Dienstag, 9. April 2013

Noch immer laufe ich der Zeit hinterher


Beim Aufarbeiten liegengebliebener Themenausdrucke stieß ich u.a, auf „Gedanken zum Jahreswechsel“ von Paul Josef Raue in „Thüringer Allgemeine“ vom 31.12.2012. Was mir einmal bewusst macht, was alles ich nachzuholen und teilweise auch zu archivieren habe. Die Lektüre macht mir aber auch bewusst, wie sehr sich meine Interessen scheinbar von denen der Allgemeinheit unterscheiden. Paul Josef Raue schreibt da nämlich, dass die Welt in Unruhe ist – doch die Deutschen interessierten diese Themen 2012 am meisten: Fußball und Olympia, Bettina Wulff, ein Fallschirmsprung vom Rand der Welt und das neue iPad.

Nun muss ich mir selber eingestehen, dass mir Fußball und Olympia weitgehend vergällt wurden durch das Gelabere der (Co-)Kommentatoren und Experten, die ja inzwischen bei allen derartigen Ereignissen die Szene beherrschen. Dass ich von Bettina Wulff natürlich weiß, dass sie mal eine First Lady war, dass sie nach dem Rücktritt Christian Wulffs vom Amt des Bundespräsidenten ein Buch geschrieben und veröffentlicht hat. Und sich zu Beginn diesen Jahres von ihrem Mann trennte. Der angesprochene Fallschirmsprung interessierte mich herzlich wenig, und das Wissen um ein iPad habe ich mir erst vorhin bei Google geholt. Und wenn ich bei diesen Gedanken Raues zum Jahreswechsel weiter lese, was die Deutschen in diesem Jahr beschäftigen wird, sieht es bei mir auch nicht viel besser aus.

Ich verlasse dann besser die Gedankenwelt des Paul-Josef Raue und wende mich der „Echtzeit“ zu. Was ja auch so ein Modebegriff geworden ist wie schon so viele in der Vergangenheit. Und in dieser Echtzeit beginnen also u.a. Vorermittlungen gegen etwa 50 ehemalige KZ-Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz. Fast alle Verdächtige sind um die 90 Jahre alt. Ich denke, da muss sich die vorermittelnde Behörde und danach die Staatsanwaltschaft schon beeilen, um schließlich noch über den einen oder anderen Lebenden Recht sprechen zu können. Mir fällt da unwillkürlich – man mag mir das nachsehen – ein Song ein, in dem ein alternder Mann als Anhalter von einem Autofahrer mitgenommen wird. Im Gespräch stellt sich heraus, dass der Mitgenommene zu einem Klassentreffen im nächsten Ort will. Auf die erstaunte Frage des Autolenkers nach dem Alter des Fahrgastes antwortet dieser: „90 Jahr“. Frage: „Ja, und wieviel seid's Ihr denn da noch?“ Antwort: „Seit letztem Jahr bin ich allein“.

Aber aktuell wird ja viel über angebliche Steuerflüchtlinge berichtet und diskutiert, die ihr Geld in Steueroasen bringen. 130 000 sollen es nach Berichten der „Süddeutschen“ und des NDR sein. Und die sollen aus insgesamt 175 Ländern kommen. Da beginne ich als Normalbürger zu überlegen, welche Länder in dieser Welt denn da als Steueroasen übrig bleiben, die als solche gelten können? Nun berichtet zum Beispiel „Focus“ nach eigenen Recherchen, dass nicht nur einige hundert, sondern rund 100 000 deutsche Mitbürger globale Steueroasen nutzen, um den deutschen Fiskus zu entgehen. Und es nicht nur Millionäre und wohlhabende Unternehmer oder deren Erben sind, die ihr Geld vor dem deutschen Fiskus in Sicherheit zu bringen versuchen, wie bisher vielfach gemutmaßt worden ist. Nach den neuen Daten des "Focus" sind es auch viele Rentner, die sich hierzulande der solidarischen Finanzierung des Gemeinwesens entziehen wollen - eine neue Dimension in der gesellschaftlichen Debatte, wie es heißt. Und das lässt mich misstrauisch werden. Ich weiß bisher nur von Rentnern, die ganz legal ihren Wohnsitz irgendwo in der Welt begründen, wo sie billiger – und bequemer – leben können als in Deutschland. Und sich ihre Rente ganz legal nach dort überweisen lassen. Ich bin also mal neugierig, was sich bei den Ermittlungen über Steuerflucht aller dieser Leute letztlich herausstellen wird, bzw. was sich von den bisherigen Vermutungen in diese Richtung bewahrheiten wird. Die bisherigen Berichte lassen da – gewollt oder ungewollt – alle möglichen Schlüsse zu.

Das aber ist auch erst ein Beispiel teils wilder Gerüchte und Vermutungen zum aktuellen Weltgeschehen, ich komme noch darauf. Mein Problem besteht ja nach wie vor darin, dass ich mich zu sehr mit Berichten zum globalen Geschehen befasse und davon zu wenig selektiere. Da muss ich noch einiges ändern. Jedenfalls aber gehöre ich nicht zu denen, die als Rentner angeblich keine Zeit mehr haben. Es ist zumindest bei mir alles nur eine Frage der Einteilung.

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