Körpermodifikationen wie Tätowierungen, Piercings und Körperhaarentfernung liegen weiter im Trend, und sie nehmen zu. Die Deutschen lieben es, ihre Haut mit Zeichnungen und Schmuck zu verschönern, wie eine aktuelle Studie der Universität Leipzig belegt.
Jeder fünfte Deutsche ist tätowiert. Und es werden mehr. Die Lust an der Körpermodifikation nimmt vor allem bei Frauen und älteren Menschen zu. Rund die Hälfte aller Frauen zwischen 25 und 34 Jahren sind tätowiert, das sind 19 Prozent mehr als im Jahr 2009. In der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen gibt es - im Vergleich zu 2009 - 15 Prozent mehr Tattooträgerinnen. Auch Piercings bleiben vorrangig Frauensache. Rund ein Drittel der Frauen zwischen 14 und 34 Jahren sind gepierct. Bei den gleichaltrigen Männern sind es 14,4 Prozent - das sind dennoch so viele wie noch niemals zuvor in dieser Altersgruppe.Werteverschiebung
War es früher vor allem die junge Generation, die sich mit Farben und Schmuck die Haut verschönerte, so sind Zeichnungen auf der Haut heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Elmar Brähler, emeritierter Professor für Psychologie an der Universität Leipzig, der gemeinsam mit Dr. Ada Borkenhagen die Erhebung zur Verbreitung von Tätowierungen, Piercing und Körperhaarentfernung in Deutschland initiiert hat, sieht darin eine Werteverschiebung. "Früher gehörten Tattoos und Piercings in die Schmuddelecke. Seemänner und Prostituierte waren tätowiert. Heute gelten Menschen mit Körpermodifikationen als aufgeweckte, interessierte Menschen, die sich zu einer sozialen Gruppe bekennen", sagt Brähler.
Im Herbst 2016 wurden bundesweit 2.510 Personen im Alter zwischen 14 und 94 Jahren befragt. Die Ergebnisse der Studie wurden mit Befragungen aus den Jahren 2003 und 2009 verglichen. Dabei wurde festgestellt, dass Frauen sowie Männer immer häufiger ihre Körperhaare entfernen. Rasieren, epilieren oder waxen an den Beinen, in den Achselhöhlen und im Genitalbereich ist zur Körpernorm geworden.
Die Arbeit am Körper nimmt stetig zu, und damit wächst auch der Schönheitsmarkt. "Körper sollen heute möglichst jugendlich aussehen", erklärt die Psychologin Ada Borkenhagen. Aber auch der normative Druck spiele eine Rolle. Wenn sich der Großteil der eigenen sozialen Gruppe pierct, tätowiert oder rasiert, dann sei es schwerer, es nicht zu tun. Die soziale Herkunft ist ebenfalls von Bedeutung. So haben Personen, die ein Tattoo tragen, häufiger einen geringeren Bildungsabschluss, als Menschen ohne eine Tätowierung. Die Studie beschreibt, dass der Umgang mit dem eigenen Körper auch immer Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels von Schönheitsidealen ist.
Peggy Darius Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion, Universität Leipzig
Mitteilung des idw – Informationsdienst Wissenschaft am 22. Sept. 2017
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