Freitag, 7. Dezember 2018

Verbandsversammlung des WVN lehnt zentralen Trinkwasseranschluss für Weiler Schern ab

Der Wasserverband Nordhausen (WVN) wird die abgelegene Fünf-Häuser-Siedlung Schern in Großwechsungen nicht an ihr öffentliches Trinkwassernetz anschließen. Das haben die Verbandsräte in ihrer Sitzung am 6. Dezember entschieden. Das Gremium lehnte mehrheitlich einen entsprechenden Antrag der Gemeinde Werther ab, die den Anschluss der Siedlung an das Trinkwassernetz gefordert hat. Die Verbandsräte führten gleich mehrere Gründe für ihre Entscheidung ins Feld: Neben der fehlenden rechtlichen Grundlage sind es technologische und hygienische Bedenken sowie eine hohe finanzielle Belastung der Solidargemeinschaft.
Die betroffenen fünf Grundstücke mit 16 Anwohnern versorgen sich seit den 1950er Jahren über Hausbrunnen, die allerdings über keine Trinkwasserqualität verfügen. Das Nordhäuser Gesundheitsamt hat 2016 für vier der fünf Brunnen die Nutzung eingeschränkt, so dass das Brunnenwasser nur noch als Brauchwasser dienen darf. Das Brunnenwasser ist mikrobiologisch belastet und die Grenzwerte für Nitrat sind überschritten.
Der Bürgermeister der Gemeinde Werther hat sich an den Vorstand des Wasserverbands gewandt und um Unterstützung gebeten. Der Wasserverband hat daraufhin geprüft, ob die Grundstücke an das zentrale Trinkwassernetz angeschlossen werden können. Mit folgendem Ergebnis:
Keine rechtliche Grundlage
Ein vom Verband beauftragter Rechtsanwalt hat überprüft, ob ein Anschlussrecht der Grundstückseigentümer besteht. In seinem Gutachten kommt er zu dem Schluss, dass laut Paragraph 4 der Wasserbenutzungssatzung des WVN weder ein Anschluss- und Benutzungsrecht noch eine Versorgungspflicht des Wasserverbandes Nordhausen besteht. Dieses ist nur auf solche Grundstücke anzuwenden, die bereits durch eine Versorgungsleitung erschlossen sind. Die fünf betroffenen Grundstücke befinden sich aber zirka drei Kilometer entfernt von Versorgungsleitungen des WVN und damit im sogenannten Außenbereich.
Aus eben genannten Gründen sieht auch die Kommunalaufsicht des Landkreises den Wasserverband nicht in der Pflicht. Damit widerspricht die Aufsichtsbehörde der Ansicht des Thüringer Petitionsausschusses, der den Wasserverband in der Pflicht sieht.
Möglich ist lediglich eine Sondervereinbarung, die mit den Eigentümern der fünf Grundstücke zustande kommen könnte. Im Rahmen dieser müssten die Eigentümer allerdings die Kosten für den Bau der Versorgungsleitung und die Grundstücksanschlüsse übernehmen. Das wird aber von den Bewohnern ob der hohen Kosten abgelehnt.
Technologische und hygienische Bedenken beim Leitungsbau
Der Wasserverband lehnt es aus hygienischen Gründen ab, eine drei Kilometer lange neue Wasserleitung mit Druckerhöhungsanlage zu bauen. Beim Anschluss der Siedlung an das zentrale Trinkwassernetz ist nach Berechnungen des Verbandes anzunehmen, dass das Trinkwasser aufgrund der wenigen Abnehmer zwischen elf und 13 Tagen in der Leitung verweilt.
Hohe Investitionskosten für Trinkwasseranschluss
Ein vom Wasserverband hinzugezogenes Ingenieurbüro hat zwei technische Varianten berechnet: Demnach ist bei einem Anschluss ans Trinkwassernetz mit geschätzten Kosten von rund 504 000 Euro netto zu rechnen. Bezogen auf die 16 Menschen, die über die Leitung versorgt werden, sind das immense Kosten. Pro Person würde das allein eine Investitionssumme von rund 31 000 Euro bedeuten. Im WVN-Durchschnitt werden 72 Euro pro Person und Jahr investiert. Eine solche Investition kann der Solidargemeinschaft nicht auferlegt werden.
Dezentrale Trinkwasserversorgung verursacht hohe Betriebskosten
Auch die zweite Variante, eine sogenannte dezentrale Trinkwasserversorgung, lehnt der Verband aufgrund der unverhältnismäßig hohen Kosten ab. Schätzungsweise 415 000 Euro würde der Bau eines neuen Brunnens mit Wasseraufbereitungsanlage mit 900 Meter langem Verteilungsnetz innerhalb der Siedlung kosten. Hinzu kommen bei dieser Variante jährliche Betriebskosten (Wartung, Strom, Wasseranalysen) im fünfstelligen Euro-Bereich. Das ist unverhältnismäßig zu den erwarteten jährlichen Gebühreneinnahmen in Höhe von etwa 1 600 Euro für die gesamte Siedlung.
Langfristig müssten Trinkwassergebühren steigen
Geschätzte weitere rund 150 Grundstücke mit Hausbrunnen gibt es laut Wasserverband im Landkreis Nordhausen, die nicht am Trinkwassernetz des WVN angeschlossen sind.
Es ist überhaupt nicht abschätzbar, welche Ansprüche die Eigentümer im Falle schlechter Grundwasserqualität an den WVN stellen könnten. Für den Verband und seine Mitglieder ist es jedenfalls finanziell nicht leistbar, all diese Grundstücke auf Verbandskosten an das Trinkwassernetz anzuschließen. Langfristig müssten die Trinkwassergebühren deutlich steigen.
Grundstückseigentümer könnten eigene Brunnen ertüchtigen
Die kostengünstigste Variante scheint die Ertüchtigung der vier Hausbrunnen und der Einbau von Aufbereitungsanlagen zu sein. Um dies zu verifizieren, sollten die Grundstückseigentümer zeitnah Fachunternehmen damit beauftragen, den Zustand ihrer Brunnen untersuchen zu lassen, um so eine jeweils geeignete Aufbereitungsanlage konzipieren zu lassen. Erst so lassen sich Investitions- und Betriebskosten seriös benennen. Kostenschätzungen der Grundstücksbesitzer dazu liegen dem Wasserverband noch nicht vor. Bereits im April hatte der Wasserverband den Anwohnern des Schern ein entsprechendes Unternehmen vermitteln wollen. Das Angebot war allerdings nicht angenommen worden.
Verursacherprinzip beachten
Seit Juni dieses Jahres werden die fünf Brunnen auf Kosten des Wasserverbandes regelmäßig von dem unabhängigen Institut für Wasser- und Umweltanalytik (IWU) in Luisenthal beprobt. Mit dem Ergebnis, dass die Nitratwerte und die Anzahl von Coliformen Bakterien sehr unterschiedlich an den fünf Brunnen ausfallen.
Deshalb ist zum einen zu prüfen, welchen Anteil die Kleinkläranlagen in der Siedlung an der Verunreinigung des Brunnenwassers haben.

Zum anderen ist das Land Thüringen in der Pflicht, in diesem stark landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebiet eine Trinkwasserschutzzone einzurichten, um die Belastung des Grundwassers mit Nitrat so gering wie möglich zu halten.

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