27 Prozent der Beschäftigten im Kreis Nordhausen drohen Mini-Renten
Dem
Landkreis Nordhausen droht Altersarmut – in einem größeren Ausmaß als
bislang angenommen. Das befürchtet die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Rund 9.000 Arbeitnehmer im Kreis
Nordhausen würden – so, wie sie heute arbeiten – nur eine Rente
unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. Und das, wenn sie
nach immerhin 45 Berufsjahren in den Ruhestand gingen. Das sind 27
Prozent aller Beschäftigten im Kreis.
Die
Schwelle für „Alters-Hartz-IV“ liegt im Kreis Nordhausen bei aktuell
694 Euro im Monat. Dabei sind insbesondere die Kosten fürs Wohnen
berücksichtigt. Dies geht aus einer Renten-Analyse des Pestel-Instituts
hervor. Die Wissenschaftler aus Hannover haben dabei für die
Gewerkschaft NGG amtliche Statistiken ausgewertet.
Demnach
könnte die Zahl armutsgefährdeter Rentner im Landkreis Nordhausen
künftig noch deutlich steigen – nämlich dann, wenn die durchschnittliche
Rente bis zum Jahr 2030 auf nur noch 43 Prozent des Einkommens abfallen
sollte. Dann gäbe es mehr als 10.000 Menschen, die nach 45
Beitragsjahren bei einer Rente unterhalb der Grundsicherung landen, so
das Pestel-Institut. Jens Löbel, Geschäftsführer der NGG-Region
Thüringen, spricht von „alarmierenden Zahlen“. Wer ein Leben lang
gearbeitet habe, müsse später auch von seiner Rente leben können. „Am
Ende steht hier das Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge und damit
der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel.“ Die Bundesregierung
hat eine Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis lediglich 2025
vereinbart. „Das reicht nicht aus“, so Löbel. Die Große Koalition müsse
das Rentenniveau längerfristig stabilisieren und möglichst anheben.
Zugleich
sieht die NGG die Arbeitgeber in der Pflicht. „Klar ist, dass aus
Mini-Löhnen keine Spitzen-Renten werden“, betont Löbel. Gerade in
Branchen wie dem Gastgewerbe und Bäckerhandwerk müssten im Kreis
Nordhausen viele Beschäftigte im Alter aufstocken. „Dabei haben
Hoteliers, Gastronomen und Bäckermeister bei der Bezahlung durchaus
Spielraum. Anstatt auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden zu setzen,
sollten sie reguläre Vollzeitstellen schaffen – und zwar bezahlt nach
Tarif“, so der Gewerkschafter.
Viele
Beschäftigte hätten zwar das Glück, dass der Partner mehr verdiene und
so die Haushaltskasse im Rentenalter aufbessere. Doch häufig sei das
Geld selbst dann sehr knapp. Gerade wer einen Teilzeit- oder Minijob
habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbescheid“ einstellen.
Frauen seien davon besonders häufig betroffen. Sogar
unter Vollzeitbeschäftigten hat nach Berechnungen des Pestel-Instituts
aktuell rund jeder Zweite im Kreis Nordhausen einen Rentenanspruch von
weniger als 1.000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjahren.
Eine
gute tarifliche Altersvorsorge könne zwar dabei helfen, dass im Alter
etwas mehr übrig bliebe. „Aber Zusatzrenten sind nicht dafür da, ein
immer geringeres Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung
auszugleichen“, so Löbel. Sein Fazit: „Der Staat muss die gesetzliche
Rente sichern. Alle Beschäftigten sind auf sie angewiesen. Und die
Arbeitgeber müssen bei Löhnen, Arbeitszeiten und Zusatzvorsorge viel
mehr tun, damit die Menschen ihren Lebensabend genießen können.“
Jens LöbelGeschäftsführer der
NGG-Region Thüringen
NGG-Region Thüringen
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