Klaus-Dieter Kerwitz, Grafiker, Maler und engagierter Nordhäuser.
Durch den Tod von Klaus-Dieter
Kerwitz hat die Kunstwelt am 28. November 2017 einen großen Verlust
erlitten. In seinen 77 Lebensjahren hat der Künstler,
den doch eigentlich jeder
Nordhäuser so gut kennt, sei es von den Grafiken mit Nordhäuser Motiven,
die in so vielen Wohnzimmern oder Arztpraxen und Anwaltskanzleien
hängen, aber auch aus dem gesellschaftlichen und kulturellen
Leben der Stadt, stets regen Anteil genommen hat.
Klaus-Dieter Kerwitz
wurde 1940 in Nordhausen geboren und ist seiner Heimatstadt immer treu
geblieben. Er hat von 1962 bis 67 an der Hochschule für Grafik und
Buchkunst in Leipzig studiert und bei Wolfgang
Mattheuer sein Diplom gemacht. 1963 heiratete er seine Frau Heidemarie
und 1964 wurde sein Sohn Tomas geboren. Bis 1975 war er freiberuflich in
der Messe- und Ausstellungsgestaltung in Leipzig tätig. 1976 kam er
jedoch wieder nach Nordhausen zurück. Mitte
der 70er Jahre wechselte Kerwitz sein Metier von der Gebrauchsgrafik
zur Sektion Malerei/Grafik und wurde als Grafiker sehr erfolgreich. 1984
gehörte ein Aquatinta-Blatt von ihm zu den „100 besten Grafiken“. Seit
1985 lebte und arbeitete Kerwitz in seinem
Wohn- und Atelierhaus in Rüdigsdorf.
Klaus-Dieter Kerwitz
war sowohl Maler als auch Grafiker. Aber gerade die grafischen
Techniken waren es, deren Ergründung, Vertiefung und Vervollkommnung ihn
besonders interessierten. Eine seiner bevorzugten
grafischen Techniken war die Radierung, die er sowohl als klassischen
S/W-Druck als auch in Kombination mit der Aquatinta verwendet. Viele
seiner Werke haben einen direkten, andere einen indirekten Bezug zu
Nordhausen. Fast jeder kennt die faszinierenden kleinen
Grafiken, mit Motiven vom Nordhäuser Dom oder der Frauenberg-Kirche,
die einen Blick in die Geschichte Nordhausens zeigen. Dieser Blick ist
manchmal melancholisch, wie bei „Nordhausen – Neuer Weg“ von 1992 oder
stolz wie „In Mitten der Altstadt“.
Aber auch kritisch,
wie bei den kleinen Blättern „Vernagelte Türen“. Diese zeigen, dass sich
Klaus-Dieter Kerwitz durchaus gesellschaftskritisch in seinen Werken
geäußert und sich in seiner Kunst den Problemen
der Zeit nicht verschlossen hat. In einer kleinen Radierung von 1991
läßt Kerwitz eine stilisierte Taube über einem Stacheldrahtzaun
aufsteigen und stellte sich und dem Betrachter die Frage: „Wohin“.
Beeinflusst in der
Kunst von Klee und Turner und in der Literatur inspiriert von Thomas
Mann und Stefan Zweig, setzte Kerwitz seine Kunst um. Lebte in der Natur
– in seinem herrlichen Ambiente in Rüdigsdorf
– und mit der Natur.
Er sagte selbst „Ich
genieße dieses Refugium in vollen Zügen, erlebe durchs Atelierfenster
den Wechsel der Jahreszeiten und gehe häufig hinaus in diese
unverstellte Landschaft.“
Die der Künstler
dann aufs Papier oder die Leinwand bringt. Und es ist für Kerwitz nicht
die Frage, ob hier Kunst aus der Natur entsteht. Für ihn war Kunst
überall in der Natur. Und so schätzte der Künstler
die Natur gleichermaßen wie Menschen und Tiere und war tolerant
gegenüber allem was lebt. Und letztes Endes leben die Landschaften –
ebenso wie der Künstler selbst - auch in seinen Werken weiter.
Besonders seine
Arbeiten in Acryl ermöglichten es dem Künstler, die Farben der Natur,
die sanften erdigen Töne, aufzunehmen und seine Blätter in den
verschiedensten Stimmungen erstrahlen zu lassen oder mit
dem Licht zu spielen. Faszinierende Landschaften, die auf den ersten
Blick aus stimmungsvollen ineinander verlaufenden Farbflächen bestehen.
Bei genauer Betrachtung lösen sich die Nebel auf und eine bergige
Landschaft, der Mond oder die Stadtsilhouette werden
sichtbar.
Seit den 90er Jahren
beschäftigte sich der Maler Kerwitz mit farbintensiveren Malereien. In
den früheren Arbeiten kombiniert er häufig verschwommen malerisch
angelegte Hintergründe in Naturtönen mit fast surreal
davor gelegten Objekten wie einzelnen Blättern oder abstrahierten
Formen zu einer stimmungsvollen Gesamtkomposition. Viele seiner
Acrylbilder wirken wie Aquarelle und ziehen den Betrachter durch die
unglaubliche ausgewogene Farbharmonie in ihren Bann. Es ging
ihm aber nie um die Wiedergabe der natürlichen Farben seiner
dargestellten Motive. Farbe war für Kerwitz die Entsprechung seiner
fiktiven Bildwelt und so formte er die Motive aus den der Bildstimmung
entsprechenden Farben und Formen.
In seinen frühen
Arbeiten und vor allem in seinen phantastischen Aquatinta-Radierungen
überwiegen die realistischen Tendenzen, wie man in den detailgetreuen
Darstellungen z.B. der „Strom für Neustadt“, aus
dem Jahr 1971 erkennen kann. Seine eindrucksvollen kleinen grafischen
Blätter, die häufig auch Auftragswerke waren, und die einzelne Gebäude
oder Gebäudeteile in den Mittelpunkt setzen, zeichnen sich einerseits
durch eine besondere Detailtreue aus, anderseits
sind sie stets durch besondere Stimmungen geprägt. Das erreicht der
Künstler durch seine gekonnt eingesetzten Hell-Dunkel-Kontraste und das
Spiel mit Licht und Schatten besonders im Bereich des Himmels. Eine
ganze Reihe von kleinen Radierungen hat Kerwitz
den Nordhäuser Türen gewidmet, diese sind gleichzeitig auch Sinnbild
für die Veränderungen in der Gesellschaft und können offen oder
geschlossen sein oder bewusst eine „gestörte Symmetrie“ aufweisen. Seine
Bilder zeigen Kerwitz besondere Fähigkeit, im scheinbar
alltäglichen Motiv den besonderen Reiz zu erkennen.
Die Liebe zu seiner
Heimat war wahrscheinlich die Wurzel aller Kunst von Klaus-Dieter
Kerwitz, und so wurde er nicht müde, immer wieder diese phantastischen
Landschaften darzustellen, wobei jedes entstandene
Werk aber seine eigene Aussage hat, seine eigene Wirkung und seine
eigene Geschichte. So entstanden im Laufe von 50 Jahren unzählige
expressive, surreale, philosophische und ironische Blätter. Manchmal
figürlich, manchmal menschenleer und meistens die Landschaften
in und um Nordhausen darstellend.
Mit
Klaus-Dieter Kerwitz haben wir einen außergewöhnlichen Künstler
verloren, der sich um die Kunst in unserer Stadt sehr verdient gemacht
hat, der uns aber auch durch
sein engagiertes Wirken unvergessen bleiben wird.
Susanne Hinsching, Leiterin Städtische Museen Nordhausen“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen