinen Aggregatzustand, aber
er löst sich nicht auf. Er muss die digitale Welt nicht fürchten,
im Gegenteil. Denn guter Journalismus geht immer in die Tiefe.“
Das ist
nun ein gutes Jahrzehnt her. Nachdem sich die Medien – und es geht
vornehmlich um die tagesaktuellen – mit dem Internet mehr oder
auch weniger gut arragierten, erschlossen sie sich diese neue
Informations-Plattform sogar mit ihren zunächst kostenlosen
Newslettern. Und schafften sich damit selbst eine Konkurrenz. Aktuell
bieten Verlage noch in eingeschränktem Maße kostenlos Newsletter
an, während sie die wichtiger scheinenden Informationen zwar
anklingen lassen, ihren Gesamtinhalt aber nur gegen Bezahlung
offerieren.
Was nun
den von Heribert Prantl behaupteten „in die Tiefe“ gehenden guten
Journalismus betrifft, entging dem kritischen Leser nicht, dass
dieser allmählich an Tiefe verlor zugunsten zunehmender
Schnelligkeit des Informationsflusses und dem Streben nach guten
Quoten, Auflagen und Klickzahlen (Sonia Seymour Mikich).
Und nun
kann ich mich – wieder – der jüngsten Ausgabe des „Cicero“
zuwenden, in dem sich Michael Haller (emeritierter Professor für
Journalistik an der Universität Leipzig), sehr ausführlich mit dem
derzeitigen Erscheinungsbild der Medien befasst: Da heißt es
einführend (Auszug): Spätestens seit der Berichterstattung über
die sogenannte Flüchtlingskrise stellt sich die Frage, ob der
Journalismus in Deutschland seinen Aufgaben gerecht wird. Dabei
sollte klar sein: Wenn Nachrichten zu moralischen Durchhalteparolen
werden, stärkt das vor allem die politischen Ränder.“(Ende des
Auszugs).
Ich muss
hier nicht noch einmal darauf eingehen, was Haller über die Aufgabe
der tagesaktuellen Medien sagt (siehe meinen Eintrag von 24.12.)
Fairerweise
stellt Haller aber auch fest (weiterer Auszug): „Um
Missverständnissen zuvorzukommen: Wir haben in Deutschland
exzellente Journalisten, die auch im internationalen Vergleich
herausragend sind.“ (Ende des Auszugs). Und er nennt Beispiele.
Das wird sicher auch niemand ernstlich bezweifeln, Nur: ist die Elite
der Journalisten so zusammengeschmolzen, dass man sie einzeln
aufzählen kann? Und wo findet man sie? In den tagesaktuellen Medien?
In Wochen- oder Sonntagszeitungen? Oder den Newslettern?
Ich
gehöre heute und in meinem Alter jedenfalls zu den zwei Dritteln
aller Erwachsenen, die sich nach Haller von den Medien „umfassende
Informationen“, also nicht nur einseitige Berichte, sondern auch
Nachrichten über abweichende Positionen und Akteure wünschen. Rund
drei Viertel fordern die Trennung von Tatsachen und Meinung, knapp
drei Viertel wollen, dass aus neutraler Sicht, also frei von
Parteilichkeit berichtet wird, gut die Hälfte erwartet Kritik und
Kontrolle. Und wenn sich die Newsjournalisten daran halten, werden
sie von ihrem Publikum sicher auch mit der Qualitätsmarke
„glaubwürdig“ belohnt. Diese Marke stehe ich jedenfalls den
Nachrichten-Magazinen „Tichys Einblick“ und „Cicero“ zu, die
ich mir jeden Monat etwas kosten lasse.
Das
Resumee? Dem Haller-Bericht in „Cicero“ folgt ein sehr viel
älterer von G.K.Chesterton: ein mehr als 100 Jahre altes Pamphlet
zur Misere der Medien, aktuell allerdings wie nie: „Das Hauptmerkmal des
„neuen Journalismus“ besteht schlicht darin, dass er schlechter
Journalismus ist. Als die formloseste, nachlässigste und farbloseste
Art von Arbeit, die heutzutage getan wird, entzieht er sich jedem
Vergleich. Schlimmer kann es kaum noch kommen, wie ich meine.
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